WCCB-Prozess Arazim-Anwalt Zvi Tirosh: "Lasch kontrolliert"

Bonn · Vergangene Woche hat WCCB-"Investor" Man-Ki Kim vor Gericht eine Erklärung abgegeben, in der er das Unternehmen Arazim als "Teufel" bezeichnete. Mit dem Anwalt der israelisch-zypriotischen Investmentfirma sprachen Lisa Inhoffen, Rita Klein und Wolfgang Wiedlich.

Herr Tirosh, decken sich Ihre Einblicke ins WCCB mit dem, was der Hauptangeklagte Man-Ki Kim vor Gericht ausgesagt hat?

Zvi Tirosh: Ich war in der Verhandlung nicht dabei und kann nur beurteilen, was in der Presse dazu veröffentlicht wurde. Demnach ist Kims Aussage nicht frei von Widersprüchen.

Zum Beispiel?

Tirosh: Ob man zum Zwecke der Akquisition eines Projektes der öffentlichen Hand bei der eigenen Selbstdarstellung übertreibt oder die Wahrheit sagt, ist keine Frage von unterschiedlichen Kulturen, sondern der persönlichen Haltung. Wer sich zudem von einem Privatfahrer mit einem der teuersten Autos der Welt vorfahren lässt oder sich derart hohe monatliche Bezüge bewilligt, kann nicht von sich behaupten, den Kapitalismus nicht gekannt zu haben.

Laut Kim waren nicht nur kulturelle Verständigungsprobleme, sondern auch die erheblichen Missverständnisse um das deutsche Rechtssystem für sein Scheitern verantwortlich. Betrügerische Absichten habe er nicht gehabt. Wie sehen Sie das?

Tirosh: Jeder Mensch muss sich an Recht und Ordnung halten. Dies gilt natürlich auch für ausländische Geschäftsleute. Ich glaube nicht, dass er ein falsches Verständnis der Rechtslage hatte. Meines Erachtens hat er das, was man ihm gesagt hat, nicht immer ernst genommen. Als Herr Kim bemerkte, dass die Folgen seiner Handlungen ihn einholen, war es bereits zu spät.

Genauer?

Tirosh: Nach unseren Informationen hat er Verträge unterschrieben, die er nicht einhalten konnte. Auch in dem Projektvertrag hat er sich zur Erbringung von Eigenmitteln bzw. Bürgschaften verpflichtet und das später nicht erfüllt. Auch ausländische Geschäftsleute aus anderen Kulturkreisen wissen, dass ein derartiges Verhalten nicht folgenlos bleibt.

Kim sagt, dass sein größter Fehler das Arrangement mit Arazim war. Er nannte das den "Tanz mit dem Teufel". Wie tanzt ein Teufel?

Tirosh: Es gab keinen Tanz, sondern Arazim hatte das Recht immer auf seiner Seite. Herrn Kims Fehler war, dass er Zusagen gemacht hat, die er nicht erfüllen konnte. Die Millionen von Arazim hat er aber genommen. Als er das Geld zurückzahlen sollte, hat er das nicht getan. Seine Aussage in diesem Punkt zeugt meines Erachtens von fehlender Einsichtsfähigkeit. Auch in seinem Kulturkreis werden Regelübertretungen geahndet. Bei groben und wiederholten Verletzungen wird sogar in Südkorea die rote Karte gezeigt. Herr Kim ist auch wegen einer falschen eidesstattlichen Versicherung angeklagt. Und dann sollen die Anderen schuld an den Folgen seiner vermeintlichen Naivität sein? Da verwechselt er wohl Ursache und Wirkung.

Der Strafverteidiger von Kim sagt, dass das Kim-Darlehen mit rund 60 Prozent Zinsen sittenwidrig war. Hat er Recht?

