Aloisiuskollegs in Bad Godesberg Neue Anerkennungszahlung für Missbrauchsopfer am Ako möglich

Bad Godesberg · Missbrauchsopfer des Aloisiuskollegs (Ako) in Bad Godesberg können ab sofort beim Träger Jesuitenorden einen neuen Antrag auf Anerkennung ihres Leids stellen. Jetzt entscheidet eine unabhängige Kommission ohne Kirchenbeteiligung über das Verfahren.

 Der Haupteingang des Aloisiuskollegs an der Elisabethstraße.

Der Haupteingang des Aloisiuskollegs an der Elisabethstraße.

Foto: Ebba Hagenberg-Miliu

Missbrauchsopfer des Aloisiuskollegs (Ako) in Bad Godesberg können ab sofort beim Träger Jesuitenorden einen neuen Antrag auf Anerkennung ihres Leids stellen. Denn die Deutsche Region der Jesuiten ist der erweiterten Verfahrensordnung beigetreten, die die Deutsche Bischofskonferenz Anfang 2021 in Kraft gesetzt hat.

„Das Novum besteht darin, dass eine vom Orden unabhängige Kommission über die Vergabe und die Höhe von Anerkennungsleistungen entscheidet und sich dabei an der staatlichen Rechtsprechung orientiert“, erläutert der Orden in einer Pressemitteilung. Betroffene, die bereits Zahlungen erhalten hätten, könnten erneut einen Antrag auf Anerkennung stellen, die dann mit der bereits erfolgten Leistung verrechnet werde. Therapiekosten blieben weiterhin davon unberührt. Laut Beschluss der Bischofskonferenz gilt das Verfahren auch bei verjährten Taten. Die Finanzierung obliegt demnach der zuständigen kirchlichen Organisation.

Bisher vergab der Orden Betroffenen eine Pauschale von bis zu 5000 Euro

Der Missbrauchsskandal war Anfang 2010 vom jesuitischen Berliner Canisius-Kolleg auf das Bonner Ako übergesprungen (der GA berichtete). Innerhalb des bisherigen Verfahrens vergab der Orden Betroffenen unter dem Leitspruch „Ja, wir erkennen die Wahrheit eurer Geschichte an“ eine Pauschale von bis zu 5000 Euro, erläutert Pater Klaus Mertes, einst selbst Ako-Schüler, auf der Ordenshomepage. Darüber hinaus seien zur „Behebung von Schäden“ Therapien, Fortbildungen und Rentennachzahlungen mitfinanziert worden.

2016 hatte der Orden erfolgte Zahlungen öffentlich bilanziert: Bundesweit seien bis dahin jeweils bis zu 5000 Euro an 118 Betroffene, darunter 32 Ako-Opfer, gegangen. Also habe man für Opfer aller Jesuiteneinrichtungen 589.000 Euro gezahlt und zusätzlich 132.000 Euro Therapiekosten erstattet. Der Ako-Betroffenenverein Eckiger Tisch Bonn kritisierte diese Summen wie andere Verbände als unzureichend. Er schätze zudem, dass es allein am Ako Hunderte Opfer gab, so sein Sprecher Heiko Schnitzler.

Eckiger Tisch Bonn begrüßt, dass der Jesuitenorden dem Missbrauchs-Anerkennungsverfahren beitritt

Der neue Jesuitenprovinzial Pater Bernhard Bürgler erklärt nun in der Mitteilung, der Orden stelle sich der fortdauernden Verantwortung, den Betroffenen Gerechtigkeit widerfahren und aus ihren Erfahrungen im Orden eine veränderte Kultur erwachsen zu lassen. In dieser Kultur solle solchen Taten jeder Nährboden entzogen werden. „Unser Ziel ist es, Situationen zu schaffen, in denen Aufarbeitung und Heilung der Wunden möglich werden kann“, so der Provinzial.

Der Eckige Tisch Bonn sagt nun auf Anfrage: „Wir begrüßen, dass der Jesuitenorden dem Missbrauchs-Anerkennungsverfahren beitritt.“ Leider sei die monetäre Kompensation aber keine Aufarbeitung. Der Orden habe noch fast keinen Täter mit Namen benannt und die Taten nicht auf dem wissenschaftlichen Niveau der 2016 von der Bischofskonferenz beauftragten MHG-Studie evaluiert. „Damit ist eine Beseitigung von Missbrauchsursachen nicht möglich und Prävention gefährdet“, so Schnitzler. Auch ihr noch 2015 öffentlich ausgesprochenes Vertrauen gegenüber dem bis 2010 am Ako verantwortlichen Rektor Theo Schneider habe die Ordensleitung bislang nicht zurückgenommen. „Weder die Betroffenen noch die gegenwärtigen Schüler können so mit der Missbrauchsvergangenheit abschließen“, meint der Opferverein.

Kontakt zum externen Ordensbeauftragten Marek Spitczok von Brisinski: 0163/0817379, E-Mail spitczok@posteo.de.

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