Podiumsdiskussion Altersarmut als Herausforderung

BAD GODESBERG · Einladerin Edith Koischwitz hatte den Besuchern der Podiumsdiskussion zur Altersarmut in der Offenen Tür Dürenstraße schon gehörig eingeheizt. "Wir sozialen Einrichtungen sind die Erdbebenwarte, die Erschütterungen schon frühzeitig wahrnehmen", warnte Koischwitz davor, das Thema tief zu hängen.

 Das Geld reicht hinten und vorne nicht: Bedürftigen Senioren bleiben oft nur ein paar Münzen. Sie leben von Grundsicherung, weil ihre Altersrente nicht reicht.

Das Geld reicht hinten und vorne nicht: Bedürftigen Senioren bleiben oft nur ein paar Münzen. Sie leben von Grundsicherung, weil ihre Altersrente nicht reicht.

Foto: dpa

Wer an der Basis tätig sei, sorge sich um die Folgen für die gesamte Stadt. Worauf die Leiter der kirchlichen Wohlfahrtsbände in der von Wolfgang Zimmer geschickt geleiteten Diskussion sofort einstiegen. "Selbst im reichen Godesberger Villenviertel muss die Offene Tür kostenloses warmes Essen für eine immer größer werdende Zahl an Senioren ausgeben", prangerte Diakonie-Geschäftsführer Ulrich Hamacher an. Dabei seien die Ansprüche der älteren Bürger äußerst bescheiden. Gerade Witwen könnten oftmals aber nicht mehr normal am gesellschaftlichen Leben teilhaben.

"Die Schere zwischen Arm und Reich geht auch in Bonn immer weiter auseinander. Es muss eine Kernaufgabe der Stadt sein, die Daseinsvorsorge auch ihrer älteren Bürger zu sichern", stimmte Caritasdirektor Jean-Pierre Schneider zu. Auch im Bonner Zentrum stünden täglich 170 meist ältere Arme um eine kostenlose warme Mahlzeit an. Ihn beunruhige zudem die prekäre Wohnsituation zahlreicher Senioren, die zu arm seien, in adäquate Wohnungen umzuziehen, weil der Quadratmeter-Preis viel zu hoch sei. "Schon heute müssen hier Lösungen geschaffen werden." Auch das Beratungsangebot für zu pflegende alte Menschen gehöre ausgebaut. "Wir finden aber aktuell in der Kommune die Haltung vor, dass man nur noch den Ist-Zustand verteidigt", so Schneider.

Einig waren sich die Vertreter der Diakonie und der Caritas auch im Blick auf die Zukunft. Der heute schon erschreckende Anteil von gering verdienenden Alleinerziehenden, 400-Euro-Kräften und Arbeitslosen werde die Probleme in den kommenden Jahrzehnten vervielfachen. "Da wachsen Katastrophen heran, wenn wir nicht sofort gegensteuern und jedem die Existenzgrundlage durch ein solidarisch gerechtes Grundeinkommen sichern", sagten Hamacher und Schneider. Man brauche auch gerade im Wohnbereich einen Masterplan. Im kommunalen Bereich werde das Thema nicht ernst genug genommen, stimmte im Publikum der vormalige Sozialamtsleiter Dieter Liminski zu. "Wo wirklich Not ist, müssen sich die Kommunen engagieren und die dort tätigen Verbände unterstützen."

Als Vertreter der Bundespolitik verteidigte Karl Schiewerling, der arbeitsmarkt- und sozialpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, das aktuelle Rentenversicherungssystem. Der Gesetzgeber habe die Grundsicherung eingeführt, damit im Fall von Altersarmut nicht mehr auf die Kinder zurückgegriffen werden könne, erläuterte Schiewerling. Trotzdem gebe es eine versteckte Armut, gab er zu. "Und diese Fälle sind mental noch nicht in unserer Gesellschaft angekommen."

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