Bad Godesberg: Keine Erdwärme aus den Kurpark-Tiefen

Der Traum von einer neuen Energiequelle ist für Bad Godesberg vorerst geplatzt. Die Bonner Stadtwerke (SWB) haben ihren ehrgeizigen Plan, aus den Tiefen des Stadtparks Erdwärme zu gewinnen, ad acta gelegt.

Bad Godesberg: Keine Erdwärme aus den Kurpark-Tiefen
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Bad Godesberg. Der Traum von einer neuen Energiequelle ist für Bad Godesberg vorerst geplatzt. Die Bonner Stadtwerke (SWB) haben ihren ehrgeizigen Plan, aus den Tiefen des Stadtparks Erdwärme zu gewinnen, ad acta gelegt.

"Wir sehen im Moment keine Chance, das Projekt weiter zu verfolgen", sagte der Geschäftsführer der SWB Energie und Wasser, Peter Weckenbrock, dem GA, "es rechnet sich nicht". Das vorläufige Ende für die Geothermie-Bohrung, mit der Thermalwasser aus 3 000 Metern Tiefe abgezapft werden sollte, nahm am Mittwochabend auch die Bezirksvertretung enttäuscht zur Kenntnis.

Den Ausschlag für die Absage haben aktuelle Gutachten und Analysen gegeben. Unterm Strich, so Weckenbrock, stand für die Stadtwerke ein Minus von rund 410 000 Euro pro Jahr. Dabei sollten die Stadthalle, das Kurfürstenbad, die Rathaus-Meile und ursprünglich sogar die ehemalige chinesische Botschaft mit Erdwärme versorgt werden. Sie wäre für den derzeit üblichen Preis von sieben Cent pro Kilowattstunde an die Endabnehmer verkauft worden.

Eine detaillierte Verbrauchsberechnung mussten die SWB jedoch gar nicht erst aufstellen. Bei inzwischen auf rund 5,5 Millionen Euro gestiegenen Investitionskosten für das Projekt wäre eine Wärmeleistung von mindestens 2,2 Millionen Kilowattstunden nötig gewesen, um schwarze Zahlen zu schreiben. Heraus kam nach neuesten Berechnungen eines Experten von der FH Aachen aber nur ein Drittel an Energie. Damit war auch für den SWB-Aufsichtsrat das Thema erledigt.

Die Studien belegen zwar, dass im Bad Godesberger Untergrund in 3 000 Metern Tiefe etwa 90 Grad heißes Thermalwasser zu finden ist (Faustregel: drei Grad pro 100 Meter Tiefe). Doch sie ergab auch, dass die Energiequelle nicht - wie erhofft - pausenlos sprudelt, sondern allenfalls 120 Tage im Jahr. Grund: Das Thermalwasser braucht relativ lange, um nachzufließen. Am unteren Ende des Steigrohrs kommt es immer wieder zu Temperaturen, die weit unterhalb der erforderlichen 90 Grad liegen. Die Folge: Oben wäre das Wasser über zwei Drittel der Betriebszeit gerade noch einmal 60 Grad warm gewesen.

Und auch ein Blick auf andere Geothermie-Projekte in Deutschland machte den SWB wenig Hoffnung. Zwar gibt es im süddeutschen Raum Anlagen, die rentabel sind und laufen, andernorts - wie etwa in Aachen oder in Arnsberg - stoßen die Betreiber immer wieder auf Probleme. Wenige sind über die Erprobungsphase hinaus, bei anderen traten eklatante Risiken und unerwartete Nebenwirkungen technischer Natur auf. So brachen Förderrohre in mehr als 2 500 Metern Tiefe, teilweise gab es kleine Erdbeben oder Bodenabsenkungen wie in Staufen/Breisgau, weil die Bohrköpfe in Kalk oder Sedimenten landeten. "Das Material und das Wissen ist einfach noch nicht ausgereift", resümiert Weckenbrock.

Auch deshalb fügt er dem Aus für die Geothermie in Bonn auch ein "vorerst" an. "Die Technologie steckt noch in den Kinderschuhen und kann sich jederzeit verbessern", sieht er durchaus noch Chancen in der Zukunft. Bei Krefeld wird gerade das "Super C" gebohrt. Kosten: 30 Millionen Euro. Gefördert wird das Projekt durch immense Landeszuschüsse und Zuwendungen aus der Forschung. Ziel: Optimierung der Technik.

Und noch einen negativen Nebenaspekt hat die so genannte Machbarkeitsstudie ans Licht gefördert: Der ursprünglich avisierte Standort im Stadtpark (hinter dem Trinkpavillon) hätte womöglich enorme Umweltschäden verursacht und den Baumbestand nachhaltig gefährdet. Die Verlegung des Bohrlochs auf den Parkplatz an der Rigal'schen Wiese hätte wiederum einen anderen Nachteil: Die Entfernung zu einem Teil der Endabnehmer (Rathaus und Redoute) wäre derart groß, dass unterwegs zu viel Wärme-Energie verloren geht.

So bleibt der direkten Umgebung erspart, dass sie, wie die Studie ergab, großen Risiken und Störungen für bestehende Bauwerke und einer etwa halbjährigen Belästigung während der Bohrphase ausgesetzt ist.

Unerfüllt bleibt für Bad Godesberg auch der Traum von eigenem Thermal-Mineralwasser. Das hätten die Stadtwerke bei der Tiefenbohrung gleich mit angezapft. Das Bad Godesberger Kurfürstenbad wird nun auch nicht sprudeln und dampfen. Vorerst jedenfalls.

Tiefen-Geothermie Als Tiefen-Geothermie bezeichnet man die Nutzung der Erdwärme in Tiefen zwischen 400 und 5 000 Metern. Ab einer Temperatur von 90 Grad Celsius kann Strom erzeugt werden. Die geothermische Stromerzeugung in Deutschland steht noch am Anfang. Bis heute sind drei Anlagen in Neustadt-Glewe, Landau und Unterhachung in Betrieb. Im Jahre 2009 wurden rund 19 Millionen Kilowattstunden Strom aus Geothermie gewonnen.

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