Tirosh: Nein. Diese Frage wurde bereits vom Landgericht Bonn im August 2009 geprüft und verneint. Es wird übersehen, dass die wirtschaftlichen Parameter des Kredits von Herrn Kim selbst stammen. Er hat den Zinssatz vorgeschlagen, nicht wir. Wir haben diesen sogar reduziert. Herr Kim wurde damals rechtlich von mehreren Anwälten beraten. Neben den weiteren zwei Angeklagten waren auch Anwälte aus den USA, der US-Finanzvorstand, der Aufsichtsrat sowie der Vorstand der Muttergesellschaft aus Korea in dieser Transaktion involviert. Sie haben sie befürwortet und genehmigt. Als Herr Kim die 10 Millionen Euro genommen hat, war der Vertrag für ihn nicht sittenwidrig, sondern sehr wirksam. Außerdem: Auch wenn das Darlehen sittenwidrig gewesen wäre, hätte Herr Kim die 10 Millionen Euro zurückzahlen müssen. Auch das hat er nicht getan. Die Folgen für ihn und das Projekt wären die gleichen gewesen.

Wo liegt das WCCB-Projekt im Arazim-internen Ranking über jene Geschäfte, die den höchsten Gewinn abwarfen?

Tirosh: Ein solches Ranking gibt es nicht. Wenn Sie heute die damaligen Beteiligten bei Arazim fragen würden, ob das WCCB-Projekt erfolgreich für Arazim war, wird dies verneint. Arazim wollte das schönste Projekt Deutschlands redlich kaufen und bezahlen. Zu einem Kaufvertrag kam es jedoch nicht, weil Herr Kim das Projekt nicht zu Ende gebaut hat. Arazim wollte ursprünglich das Darlehen gar nicht geben. Herr Kim wollte den Überbrückungskredit haben.

Wenn Arazim so am WCCB-Projekt interessiert gewesen ist, wie Sie behaupten, warum ist Arazim als Hauptgesellschafter dann 2009 nicht in die Bresche gesprungen und hat den Baustopp mit weiteren Millionen verhindert?

Tirosh: Wir hätten vorher gerne investiert, wenn wir die Möglichkeit gehabt hätten, ein gesundes Projekt zu kontrollieren, erhielten aber die Unterlagen zur Prüfung nicht. 2009 lag das Kind bereits im Brunnen. Es war aus Sicht der Stadt strittig, ob Arazim überhaupt Gesellschafter ist. Faktisch wurde Arazim jede Möglichkeit der Einflussnahme entzogen. Als das Gericht dabei war, diese Frage endgültig zu klären, haben Stadt und Sparkasse den Projekt- und den Kreditvertrag gekündigt, und Herr Kim hat, ohne den Hauptgesellschafter Arazim zu fragen, Insolvenz angemeldet. Herr Kim behauptet vor Gericht immer noch, dass Arazim nicht Gesellschafter wurde.

Die Stadt fühlt sich von Kim betrogen...

Tirosh: Wen meinen Sie mit "Stadt"? Hier würde ich heute differenzieren: hier die Einwohner der Stadt mit den Mitgliedern des Stadtrates, dort die Verwaltung mit der WCCB-Projektleitung. Ich kann nicht ausschließen, dass bestimmte Personen sich zu recht betrogen fühlen. Nach unseren Informationen wusste die Projektleitung bereits Anfang 2006, wie es um Herrn Kim bestellt war. Das Vergabeverfahren wirft zahlreiche Fragen auf. So hat man Herrn Kim und Herrn Hong (WCCB-Bauunternehmer/Anm. d. Red.) machen lassen, lasch kontrolliert, Missstände toleriert und so das Fiasko forciert. Und ein Krisenmanagement gab es auch nicht.

WCCB und Arazim Ltd.

Weil "Investor" Man-Ki Kim unter chronischer Eigenkapitalnot litt und von der Sparkasse auch nur eine befristete Zwischenfinanzierung für das Eigenkapital erhalten hatte, wendete er sich an die Investmentfirma Arazim Ltd. (Zypern) und lieh sich 10,3 Millionen Euro zu rund 60 Prozent Zinsen und Gebühren.

Da er nicht pünktlich zurückzahlte, musste er 94 Prozent der WCCB-Anteile (der UNCC GmbH) an Arazim übertragen und zudem eine Grundschuld akzeptieren. Inzwischen ist Arazim der Gewinner im WCCB-Monopoly: Aus dem Darlehen von 10,3 Millionen wurden letztlich mehr als 18 Millionen Euro.

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