Bei Larry Brix geht es um die Wurst

Ein GA-Redakteur erlebt ein Tag als Imbiss-Fachkraft bei "Curry & Wurst" am Siegburger Bahnhof. Der Arbeitstag beginnt, lange bevor die erste Currywurst die Schneidemaschine in mundgerechten Häppchen verlässt.

Siegburg. Raus aus der Redaktion, rein in den fremden Job: In unserer neuen Serie schlüpfen Redakteurinnen und Redakteure des GA für einen Tag in andere Berufsrollen.

Der Arbeitstag beginnt, lange bevor die erste Currywurst die Schneidemaschine in mundgerechten Häppchen verlässt. Mein Chef für einen Tag, Larry Brix, hat am Tag zuvor schon mit seiner Bestellung dafür gesorgt, dass die hungrigen Gäste auch ihre geliebte Wurst bekommen, wenn sie zur Mittagszeit an der Theke seines Imbisses "Curry & Wurst" am Siegburger Bahnhof stehen.

Die Frühschicht, heute mit Larry Brix, seiner Mitarbeiterin Nicole und mir besetzt, später kommt Andrea noch dazu, wartet auf den Lieferwagen mit seinem leckeren Inhalt. Im Büro liegen ein Poloshirt und eine Schürze für mich bereit. Larry Brix nutzt die Zeit, um mir zu erläutern, wie sein Imbiss organisiert ist, und auf was ich zu achten habe. "Das allerwichtigste: Sauberkeit. Immer zwischendurch die Hände waschen."

Ich darf mir aber erst mal Gummihandschuhe anziehen, denn meine Aufgabe wird es gleich sein, die Würste anzuschneiden. "Machen wir das nicht, platzen sie auf", sagt der Chef. Nicht gut. Klar: Das Auge isst mit. Die Ware kommt, doch sie wird nicht einfach irgendwo in den Kühlschränken verstaut. Alles hat seinen festen Platz.

Die neuen Würste, Pommes Frites und Saucen nach unten, die noch nicht verbrauchte Ware vom Vortag nach oben. An den Wänden hängen Listen. Penibel wird eingetragen, wann und wie viel Ware gekommen, und wie lange sie haltbar ist.

Derweil hat Nicole, meine "Chefin" für den Tag als Currywurstmann, die rund 50 Positionen auf dem Arbeitsblatt für die Frühschicht abgearbeitet, die Fritteuse angeschaltet und die Bratplatte vorbereitet. "Das ist alles genau terminiert. Heute sind wir fünf Minuten zu spät". Ob das an mir liegt? Ich denke nicht weiter darüber nach und höre zu, wie Larry Brix erklärt, dass das Fett nicht heißer als 170 Grad sein darf und absolut sauber sein muss.

Eigens dafür gibt es eine kleine Maschine, die das Fett durch einen Filter zieht, der die Rückstände aufsaugt. "Das haben wir gestern Abend erst gemacht", sagt Brix.

Ich habe derweil die angekommene Ware verstaut und mache mich an die frischen Geflügelwürste, die heute verbraten werden sollen.

Sieben Schnitte für eine Wurst oben und unten. Munter ziehe ich das Messer über die Würste und verstaue sie passgenau in eine viereckige Plastikschale, die vorne an der Theke sofort greifbar in den Kühlschrank kommt. In meiner Begeisterung für die fast schon meditative Tätigkeit des Wurstanschneidens habe ich die zweite Seite ganz vergessen. Alle noch mal raus aufs Schneidebrett. Gut, dass es früh ist und noch keiner Lust auf Currywurst hat.

"Der Freitag ist immer ein eher ruhiger Tag", sagt Larry Brix, der freudig den ersten Kunden begrüßt und mir ganz nebenbei die vielen Teller in unterschiedlichen Größen zeigt. Es ist ein Stammkunde, dem schon morgens um 11 Uhr nach Currywurst ist. "Der ist Polizeibeamter." Larry Brix kennt seine Kunden und weiß genau, was sie wollen. "Viele Bankleute, Mitarbeiter von Behörden, dem Gericht oder der Stadtverwaltung und natürlich Handwerker essen hier mittags." Für jeden hat er ein nettes Wort. "Freundlichkeit ist Trumpf bei uns", sagt Andrea, die gerade ihre Schicht begonnen hat.

