Nico Kalterherberg Heimerzheimer Footballer will noch einmal nach Amerika

Heimerzheim. · Der Heimerzheimer Nico Kalterherberg ist deutscher U19-Meister im American Football. Sein Ziel ist Amerika.

 Riesenjubel: Mit der NRW-Landesauswahl wurde Nico Kalterherberg (Nummer 43) deutscher U17-Meister.

Riesenjubel: Mit der NRW-Landesauswahl wurde Nico Kalterherberg (Nummer 43) deutscher U17-Meister.

Foto: Privat

Als die unausweichliche Frage kommt, kann Nico Kalterherberg nur lachen. Schließlich muss er sie immer beantworten, wenn er über sein Hobby berichtet. „Schmerzen gehören dazu – und blaue Flecken sind Alltag“, sagt er und fügt grinsend hinzu: „Die Finger sind ständig gequetscht, die Arme blau, und der Kopf brummt öfter. Aber ich hatte noch nie etwas Schlimmeres.“

Nico Kalterherberg spielt American Football. Und das ziemlich gut. Immerhin ist der 17-Jährige bereits deutscher U19-Meister mit den Cologne Crocodiles geworden, hat mit der Nordrhein-Westfalen-Auswahl die deutsche Meisterschaft der U17-Landesmannschaften gewonnen und aufgrund seiner sportlichen Leistungen ein Stipendium an einer amerikanischen Highschool bekommen. Die ständigen Blessuren sind dem 1,85 Meter großen Jugendlichen, der mit seinen 126 Kilo, breiten Schultern und muskelbepackten Oberarmen mächtig Respekt einflößt, da egal. Der große Erfolg gibt ihm recht.

Ursprünglich hatte der junge Mann aus Heimerzheim Fußball gespielt. Acht Jahre kickte Nico für den SSV im Dorf und erzielte als Stürmer mit seinem knallharten Schuss viele Tore. Mit 13 Jahren war er der Größte in der Mannschaft, aber auch der Schwerste. „Nico wog schon 90 Kilo – damals war er auch etwas runder“, berichtet Vater Gerd Kalterherberg. Das hat sich durch Football geändert.

Ein Freund nahm ihn einmal mit zum Training der Bonn Gamecocks. Und Nico war gleich begeistert. Obwohl er am Anfang den Ball überhaupt nicht berühren durfte. „Die schweren Jungs kann in dem Alter keiner stoppen, die würden einfach mit dem Ball durch alle anderen durchlaufen“, erinnert sich der Vater, der seinen Sohn seit fünf Jahren zu jedem Training und Spiel fährt. Nico wurde zum Linesman erkoren, einem der kräftigen Spieler im Zentrum des Spiels, deren Aufgabe es ist, den eigenen Quarterback (Spielmacher) zu schützen – oder den Gegner umzuwerfen.

Nach der Realschule ging es nach Nebraska

Seitdem trainiert er knallhart. Heutzutage steht er zweimal pro Woche mit dem Team auf dem Platz, dreimal geht es in den Kraftraum, jeweils zweieinhalb Stunden. Sein Talent blieb auch nicht lange unentdeckt. Schon mit 13 wurde der junge Heimerzheimer in die NRW-Auswahl berufen, für die er auch in der U15 und U17 spielte. Mittlerweile gehört er sogar zum erweiterten Kader der deutschen U21-Nationalmannschaft. Zu verdanken hat er das auch Andreas Kegelmann, dem sportlichen Direktor der NRW-Auswahl. Der ist von dem kräftigen jungen Mann so überzeugt, dass er ihm das Stipendium in den USA vermittelte, als einem von nur zwei Spielern aus dem 50 Mann umfassenden Auswahl-Kader.

Die Zeit in Nebraska sei für ihn „anstrengend“ gewesen, aber „sie hat sich absolut gelohnt“, erzählt Nico. Gleich nach dem Realschulabschluss ging es 2018 für ein Jahr auf die Norris Highschool in Firth bei Lincoln. Sein Tagesablauf: Schule bis zum späten Nachmittag, danach aufs Feld, dazu ständig Kraftraum und samstags Videoanalyse. „Der Unterschied zum Training in Deutschland war riesig. Ich habe dort erst die Basics so richtig gelernt“, sagt er. Trotzdem konnte er sich gegen die Jungs aus dem Mutterland des Sports durchsetzen und war in der Offensive wie Defensive Line Stammspieler. Dabei spielt er grundsätzlich lieber in der Defense (Verteidigung): „Für die Defensive Line muss man ein wenig verrückt sein und jagen wollen.“

Mit seinem Highschoolteam gewann der junge Deutsche fünf von zehn Spielen, in der ersten Playoffrunde war aber Schluss. Und damit Anfang Dezember auch die Football-Saison zu Ende. Das Team wurde für den Rest des Schuljahrs bis zum Sommer aufgelöst. „In der Offseason ist es in Amerika verboten zu trainieren. Football ist kein Sport für das ganze Jahr“, erklärt Nico. Stattdessen machte er weiter Krafttraining und ein wenig Leichtathletik, trat für seine Schule in Wettkämpfen im Kugelstoßen und in der 4x400-Meter-Staffel an.

Zurück nach Amerika ist der Traum

Zurück in Deutschland, wechselte das Kraftpaket zu den Crocodiles nach Köln. Vor allem wegen der deutlich professionelleren Trainingsmöglichkeiten im Vergleich zu Bonn. „Das Niveau da ist schon sehr hoch“, weiß Nico. Die U19 des Clubs spielt in der Bundesliga. In den beiden A-Jugend-Mannschaften sind insgesamt rund 90 Spieler aktiv, um die sich ein Stab aus 20 Trainern, Physiotherapeuten und Betreuern kümmert. Allein das Einstudieren von Dutzenden Spielzügen, die alle Spieler auswendig können müssen, nimmt einen großen Teil des Trainings in Anspruch. Denn Football ist in erster Linie ein Strategiespiel oder, wie Nico sagt: „Rasenschach für Kühlschränke.“

Die Crocodiles gewannen alle elf Spiele in der Bundesliga-Hauptrunde, dann die drei Playoff-Duelle. Im Finale wurden die Wiesbaden Phantoms mit 57:18 aus dem Weg geräumt. Nico Kalterherberg als Stammspieler immer mittendrin. Demnächst sollen alle Crocodiles-Spieler wie in der amerikanischen Profiliga NFL einen Meisterring dafür bekommen.

Dass er es selbst einmal in die NFL schafft, glaubt Nico Kalterherberg, der seit Sommer auf die Europaschule Bornheim geht und dort sein Abitur machen will, nicht. Nach Amerika möchte er aber trotzdem noch einmal. „Mein Traum wäre es, für ein College in den USA zu spielen“, sagt er. Auf dem Weg dahin nimmt er gerne noch ganz viele blaue Flecken in Kauf.

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