Kläranlage in Bad Godesberg Archimedes schrieb den Bauplan

Bad Godesberg · Eine neue zwölf Meter lange und rund zehn Tonnen schwere Trockenwetterschnecke ist gestern in die Kläranlage an der Martin-Luther-King-Straße in der Rheinaue eingesetzt worden. Die vorherige Schraube war rund 40 Jahre im Einsatz und durch den jahrelangen Transport von Abwasser bereits so weit abgenutzt, dass sie ersetzt werden musste.

 Befestigt an Metallketten und mit Hilfe eines Krans wurde die Trockenwetterschnecke in den dafür vorgesehenen Trog eingefügt. Damit ist das Ensemble der vier Förderschnecken im Bad Godesberger Klärwerk wieder komplett.

Befestigt an Metallketten und mit Hilfe eines Krans wurde die Trockenwetterschnecke in den dafür vorgesehenen Trog eingefügt. Damit ist das Ensemble der vier Förderschnecken im Bad Godesberger Klärwerk wieder komplett.

Foto: friese

Mit einem Kran wurde die neue Förderschnecke am Donnerstag von einem Lastwagen gehoben, zu Boden gebracht und einseitig in die Luft gehievt, um einen Winkel von 38 Grad herzustellen. Unter lauten Anweisungen schwebte die Trockenwetterschnecke anschließend meterhoch über die Köpfe der Anwesenden hinweg in Richtung der vorgesehenen Einpassung. Einige Mitarbeiter schossen fleißig Fotos und machten Videos mit ihren Smartphones. Es handelte sich nämlich keinesfalls um einen alltäglichen Vorgang. Die alte Förderschnecke war immerhin seit 1976 in Betrieb.

Noch viel älter ist das Prinzip, nach dem die Metallschrauben arbeiten. Der griechische Mathematiker Archimedes soll im dritten Jahrhundert vor Christus die nach ihm benannte Konstruktion erfunden haben. Die Schrauben drehen sich in einem passenden Trog und fördern auf diese Weise die Flüssigkeit nach oben. „Bis heute gibt es kein besseres Prinzip“, so Peter Esch, Leiter des Bonner Tiefbauamtes.

Die Aufgabe der Förderschnecken sei enorm wichtig. Die Anlage sei so angelegt, dass das unterirdisch im Klärwerk ankommende Wasser später abschüssig durch die Reinigungskammern läuft. „Aus diesem Grund muss es aber zunächst nach oben gefördert werden“, sagte Esch. Danach fließe das Wasser durch die mechanische Reinigung, wo es durch gezieltes Aussieben von Ästen und Steinen befreit werde. Dann folge eine biologische Säuberung, bei der Bakterien beteiligt seien. In einem dritten Schritt werde das Wasser chemisch gereinigt und von Phosphaten befreit, bevor es in den Rhein entlassen werde.

Bei Ausnahmesituationen wie dem Hochwasser am vergangenen Wochenende müssten die beiden letzten Schritte manchmal ausgesetzt werden, weil sonst die Anlage überflutet werde. „Das kommt aber nur etwa fünfmal im Jahr vor“, berichtete Klärwerk-Betriebsleiter Karl-Heinz Isenbeck. Ansonsten sei die Lösung mit den sieben Meter langen Schrauben und einer abschüssigen Anlage nicht nur ökologisch, sondern auch ökonomisch, so Esch. Damit würde das ständige Aufpumpen von Abwasser wie in anderen Klärwerken verhindert. Die Stadt Bonn spare dadurch viel Energie.

In der Bad Godesberger Anlage gibt es gleich vier Förderschnecken – zwei Trockenwetterschnecken sowie zwei Regenwetterschnecken. Letztere hätten einen größeren Durchmesser, weil bei Regen mehr Abwasser in die Kläranlage hineinfließe, so Projektleiterin Josefine Mäsgen. Die kleineren Schrauben förderten 375, die größeren 1240 Liter pro Sekunde. Um diese Zahlen greifbarer zu machen, habe sie die Fördermenge umgerechnet – in Badewannefüllungen. Im Fall der Trockenwetterschnecke seien es zwei und im Fall der Regenwetterschnecke elf volle Badewannen, die pro Sekunde gefördert würden.

Die Trockenwetterschnecke, die gestern in die Kläranlage eingesetzt wurde, muss später noch einbetoniert werden. Die Arbeiten sollen nach Angaben der Stadt im Verlauf der nächsten Woche abgeschlossen sein.

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