Vielfalt auf der Matte 1. Godesberger Judo Club setzt sich für Integration ein

Bad Godesberg · Das Diakonische Werk bildet in ganz Bonn Integrationslotsen aus. Auch acht Godesberger Vereine engagieren sich im Projekt „Vereint Vielfalt“. Aktiv ist auch Binke Hamdan vom 1. Godesberger Judo Club. Sie sagt, die Fortbildung habe ihr die Augen geöffnet.

 Ab Mai wird Binke Hamdan (Mitte) Vielfaltslotsin beim 1. Godesberger Judo Club sein.

Ab Mai wird Binke Hamdan (Mitte) Vielfaltslotsin beim 1. Godesberger Judo Club sein.

Foto: Axel Vogel

Der 1. Godesberger Judo Club wird ab Mai mit Binke Hamdan eine interne Vielfaltslotsin bekommen. Hamdan ist Juraprofessorin, Mutter dreier judobegeisterter Kinder und ehrenamtlich im Judo Club Vorstandsmitglied. Derzeit durchläuft sie im Rahmen des Modellprojekts „Vereint für Vielfalt“ des Diakonischen Werks eine Schulung mit dem Ziel, auch in ihrem Club mehr Flüchtlinge aktiv werden zu lassen.

Bei der Fortbildung zur Lotsin seien auch ihr über einiges die Augen geöffnet worden, erzählt Hamdan. Und zwar wie Vereine doch ungewollt Hürden für Geflüchtete aufgebaut hätten und wie diese überwunden werden können, sagt Hamdan, die auch Jugendwartin im Verein ist. „Unser Judo Club ist ja auch ja offen für alle, egal woher sie kommen.“ Ab Mai will sie sich nun als Lotsin gezielt dafür einsetzen, dass mehr Flüchtlinge im Verein mitarbeiten. „Bis jetzt haben wir eine ganze Reihe Kinder von Geflüchteten auf der Matte“, erzählt Hamdan. Aber man wolle bei deren Familien auch dafür werben, im Verein ein Ehrenamt zu übernehmen.

Franziska Kremser-Klinkertz ist Projektleiterin beim Diakonischen Werk der evangelischen Kirchenkreise Bad Godesberg-Voreifel und Bonn. Man spreche mit diesem 2021 gestarteten Projekt zwei Zielgruppen an, die „seit der Pandemie von der Bildfläche verschwunden sind“, erklärt sie. Und zwar einerseits die von den Corona-Maßnahmen hart getroffenen Vereine in Bonn, Bad Godesberg und dem linksrheinischen Rhein-Sieg Kreis. Und andererseits die hier lebenden Geflüchteten, die in der Pandemie in ihrem Integrationsprozess zurückgeworfen seien. Das vom Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds der EU geförderte „Vereint Vielfalt“-Projekt bringe nun beide zusammen, erläutert Kremser-Klinkertz. „Vereine werden dafür stark gemacht, Geflüchtete für sich als aktive Ehrenamtliche, nicht nur als Mitglieder, zu gewinnen.“

27 Vereine machen beim Projekt mit

Musik-, Sport-, aber auch Karnevals-, Kultur- und soziale Vereine und Initiativen werden also ermutigt, ihre Strukturen zu öffnen, damit auch in ihnen eine erfolgreiche Integration von Migranten gelingen kann. Dafür bildet das Diakonische Werk seit September 2021 die Vielfaltslotsen aus. „Wir haben bislang 27 Vereine für unser Projekt gewonnen“, rechnet die Diakonie-Mitarbeiterin vor.

Darunter seien in Godesberg neben dem Judoclub auch der Barbershop-Chor „The Rhubards“, die Schwimmgemeinschaft Wachtberg-Godesberg (Wago), die KulturTafel Bonn, die Leichtathletikvereinigung Bad Godesberg, die Migrantenselbstorganisation Emesa, die Theatergruppe „The Bonn Players“ und der Post-Sportverein Bonn.

Für Bonn nennt die Diakonie-Fachkraft unter anderem den Stadtsportbund, den Festausschuss Bonner Karneval, den Karnevalsverein Knatsch Verdötscht, den Verein für Hospizarbeit Lighthouse und das Netzwerk politik atelier. Aus dem Umland kommt der Chorverband Bonn / Rhein-Sieg aus Troisdorf hinzu.

Insgesamt 30 Lotsen wie Bimke Hamdam werden also derzeit bis Mai ausgebildet, um danach bei ihren Vereinen als Mittler zur Verfügung zu stehen. Die Schulung habe wegen der Pandemie zum Teil digital laufen müssen, berichtet Kremser-Klinkertz. Programmpunkte sind etwa ein Anti-Diskriminierungstraining, eine Einführung ins Aufenthaltsrecht, einen Workshop für einfache Sprache und im Rahmen von Friedensarbeit ein Demokratietraining. „Letztlich ist das ein klassisches Mentorenprogramm“, sagt Kremser-Klinkertz. Von dem könne nicht nur die Flüchtlingsarbeit, sondern auch die tagtägliche Kompromissfindung in jedem Verein profitieren.

Stadt lobt „vorzügliches Integrationsprojekt

„Vereint für Vielfalt“ mache Vereine aller Art fit, sich für eingewanderte Bürger zu öffnen und sie darüber hinaus als aktiv mitwirkende Ehrenamtliche zu gewinnen, lobt Coletta Manemann, Leiterin von Bonns Amt für Integration und Vielfalt, das Programm. „Ein vorzügliches Integrationsprojekt – das aber sehr unter den Pandemie-Bedingungen gelitten hat, wie so vieles, was zum Gelingen Menschen und Begegnung braucht“, so Manemann.

Man hoffe, auf diese Weise engagierte lokale Vereine mit Menschen aus Drittstaaten zusammenzubringen und dafür nachhaltige Strukturen zu schaffen, sagt Kremser-Klinkertz. Voraussetzung sei natürlich auch, Geflüchtete aus anderen Kulturkreisen erst einmal mit dem Ehrenamt in deutschen Vereinen bekannt zu machen. „Ziel des Projektes ist letztlich, den nächsten Schritt im Prozess der Ankunft und Integration von Menschen, die hier Zuflucht gefunden haben, zu vollziehen“, sagt die Fachfrau der Diakonie. Vereine und Initiativen könnten so Zugwanderte als Bereicherung ansehen. „Ich beobachte, dass unsere Gesellschaft momentan weniger offen für Geflüchtete ist“, ergänzt Binke Hamdan vom 1. Godesberger Judo Club. „Deshalb möchte ich als Vielfaltslotsin ein Zeichen setzen.“

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