Feinkost im Villenviertel und in Dottendorf Ackermanns geben nach 43 Jahren ihr Geschäft auf

Villenviertel · Nach 43 Jahren im Villenviertel und in Dottendorf haben die Ackermanns ihren Feinkostladen an der Plittersdorfer Straße aufgegeben. Corona ist kein unwesentlicher Grund dafür.

 Das Gespräch mit den Kunden über die Verkaufstheke hinweg werden Gregor und Jutta Ackermann sehr vermissen.

Das Gespräch mit den Kunden über die Verkaufstheke hinweg werden Gregor und Jutta Ackermann sehr vermissen.

Foto: Axel Vogel/AXEL VOGEL

Die lange Kühltheke leer, der Telefonanschluss tot, die Kunden weg. All das, was mehr als 40 Jahre lang das Leben der Ackermanns bestimmte, ist seit dem Wochenende Geschichte. „Es fällt mir unglaublich schwer, Abschied zu nehmen“, sagt Jutta Ackermann, Geschäftsführerin des gleichnamigen Feinkostladens, während sie am Montag die Küche im hinteren Teil auf Vordermann bringt.

Nach zehn Jahren an der Plittersdorfer Straße haben sie und ihr Mann Gregor, der den Laden zuvor bereits 33 Jahre in Dottendorf betrieb, beschlossen aufzuhören. „Nicht ganz freiwillig, dank Corona und gesundheitlicher Probleme bei uns beiden“, führt Jutta Ackermann aus. Die Pandemie hat sie körperlich zusätzlich geschafft. „Da nur noch drei Kunden in den Laden durften, haben wir versucht, noch schneller zu arbeiten, um niemanden warten zu lassen“, erklärt sie.

Finanzielle Einbußen, betonen beide, hätten sie durch die Krise zwar nicht gehabt. Der gelernte Metzgermeister und Koch erzählt aber, dass sie unter diesen Bedingungen großen Respekt vor dem nächsten Weihnachtsgeschäft hatten. „Wir könnten nicht garantieren, unser gewohntes Programm zu haben, denn es gab schon jetzt Probleme mit Lieferanten aus Frankreich und Italien“, so der 70-Jährige. „Das Programm“ bestand in der Weihnachtszeit unter anderem aus mindestens 30 Pasteten und einer noch größeren Käseauswahl als sonst.

Der Vorteil für das Ehepaar: Sie werden das Fest das erste Mal in Ruhe begehen. „Wir hatten nur in den ersten zwei Jahren unserer Ehe einen Baum, seitdem nie wieder“, sagt die 60-Jährige. Wie ihr Mann stammt auch sie aus dem Ruhrpott. Kennengelernt haben sie sich in Dottendorf – sie war in seinem Laden Verkäuferin. 1977 hatte er sich selbstständig gemacht. „Dass Bonn Bundeshauptstadt war, war für die Entscheidung nicht unwichtig“, erzählt er schmunzelnd. Schon bald hatte sich die gute Qualität der Waren und des damals noch bestehenden Partyservice herumgesprochen.

„Wir haben uns einen Kühllieferwagen angeschafft und waren überall beim Bund gefragt“, erzählt Gregor Ackermann stolz und lässt dennoch nicht unerwähnt, „dass wir natürlich nicht die einzigen guten in Bonn waren“. Das Abendstudium, das er in BWL absolvierte, führte zwar zu meist guten Bilanzen, gesundheitlich aber gab es 2010 die erste Zäsur. „Ich habe dann den Neuanfang in Godesberg gewagt“, erzählt Jutta Ackermann. Das Sortiment blieb und mit ihm der bei Stammkunden so beliebte Geflügelsalat, der Ur-Dottendorfer Schinken (natürlich beides selbstgemacht vom Gatten) oder das Finnische Goldstück. Das edle Rind stammte wie fast alles Tierische von der Bio-Schlachterei Thönes aus Wachtendonk. „Wir hatten immer unsere Kunden, aber andere kaufen Biofleisch lieber bei Aldi, denn sonst könnte es ja teurer werden“, sagt der Metzgermeister, der mit seiner Frau genau auf der Grenze zwischen Lannesdorf und Mehlem wohnt, auch ein wenig bitter.

Für die Stadt Bonn wünscht er sich deshalb mehr Niveau: „Es wäre wirklich toll, auf der ersten Etage des Karstadt eine Markthalle für hochwertige Produkte zu etablieren und auf der zweiten Etage ein Luxuskaufhaus.“ Denn, so meint er, man müsse die gut bezahlten Leute, die hier arbeiteten, irgendwie in die Stadt locken.

Politiker, das wird nach kurzem Gespräch klar, wäre ebenfalls eine Option für Ackermann gewesen. Der Job verhinderte vieles, auch Kinder, wie seine Frau zugibt. Die Kunden haben den beiden die Zeit des Abschieds nicht gerade leichter gemacht, die Entscheidung im Laden oder auch in den Sozialen Medien immer wieder bedauert. „Es wird hier einen Nachfolger geben“, kündigen sie an, ohne Näheres verraten zu wollen. Bei diesem kommt auch ihre Angestellte Živile Wein unter. Doch jetzt müssen sie erst einmal an sich denken, neue Energie tanken, wollen radfahren und fotografieren.

Und dann vielleicht über die vielen Jahre mit einem befreundeten Autoren ein Buch schreiben.

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