Ich darf die ersten Würste auf die Bratplatte legen, auf die linke Seite, denn die ist heißer, fürs Braten. Rechts werden sie warm gehalten. Da sollten immer welche liegen, denn es kann ganz schnell ganz voll werden vor der Theke. Mein erster Gast bestellt: Na klar, "Currywurst, Pommes, Mayo."

Zittrig stecke ich die Wurst oben in die elektrische Schneidemaschine, drücke den Knopf und schon fliegen mir die Stücke durch die Gegend. "Du musst den Teller ein bisschen höher halten", sagt Nicole. Ich habe vergessen, erst die Pommes fertig zu machen. Die Wurst muss auf ihre Beilage und der Gast auf sein Essen warten. Schlecht. "Immer gucken, dass Pommes da sind, damit die Wurst nicht abkühlt auf dem Teller."

Nicole versteht ihr Geschäft. Vor anderthalb Jahren hat sie ihren Job an der Kasse eines Supermarktes aufgegeben, um bei "Curry und Wurst" zu brutzeln. "Die Arbeit macht mir Spaß", sagt sie. Viele Kunden sind Stammkunden, man kennt sich und neckt sich mit lockeren Sprüchen.

Currywurst-Fans haben spezielle Ansprüche an das Mittagessen, stelle ich fest. Frisch gebraten muss die Wurst sein, Biss haben und schnell auf dem Teller liegen, und vor allem: Die Sauce muss stimmen. Nicht zu viel, nicht zu wenig, leicht scharf und ein bisschen süßlich. "Die Leute heute haben doch nicht mehr viel Zeit zum Mittagessen, die wollen schnell was Leckeres haben", sagt Brix.

Gerade hatte ich noch Zeit einen Kaffee zu trinken, doch plötzlich stehen acht Kunden an der Theke. Andrea, gelernte Köchin und Hotelfachfrau, nimmt heute die Bestellungen auf, Nicole und ich machen die Teller fertig. "Einmal Business, einmal First Class und einmal Jumbo". Bin ich hier im Flieger, oder was? Nein, die "Kombis" von Wurst und Pommes, "mit was drauf", doppelte Fritten plus Getränk oder doppelte Currywurst kleine Pommes ohne Getränk haben bei "Curry & Wurst" ihre Namen.

Ich nehme mir eine kleine Auszeit vom Zubereiten, räume die schmutzigen Teller von den Tischen ab und spüle sie vor, ehe sie in die Spülmaschine kommen. Mittlerweile klappt es schon ganz gut, die Teller fertig zu machen, aber bei dem Schwung an Bestellungen, die gerade reinkommen, verliere ich den Überblick. Aber Nicole ist ja da. Siegburgs Bürgermeister Franz Huhn hat auch Hunger.

Ein Plausch mit ihm und seinem Begleiter André Kuchheuser, Geschäftsführer der Stadtentwicklungsgesellschaft, über den Sinn der ECE-Galerie erinnert mich zum ersten Mal nach gut vier Stunden daran, dass ich eigentlich einen ganz anderen Job habe.

Es ist halb drei, und Larry Brix entlässt mich. "Viel los ist jetzt nicht mehr." "Hast Du Hunger?", fragt Andrea, die sich mit Nicole rührend um mich gekümmert hat. "Klar, und Rücken. Currywurst, Fritten, Mayo bitte." Schade, dass es vorbei ist, aber einen besseren Abschluss meines Ausfluges in eine völlig andere Berufswelt kann ich mir nicht vorstellen.

Der JobWer als Imbiss-Fachkraft arbeiten will, muss keine abgeschlossene Ausbildung haben. Gefragt sind indes Personen, die eine Ausbildung in der Gastronomie vorweisen können oder zumindest über Erfahrungen in der Branche verfügen. McDonald's etwa bietet eine Ausbildung zur Fachkraft Systemgastronomie an.

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