Arbeiter starb in Holzlar wegen Pfusch am Bau

"Jede kleinste Erschütterung hätte ausreichen können, um das Kartenhaus zum Einstürzen zu bringen." Deutliche Worte fand ein Bausachverständiger im Prozess um den Tod eines 34 Jahre alten Bauarbeiters beim Um- und Ausbau eines Bürogebäudes in Holzlar im Januar 2008.

Arbeiter starb in Holzlar wegen Pfusch am Bau
Foto: dpa

Bonn. "Jede kleinste Erschütterung hätte ausreichen können, um das Kartenhaus zum Einstürzen zu bringen." Deutliche Worte fand ein Bausachverständiger (61) am Donnerstag im Prozess um den Tod eines 34 Jahre alten Bauarbeiters beim Um- und Ausbau eines Bürogebäudes in Holzlar im Januar 2008.

Der Familienvater war damals unter ein herabstürzendes tonnenschweres Fertigbetonteil geraten - nach Meinung des Hochschulprofessors aufgrund von teilweise fehlenden statischen Berechnungen und einer mangelhaften Bauausführung.

Wie berichtet, wirft die Staatsanwaltschaft dem 71 Jahre alten Bauingenieur, der die Statik erstellte, und dem ausführenden Bauunternehmer fahrlässige Tötung sowie fahrlässige Körperverletzung vor - zwei Männer wurden schwer verletzt. Am ersten Verhandlungstag hatten sich die beiden Angeklagten die Schuld gegenseitig zugeschoben.

Am Donnerstag versuchten insgesamt drei Bausachverständige, den Ablauf des Unglücks zu rekonstruieren und Ursachen zu benennen. Strittig blieb, auf welcher Seite des Gebäudes die gemauerte Wand zunächst einbrach. Zum Zeitpunkt des Einsturzes soll der Bauunternehmer (35) eines der Betonelemente mit dem Kran angehoben haben, um einen Höhenunterschied durch Platten auszugleichen.

Einig waren sich die Gutachter darin, dass es sowohl bei der Statik als auch bei den ausgeführten Arbeiten Mängel gab. So sprach der Professor von einer "Planung mit Fragezeichen", die "nicht zuverlässig und nicht ausreichend" gewesen sei. Für einen Sachverständigen (46) musste es aufgrund der Berechnungen "zwangsläufig zu einem Versagen kommen".

Dem Bauunternehmer warf der Professor vor, er habe die schweren Deckenteile nicht zusätzlich unterstützt - auch wenn der Hersteller der Fertigbetonelemente es nicht vorschreibe. Der 61-Jährige sieht eine "Schnittstelle, für die keiner verantwortlich sein will". Ähnlich scheint es der Richter zu sehen: Es dränge sich der Eindruck eines "unzulässigen und unerträglichen Verschiebens von Verantwortung" auf. Der Prozess wird fortgesetzt.

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