Kultur und Geschichte in Bad Godesberg 1986 begann die neue Zeitrechnung

Bad Godesberg · Damals jubelten der Intendant und Dramaturg, dass das Schauspiel endlich selbstständig wurde. Am 1. Dezember vor 30 Jahren wurden die Kammerspiele eröffnet. Ein Rundgang durch eine Godesberger Institution.

 In die Jahre gekommene Bühnentechnik: Die Kammerspiele Bad Godesberg.

In die Jahre gekommene Bühnentechnik: Die Kammerspiele Bad Godesberg.

Foto: Friese

Die konisch zulaufenden riesigen Röhren auf der Bühne werden für die „Romeo und Julia“-Aufführung benötigt. Mehr als ein Dutzend Männer sind nötig, um den Schauplatz für die größte Liebesgeschichte des Theaters herzurichten. Die rotierenden Röhren symbolisieren wohl so was wie Schicksalsräder. Vor genau 30 Jahren dominierte eine gewaltige Weltkugel die Bühne. Peter Eschberg inszenierte zur Eröffnung des neuen Bonner Schauspiels Pedro Calderóns „Das große Welttheater“.

Der damalige GA-Feuilletonchef Dieter Gerber war nicht überzeugt – jedenfalls nicht von dem Stück. Die Spielstätte als solche bot dem Bonner Theater neue Möglichkeiten, „frei von spartenfremden Zwängen“, wie Hans Peter Egel, Dramaturg am Schauspiel Bonn, meinte. Egel jubilierte: „Das Schauspiel Bonn ist selbstständig. Eine neue Zeitrechnung beginnt.“ Am 1. Dezember 1986 wurden die neuen Kammerspiele offiziell eröffnet.

Große Um- und Anbaumaßnahmen standen damals an, damit das Theater den Ansprüchen genügen konnte. Elf Millionen Mark, also etwa 5,5 Millionen Euro kostete das Ganze und blieb, heute kaum vorstellbar, um eine Million Mark unter dem kalkulierten Ansatz. Zuvor war das Theater als kombiniertes Lichtspielhaus und Schauspiel konzipiert worden. Die Bad Godesberger bauten 1951 das erste neue Theater in der jungen Bundesrepublik. Nicht mal ein Jahr Bauzeit brauchte es damals. Und wie sich's gehörte, wurde die Mark zweimal umgedreht. Das Theater, hieß es, sollte „Klasse bringen, das Kino Kasse“.

Kassenraum steht unter Denkmalschutz

1962 kamen die ersten Umbauten, 1985 startete die Stadt Bonn die nächste große Investition für sein bundeshauptstädtisches Theater. Der Denkmalschutz spielte damals schon mit: Der Kassenraum inklusive der Messingbeschlagenen Türen durfte nicht angerührt werden. Und auch die Erweiterung des ursprünglich von Günther Huhn entworfenen Gebäudes sollte diesmal in der Fassade unter anderem durch Schattenfugen sichtbar gemacht werden. Die Bonner, die damals zum Tag der offenen Tür kamen, empfanden das neue Entree als „steril wie ein Krankenhaus“. Der geschwungene Treppenaufgang war einer klaren, eckigen Stahltreppenkonstruktion gewichen, die Wände weiß getüncht.

Das meiste aber war im Theatersaal selbst passiert. Vorher Flachbestuhlung, jetzt stieg der Zuschauerraum nach hinten an. Die roten Plüschstühle von heute sind übrigens noch die von damals. Die Klimatisierung des Raum erfolgt über Lüftungsgitter unter den Stühlen, die auf einer Betonkonstruktion befestigt sind, und unter der Decke.

Die Bühnentiefe wurde erheblich vergrößert. „Als ich zum ersten Mal vor der Bühne stand habe ich mich gewundert, zwei Betonscheiben hintereinander vorzufinden“, sagt Jens Lorenzen. Der 38-Jährige ist seit dem 1. November technischer Direktor am Theater und kennt jetzt schon jede Ecke vor und hinter den Kulissen. „Die Bestuhlung ging ursprünglich bis zu dieser zweiten Scheibe“, erklärt er, während Bühnentechniker den Boden für den theatralischen Etsch runterfahren. Mit Folien bezogen, wird er später mit Wasser befüllt. Die Bühne wurde um gut sechs Meter erweitert, die Bestuhlung von 519 auf 483 reduziert.

Villa wurde integriert

Hinter der Bühne zeugen die riesigen Flügeltüren aus Stahl noch, wo das Theater einst endete. Hier wirkt alles verwinkelt. Die Villa Am Kurpark 4 wurde ins Theater einbezogen, ein Verbindungstrakt geschaffen. Hier befinden sich Magazine und Werkstätten. Und sie sehen aus wie vor 30 Jahren.

Von „Sanierungsstau“ will Jens Lorenzen, Technischer Direktor am Bonner Theater, nicht sprechen. Es gebe vielmehr eine Reihe von Instandsetzungsarbeiten. Das Gebäude an sich sei „für den Betrieb ausreichend“. An Dach und Regenrinnen sei erst kürzlich gearbeitet worden, Saal und Bestuhlung stünden „gut da“, und auch die Größe der Bühne sei gut gewählt.

Eine Betonscheibe stört auf der Bühne

Wenn er allerdings das Geld hätte, würde er die zweite Betonscheibe entfernen lassen, die die Inszenierung auf der Bühne doch stören würde. Schließlich sei auch die Bühnentechnik in die Jahre gekommen. Die Zugstangentechnik, an der Vorhänge, Dekorationen, Wände und Scheinwerfer hängen, müsste dringen ausgetauscht werden. Auswechseln lassen sich einzelne Teile schon lange nicht mehr. Zudem seien auch die Sicherheitsanforderungen andere als vor 30 oder 50 Jahren. Deshalb müssen bei bestimmten Fahrten die Schauspieler die Bühne verlassen. Das müsste dann eben bei der Inszenierung berücksichtigt werden.

Auch die Fluchtwege müssten nach heutigen Vorschriften 20 Zentimeter breiter sein. "Solange wir Türen reparieren können, ist das in Ordnung. Aber wenn wir sie auswechseln müssen, dann müssen diese die entsprechenden Maße haben, so Lorenzen. So ändern sich halt die Zeiten.

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