2011 war das wärmste Jahr seit 1895

BONN · Statistisch gesehen war das vergangene Jahr nicht so trocken wie der niedrige Rheinpegel es vermuten ließ.

 Am Montagmittag auf dem Bonner Münsterplatz: Draußen sitzen im milden Winter.

Am Montagmittag auf dem Bonner Münsterplatz: Draußen sitzen im milden Winter.

Foto: Barbara Frommann

Schneemassen verhinderten vor einem Jahr noch den Weihnachtsverkehr, die Stadt kam mit dem Räumen der Straßen nicht hinterher, das Streusalz wurde knapp. Und dieses Jahr? Fast frühlingshafte Temperaturen in der Silvesternacht. Überhaupt: So kalt das vergangene Jahr auch startete, 2011 war dennoch das wärmste Jahr seit 1895.

Das hat jedenfalls Klaus Kosack festgestellt. Der ehemalige Chefstatistiker der Stadt Bonn hat die Daten der Messwarte Endenich des Meteorologischen Instituts der Uni Bonn und seiner Wetterhistorie ausgewertet. Sein Kurzfazit: Zu warm und viel Sonne.

Für Bonn wurde ein Jahresdurchschnitt von 12 Grad Celsius, das ist 1,8 Grad Celsius mehr als im langjährigen Mittel, gemessen, so Kosack. "Damit ist das grade abgelaufene Jahr 2011 das wärmste Jahr seit 1895." Der bisherige Rekordhalter war 1994 mit 11,8 Grad Celsius. Das kühlste Jahr der letzten 116 Jahre war übrigens das Jahr 1940 mit 8,4 Grad Celsius.

Die Trockenheit des Jahres 2011 ließe sich ja an zwei Niedrigwasserperioden des Rheins deutlich machen. Dennoch: Laut Kosacks untrüglichen Zahlen hat es sogar vier Prozent mehr Regen gegeben als im langjährigen Mittel üblich. In Zahlen: An 157 Tagen fielen insgesamt 664 Liter pro Quadratmeter.

Kosack: "Besonders nass waren der Juni und Dezember, wo mehr als doppelt soviel Regen vom Himmel fiel als in normalen Jahren. Dagegen war der November knochentrocken." Gerademal drei Prozent des Monatssolls flossen vom Himmel, an drei Tagen regnete es 1,6 Liter pro Quadratmeter: "ein neuer November Minus- Rekord", so Kosack. Entsprechend niedrig, geradezu spektakulär, war daher auch der Rheinpegel.

30. Januar 2011 war der kälteste Tag

Der heißeste Tag in 2011 war der 28. Juni, wo die Bonner am Nachmittag mit 33,9 Grad Celsius geradezu tropische Verhältnisse hatten. Am 30. Januar wurde mit -6,8 Grad Celsius die tiefste Temperatur des Jahres gemessen. Zum Vergleich: 2010 wurden mit 36,9 Grad Celsius der heißeste Tag, mit -10,5 Grad der kälteste Tag gemessen.

Das Gefühl, keinen besonders guten Sommer gehabt zu haben, hat viele nicht getrogen. Denn der Juli 2011 war kühler als "normal" und blieb als einziger Monat des Jahres um 1,2 Grad Celsius hinter seinem Soll. Die höchste Positiv- Abweichung (+4,5 Grad Celsius) wurde im April gemessen, gefolgt vom Mai mit einer Plusabweichung von 2,5 Grad Celsius, so Kosack. Der Monat April 2011 war ähnlich wie der April 2007 mit durchschnittlich 14 Grad Celsius der wärmste April seit 1895.

Sorgen wegen der derzeit viel zu hohen Temperaturen müssen sich Hobbygärtner nicht machen, meint Franz Beckers, bis zu seiner Pensionierung am Institutszentrum der Landwirtschaftskammer NRW in Bonn-Roleber als "phytosanitärer Inspektor tätig und vielen Bonnern als "Pflanzendoktor" bekannt.

"Früher Austrieb ist zurzeit nicht zu beobachten", so der Experte. Was viele derzeit mit dem warmen Wetter verbinden, seien sogenannte Winterblüher. "Jetzt kann man den gelbblühenden Winterjasmin sehen, teilweise einen stark duftenden Schneeball genießen, und auch die eine oder andere Art der Zaubernuss blüht zu dieser Jahreszeit", so Beckers.

Auf Staunässe bei Topfpflanzen achten

Der Pflanzenfachmann rät bei dem derzeit starken Regen indes, auf Staunässe bei Topfpflanzen zu achten. Wenn dann der Frost plötzlich einsetze, dann sei es aus mit der Pflanze. Noch ein Tipp für Hortensienliebhaber: Die Blütenbälle drauflassen, denn sie schützen nachfolgende Knospen vor der Wintersonne.

Übrigens: Die Eisheiligen im Mai können die Bonner seit Jahrzehnten getrost ignorieren, so Kosack. Den letzten Frost in einem Mai- Monat gab es 1953.

Dezemberwetter: "Der gerade abgelaufene Dezember war zu warm, ungewöhnlich nass und sehr trüb." Dieses Fazit zieht der ehemalige Chefstatistiker der Stadt Bonn, Klaus Kosack.

Nur 29 Stunden schien die Sonne, nur 62 Prozent eines normalen Bonner Dezembers. Mit einer Durchschnittstemperatur von 6,0 Grad Celsius war der Dezember 2011 um 2,8 Grad Celsius wärmer als im langjährigen Mittel. Damit belegt der Berichtsmonat den Platz 10 in den Bonner Wetteranalen seit 1895, so Kosack.

Der wärmste Dezember war bisher im Jahre 1934 mit 8,4 Grad Celsius, der kühlste Dezember konnte im Jahre 1933 mit minus 1,8 Grad Celsius beobachtet werden.

An 22 Tagen fielen insgesamt 97,2 Liter pro Quadratmeter, damit mehr als doppelt so viel wie in einen normalen Dezember. Damit belegt der Dezember 2011 Platz 4 in den 163-jährigen Aufzeichnungen; noch nasser waren lediglich die Dezember der Jahre 1993, 1966 und 1880.

Und so sieht die Vorschau für Bonn aus.

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