Jugendschutzkammer Bonn 23-jähriger Zuhälter zu fünfeinhalb Jahren Haft verurteilt

BONN · Mit 23 Jahren war Costa S. eine Nummer in Bonns Zuhälterszene - und nutzte seinen Ruf als Frauenschwarm, um Minderjährige und selbst eine Zwölfjährige zur Prostitution zu zwingen. Dann gelang einer 18-Jährigen die Flucht, und Costa S. fiel im sogenannten Zuhälterkrieg auf. Am Mittwoch wurde er nach zweiwöchigem Prozess von der Jugendschutzkammer verurteilt.

Sein Grinsen vom ersten Prozesstag ist ihm vergangen, und am Freitag, als sich die Schlinge um seinen Hals immer mehr zuzog, zog er die Notbremse, um die Strafe so niedrig wie möglich zu halten. Er gestand, ersparte damit der Justiz einen langen Prozess und vor allem dem zwölfjährigen, schwer traumatisierten Opfer den Auftritt vor Gericht.

Das zahlte sich nun aus: In Übereinstimmung mit dem Staatsanwalt verurteilte ihn die Kammer zu fünfeinhalb Jahren Haft - wegen Zuhälterei, Menschenhandels, schweren Missbrauchs eines Kindes und sexuellen Missbrauchs. Vom Vorwurf der Vergewaltigung eines 15-jährigen Opfers wurde er freigesprochen: Ein Gutachten kam zu dem Ergebnis: In dem Punkt ist das Mädchen unglaubwürdig.

Keinen Zweifel aber hat die Kammer an der Aussage der 18-Jährigen, die als Zeugin aussagte - sich jedoch nur mit Kopftuch und Sonnenbrille ins Gericht traute, so viel Angst hat sie noch vor der Szene. Dass diese Angst nicht unberechtigt ist, zeigte sich vergangene Woche: Einer aus dem Milieu versuchte, das zwölfjährige Opfer unter Druck zu setzen bezüglich ihrer damals noch geplanten Aussage.

Er kam in Haft. Wie sehr die Mädchen heute noch leiden, machen ihre beiden Anwältinnen deutlich: Die Zwölfjährige, Tochter aus streng muslimischem Haus, hat unter schweren Repressalien seitens ihrer Familie zu leiden und ist stark selbstmordgefährdet. Das Mädchen, das von zu Hause weggelaufen war, den Angeklagten in einer Disco kennenlernte und seinem Charme erlag, wurde von ihm sexuell missbraucht, noch am selben Tag ins Bordell gesteckt, wo sie eingesperrt wurde, und an andere Zuhälter abgegeben.

Von einem Landsmann soll sie dann vergewaltigt worden sein. Diese Ermittlungen laufen noch. Auch die 18-Jährige hat immer noch große Angst, meidet Bonn, die Stadt, die ihr Zuhause war und wechselte seit ihrer Flucht mehrfach Stadt und Wohnung. "Sie haben ihr die Ehre genommen und sie auf eine Geldquelle reduziert", warf Anwältin Gabi Welter-Kaschub dem Angeklagten vor.

Der versicherte, es tue ihm leid, er habe Fehler gemacht. An seine drei Opfer will er nun insgesamt 35.000 Mark zu zahlen. Herbe Kritik übten die Anwältinnen am Rande des Prozesses am Opferschutz, der nur auf dem Papier gut aussehe: Die Mädchen seien von niemandem geschützt und betreut worden. Als egozentrischen Mann aus vermögendem Haus, der immer Geld hatte und seinen Charme rücksichtlos einsetzte, bezeichnete Kammervorsitzender Klaus Haller den Angeklagten.

Selbst im Gefängnis erhielt Costa S. über 100 Briefe, fast alle von Frauen. Mit Charme habe er auch seine Opfer, alle aus zerrütteten Familien, für sich eingenommen, um sie dann in Bordelle zu stecken. Der 23-Jährige lebte ausschließlich und sehr gut von den Mädchen, die er abkassierte. "Sie haben selbst noch aus der Haft heraus versucht, Ihren Laden aufrecht zu erhalten," warf der Richter ihm vor. Weitere Zuhälter aus der Szene stehen demnächst ebenfalls vor Gericht.

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