Verwahrlost und fast tot 30 Katzen aus Messie-Wohnung in Bad Godesberg gerettet

Bad Godesberg · Ein Godesberger lässt die Tiere über Monate unversorgt in einer völlig vermüllten Wohnung leben. Sie waren ausgehungert und total verfloht. Das Bonner Tierheim sucht für sie nun neue Zuhause.

 Im Bonner Tierheim warten auch diese zwei Godesberger Katzen auf ein neues Zuhause.

Im Bonner Tierheim warten auch diese zwei Godesberger Katzen auf ein neues Zuhause.

Foto: Sabine Reuter

Der Anruf eines Hausmeisters ließ bei Sabine Reuter im Tierheim Albert Schweitzer die Alarmglocken schrillen: In einer verlassenen Wohnung in einem abbruchreifen Haus in Bad Godesberg seien herrenlose Katzen eingesperrt. In vielen Jahren beim Tierschutz hat Reuter schon manches erlebt, vor Ort verschlug es ihr dann doch die Sprache: Dort quälten sich auf nur 20 Quadratmetern mehr als zwei Dutzend halb verhungerte Tiere, die durch den massiven Flohbefall Teile des Fells verloren hatten. Zwei waren trächtig und alle nicht kastriert – ein Martyrium. Reuter alarmierte sofort die Tierrettung Bonn, das Veterinäramt und Helfer. Und dann holten alle über mehrere Tage erst einmal 23 Tiere aus dem Haus.

„Wir sahen an Kuschelhöhlen und Katzenlaufstegen: Hier musste mal jemand mit Tierliebe gelebt haben“, berichtet Reuter. Jetzt aber war die Wohnung vermüllt und nur noch mit Schutzanzug und Atemmaske zu betreten. „Der Ammoniakgeruch raubte uns den Atem, mehr als 30 Minuten konnte man sich dort nicht aufhalten“, so Reuter. Die verstörten Tiere wurden erst einmal in Quarantäne gebracht, wo sie ein Notarzt versorgte. Aber dann mussten weitere Katzen gefangen werden, die beim Einsatz aus Angst die Flucht in den Keller oder ins Umfeld ergriffen hatten, berichtet Reuter. So stieg die Zahl der „Notfellchen“ auf 30.

Geimpft, kastriert und stubenrein

Das war vor drei Wochen. Die meisten von ihnen haben sich inzwischen gut erholt. Sie sind jetzt geimpft, kastriert und stubenrein. Einige werden noch von Ehrenamtlichen betreut, damit sie wieder Vertrauen zu Menschen fassen. Eine trächtige Katzenmutter erlitt eine Fehlgeburt.

Vor allem hatte das Heim jede Menge Hilfe organisiert: Alsbald brachten Bonner hochwertiges Futter für die Kätzchen vorbei. Mehr als 1400 Euro wurden für die medizinische Versorgung gespendet. Doch hat das Tierheim allein für die Grundversorgung bereits 5100 Euro ausgegeben. „Wir hoffen, dass sich die Wohngesellschaft des Hauses daran beteiligt“, sagt Reuter. Und man wünsche sich sehnlichst, dass sich Tierliebhaber finden, die jedem einzelnen der Tiere ein gutes Zuhause geben.

Aber wie konnte es zu diesem Notfall kommen? Man habe inzwischen den ehemaligen Bewohner befragt, so Reuter. Irgendwann habe alles mit Kater Manni angefangen, habe der Mann geantwortet. Dann habe er aus Mitleid Straßenkatzen zu sich geholt. Die Gruppe habe sich vermehrt, weil er kein Geld gehabt habe, die Tiere kastrieren zu lassen. Die Situation sei explodiert, sodass er die Katzen nicht mehr genügend habe ernähren können. Aus Scham habe er keine Hilfe geholt und sei jetzt nur noch erleichtert, keine Verantwortung mehr tragen zu müssen.

Halteverbote für Tiere

Die Umstände erinnern an einen Fall in derselben Godesberger Straße, bei dem das Tierheim vor zwei Jahren 27 Katzen ebenfalls aus einer Messie-Wohnung holen musste (der GA berichtete). „Wir wünschen uns, dass die Stadt öfter Halteverbote für Tiere ausspricht“, meint Sabine Reuter. Und dass Straßenkatzen nicht gefüttert, sondern zum Kastrieren gebracht würden. So zeige sich Tierliebe. „Wer füttert, ist nämlich von Rechts wegen Besitzer.“

Bonns Amtstierärztin Uta Erbe wiederum erklärt, im Godesberger Fall seien weder gegen den Ex-Bewohner noch gegen den Vermieter Ordnungswidrigkeitenverfahren eingeleitet worden. Sie appelliere jedoch an alle Katzenbesitzer, sowohl Männchen als auch Weibchen bei Erreichen der Geschlechtsreife kastrieren zu lassen. „Kater sind grundsätzlich sogar früher geschlechtsreif.“ Katzenliebhaber, die nicht mehr Herr der Situation sind, sollten sich unbedingt ans Veterinäramt oder ans Tierheim wenden. „Diese Einsicht und Kooperation wird dann immer positiv im Hinblick auf die Einleitung von Verfahren gewertet“, so Erbe.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort