Ärztin sperrt ihr Hausmädchen ein

Von Polizei befreit - 63-Jährige verurteilt

Bonn. Eine solche Haltung seinem Personal gegenüber hat der Richter auch noch nicht erlebt: Die 63-jährige Ärztin auf der Anklagebank hat ihre unter ihrem Dach lebende ausländische Hausangestellte bedroht, gewürgt, beleidigt - und eingesperrt.

Erst als die Polizei kam, ließ sie die 42-jährige Frau, die sie - allem Anschein nach fälschlich - des Diebstahls bezichtigt hatte, frei. Wer jedoch nun von der Medizinerin irgendeine Form des Bedauerns erwartet hat, wird enttäuscht. Die Angeklagte bestreitet die Vorwürfe nicht nur vehement, sondern stellt auch ein Denken zur Schau, das alle im Saal fassungslos macht.

Es geschah am 11. April 2006: An jenem Tag beschuldigt die Ärztin ihr Hausmädchen, 2 000 Euro aus dem Tresor gestohlen zu haben. Die beteuert weinend ihre Unschuld, und die Ärztin durchwühlt das Zimmer der 42-Jährigen auf der Suche nach dem Geld - erfolglos. Also nimmt die Ärztin den Schmuck der 42-Jährigen an sich, kündigt an, ihn so lange als Pfand zu behalten, bis sie ihr Geld zurückerhalte.

Es kommt zum Streit, die Ärztin bekommt einen Tobsuchtsanfall, würgt ihr Hausmädchen, beschimpft und beleidigt die Frau und droht ihr, sie mit ihrer Pistole zu erschießen. Dann sperrt sie die Frau ein.

In Panik ruft die 42-Jährige von ihrem Handy aus ihren Sohn an. Der eilt herbei, spricht mit der Mutter durch das vergitterte Badezimmerfenster, versucht die Ärztin vergeblich dazu zu bringen, seine Mutter freizulassen und ruft schließlich die Polizei. Doch auch die Beamten werden nicht ins Haus gelassen. Erst als sie drohen, sich anderweitig Einlass zu verschaffen, dürfen sie hinein und finden eine völlig verstörte Frau. Das angeblich von ihr gestohlene Geld findet auch die Polizei nicht.

Nun vor Gericht erklärt die 63-Jährige auf die Frage des Richters nach ihrer Pistole und der Drohung, damit auf ihr Opfer zu schießen, mit stolz erhobenem Haupt: Selbstverständlich habe man in ihren Kreisen als Jägerin auch eine Pistole. "Aber auf Kakerlaken wie diese würde ich niemals schießen."

Diese Haltung und die Aussagen der Zeugen überzeugen den Richter von der Schuld der Ärztin. Er verurteilt sie wegen versuchter Freiheitsberaubung, Bedrohung und Beleidigung. Dass die 63-Jährige mit 6 600 Euro Strafe davonkommt, liegt nur daran, dass sie zurzeit Krankengeld bezieht.

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