Für das Verständnis für Flüchtlinge "Bitte denkt nicht schlecht über uns"

AHRWEILER · Vor wenigen Tagen hat er noch am Kreishaus demonstriert, nun liegt dem 23-jährigen Ramy Rabia viel daran, dass die Deutschen deswegen nicht schlecht über ihn und seine Freunde denken.

 Ramy Rabia im Gespräch mit GA-Mitarbeiterin Constanze Lieberenz.

Ramy Rabia im Gespräch mit GA-Mitarbeiterin Constanze Lieberenz.

Foto: Günther Schmitt

"Ich freue mich, hier zu sein und bin den Deutschen dankbar, dass sie uns aufnehmen", erklärt der Palästinenser bei einem Treffen mit dem General-Anzeiger. "Hier ist es schön. Die Menschen hier haben Kultur, sie hauen sich nicht die Köpfe ein", sagt er auf Englisch.

Der studierte Betriebswirt ist seit sieben Wochen auf dem Gelände der Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz (AKNZ) untergebracht, während er auf die Bearbeitung seines Asylantrags wartet. Als seine Heimat nennt er "Palästina". Gelebt hat Rabia woanders: im Flüchtlingslager Jarmuk in Damaskus, Syrien. Es wird seit dem arabisch-israelischen Krieg von 1948 hauptsächlich von Palästinensern bewohnt. Als im April die Terrorgruppe Islamischer Staat das Camp eroberte, nannte es UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon die "schlimmste Hölle".

Rabias Problem: Seine Mutter, zweifach durch Bomben verletzt, und Schwester sind noch in dem Lager - unter prekären Umständen. Von der Gewalt der anhaltenden Kämpfe abgesehen - sie wüssten nicht, was sie am nächsten Tag essen sollten, berichtet Rabia. Der 23-Jährige möchte sie nach Deutschland holen, bevor die Schwester in wenigen Wochen 18 wird. Deswegen hofft er auf einen zügigen Anhörungstermin im Asylverfahren.

Daher kam wohl seine Ungeduld mit den deutschen Behörden, die ihn am Dienstag vor das Kreishaus trieb (der GA berichtete). Ramy Rabia versteht nicht, warum das Verfahren, für das das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) zuständig ist, bei ihm und den 300 anderen Flüchtlingen in der AKNZ nicht vorankomme. Bekannte von ihm seien nach 14 Tagen zumindest schon in Wohnungen weitervermittelt worden.

50 Sheltern schon bald bezugsfähig

Zumindest Rabias Wohnsituation wird sich voraussichtlich bald ändern: In der kommenden Woche sollen die ersten von 50 Sheltern auf dem Gelände der AKNZ bezugsfertig sein (der GA berichtete). Dann werden nur noch sechs statt 100 Flüchtlinge in einem Raum leben. Während die Frauen der Familie noch in Syrien ausharren, hat Rabia seinen Vater und Bruder nach drei Jahren in Ahrweiler wiedergefunden. Mit gefälschten Pässen ist ihnen die Flucht gelungen. Rabia selbst war über Algerien, Marokko und einen dreimonatigen Aufenthalt in der dortigen spanischen Exklave Melilla nach Europa gekommen.

Sein Zuhause hat der 23-jährige Palästinenser verlassen, weil er weder für Baschar al Assad noch für eine der rivalisierenden islamistischen Terrorgruppen kämpfen wollte - auch oder gerade nicht unter Androhung des Todes. Denn ihm sei mit großer Brutalität klar gemacht worden: "Entweder du kämpfst für uns oder du wirst erschossen." "Da musste ich weg. Ich will niemanden töten, ich bin ein ganz normaler Mensch", sagt Rabia. Er hofft jetzt auf ein friedliches Leben in Deutschland, zumindest "für die nächsten 15 Jahre oder so. Ich möchte hier Deutsch lernen und arbeiten, auf keinen Fall dem Staat auf der Tasche liegen. Eines Tages würde ich nach Hause zurückkehren und wie mein Großvater ein Häuschen und Familie haben", träumt er.

Zum Ende betont ein eigens dazu gekommener junger Flüchtling aus Syrien noch einmal: "Denken Sie bitte nicht schlecht von uns. Wir danken Ihnen, dass sie als Deutsche uns hier willkommen heißen."

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