Präventionskonzept vorgelegt So will die Stadt Bonn Kinder vor Gewalt schützen

Bonn · Die Stadt Bonn legt ein Gewalt-Präventionskonzept für Kinder und Heranwachsende vor. Die Umsetzung soll jährlich mit 200 000 Euro gefördert werden.

 Die Stadt will präventiv gegen Gewalt vorgehen.

Die Stadt will präventiv gegen Gewalt vorgehen.

Foto: DPA

Die Stadt Bonn will ihre Bemühungen verstärken, Kindern und Jugendlichen nahezubringen, dass Gewalt nicht zur Lösung von Konflikten führt. Zu diesem Zweck hat sie vor zwei Jahren die Universität Marburg in enger Abstimmung mit dem städtischen Jugendamt damit beauftragt, Handlungsempfehlungen als Richtlinien für ein Gewaltpräventionskonzept zu erarbeiten. Das rund 130 Seiten starke Papier liegt nun vor und ist auch nach Rücksprache mit Kindergärten, Schulen, Polizei und Justiz entstanden. Es ist auch als Reaktion auf den gewaltsamen Tod von Niklas Pöhler zu verstehen, der im Mai 2016 nach Rhein in Flammen von einer Gruppe Jugendlicher am Godesberger Busbahnhof so zusammengetreten wurde, dass er an den Folgen der bis heute ungeklärten Tat starb.

Die Uni Marburg schlägt alles in allem zwölf Maßnahmen vor, um die bereits vorhandenen Präventionsinstrumente durch Stadt und freie Träger zu verbessern. Im Kern haben die Forscher ausgemacht, dass es zwar eine ganze Reihe von Angeboten gibt, die allerdings besser aufeinander abgestimmt werden könnten. „Unsere Manko ist ein fehlender Grad an Vernetzung“, sagte der Leiter des Jugendamts, Udo Stein. So sei als Konsequenz auf die Studie eine gemeinsame Definition von Gewalt ein ebenso erstrebenswertes Ziel wie eine zentrale Internetplattform, auf der gebündelt Informationen zu finden sind. Präventionsangebote in Kindertagesstätten, Grund- und weiterführenden Schulen sollten stärker aufeinander aufbauen. Begleitend würden sie evaluiert, also auf ihre Wirkung hin untersucht.

Oberbürgermeister Ashok Sridharan sagte zum Konzept: „Wichtig ist mir, dass wir das Thema ganzheitlich angehen und prüfen: Was haben wir schon an Angeboten? Was brauchen wir noch?“ Die nun vorliegende Expertise sei auf Anregung von Polizeipräsidentin Ursula Brohl-Sowa und OB Sridharan ein Ergebnis des runden Tisches, der nach dem Tod von Niklas Pöhler eingerichtet wurde.

Norbert Wagner, leitender Kriminaldirektor der Bonner Polizei, betonte: „Prävention muss bei Kindern anfangen, damit die Zahl der Gewaltdelikte zurückgeht.“ Nach der Kriminalstatistik der Bonner Polizei sind die Fallzahlen der Bonner Kripo im vergangenen Jahr um 3686 Fälle von 40 839 im Jahr 2017 auf 37 153 gesunken. Drei Prozent davon seien Gewaltdelikte, jeder fünfte Fall gehe auf das Konto von Kindern, Heranwachsenden oder jungen Erwachsenen bis 21 Jahren. Wagner und Sridharan sagten, Bürger spiegelten ihnen, dass eine stärkere Präsenz von Polizei und Ordnungsamt in Bad Godesberg, aber auch in Tannenbusch und der Innenstadt das subjektive Sicherheitsempfinden positiv verändert habe. Wer sich in die Studie vertieft, findet Punkte aufgeführt, die nicht neu sind, aber erahnen lassen, welchen Stellenwert Bildungseinrichtungen in der Vermittlung einer gewaltlosen Streitkultur spielen: Jungen sind häufiger Opfer und Täter als Mädchen.

Ein gestörtes Empathieempfinden bei den Tätern, Gewalt in der eigenen Familie und Schulversagen werden als Gründe für eine Neigung zur Gewalt genannt. Bürger mit Migrationshintergrund würden häufiger gewalttätig, was womöglich mit den vorgenannten Punkten und Sprachschwierigkeiten zusammenhängt.

Peter Bröxkes, Abteilungsleiter im Amt für Kinder, Jugend und Familie, zufolge stehen 200 000 Euro jährlich für die Umsetzung des Konzepts im Haushalt bereit. Es wird nun zur Beratung in die politischen Gremien gehen. Sridharan ist davon überzeugt, dass das Abarbeiten nach einer Prioritätenliste nicht nur mit großer Mehrheit beschlossen wird, sondern auch – wenn nötig – finanziell nachgesteuert werde.

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