50 Jahre Kurfürstenbad "Aschenputtel" hält sich über Wasser

BAD GODESBERG · Das Kurfürstenbad wurde vor 50 Jahren eröffnet. Zweckdienlich oder potthässlich? Die Schließung ist immer wieder ein Thema.

Nein, der Kurfürst persönlich hat in dem nach ihm benannten Hallenbad nicht seine Runden gezogen. Das Kurfürstenbad öffnete nämlich vor 50 Jahren seine Pforten. Wer weiß, ob Fürst Max Franz anno 1790, als er zur ersten Godesberger Badesaison einlud, überhaupt das "Seepferdchen" geschafft hätte. Ihro Gnaden hatte ein Heil- und kein Schwimmbad im Sinn. Vater Rhein floss nicht weit entfernt dekorativ dahin. Ein Heilwasser sprudelte nahe der Redoute aus dem Boden. Und die Besucher wateten auf kurfürstlichen Ruf hin also schlotternd durch kalte Becken à la Kneipp. Da hatte Godesberg also seine "Kaltwasserheilanstalt."

Vor 50 Jahren, genau am 15. September 1964, jedoch wurde erstmals an der Kurfürstenallee 7a das kühle Nass im nagelneuen Kurfürstenbad erwärmt. Und sofort strömten die Wasserratten herbei: 66 000 sollten es bald auch dank reger Nutzung durch Vereine und Schulen im Jahresdurchschnitt bis heute sein. Die Bad Godesberger Ratsfrau Irmgard Gaertner, genannt "Miss Stadtrat", eröffnete mit einem "olympiareifen Sprung" vom Dreimeterbrett die erste Badesaison im Kurfürstenbad, wie damals im General-Anzeiger zu lesen war. Der damalige Bürgermeister der noch selbstständigen Stadt Bad Godesberg, Franz Linz, gestand lächelnd, er wäre eigentlich für diesen sportlichen Auftakt zuständig gewesen. Aber er war dankbar für die attraktive Vertretung. Und schon schwamm eine Nixe auf ihn zu, die den Schlüssel zum Kurfürstenbad vom Boden des Beckens geholt hatte, und ein ganzer schwimmender Nixenreigen entfaltete sich vor den Augen der Festgäste.

Zu Gast waren der belgische Botschafter Remy Baert, Vertreter aus den französischen, englischen, italienischen und belgischen Partnerstädten. 5000 Godesberger besichtigten nach der offiziellen Eröffnung das neue Bad. Nach der damals üblichen Planung waren zwei Prozent der Bausumme für "Kunst am Bau" verwandt worden. Der in Bad Godesberg lebende Künstler Paul Magar hatte ein Mosaik für die Stirnwand der Schwimmhalle geschaffen, das sehr bewundert wurde. Die Godesberger wandten ihre besondere Aufmerksamkeit der Sauna zu, und schon an diesem Tag wurde beklagt, dass die gesamte Einrichtung von Hallen- und Heilbad nicht etwas größer dimensioniert worden sei.

Wie die Autorin dürfte fast jeder, der nach 1964 im Stadtteil seine Kindheit verbrachte, gute Erinnerungen ans Kurfürstenbad teilen. Wenngleich sich natürlich, auch das dürfte fast jeder zugeben, die Schönheit des Gebäudes nicht gerade auf den ersten Blick erschließen ließ und lässt. Man könnte das rein funktional angelegte Bad, so sagen böse Stimmen, auch potthässlich nennen. Besonders, wenn man im Vergleich die nachbarlichen bildschönen Logierhäuser der Rathaus-Zeile betrachtet.

Zweckdienlich erscheint nun zum Jubiläum wohl die rechte Bezeichnung für eine damals moderne Bauweise, die die Vorzüge des Kurfürstenbads schamhaft zu verstecken scheint. Ein 25 mal 12,5 Meter großes Mehrzweckbecken, ein Schwitzbad, Saunen für Damen, für Herren und für gemischte Gruppen hält das Aschenputtel unter den Bonner Bädern vor. Kalt- und Warmwassertauch- und Fußbecken sowie ein Ruheraum sind im Angebot. Das Mehrzweckbecken ist sogar barrierefrei zu erreichen, ein stationärer Poollifter ermöglicht Gehbehinderten einen stufenlosen Beckeneinstieg. In Richtung Redoutenpark steht ein mit Quellwasser gefülltes Außenbecken zur Verfügung. Liegestühle laden zum Verweilen ein. Quellwasser kann unentgeltlich zur Erfrischung getrunken werden. An speziellen Sonntagen kommen die FKK-Nacktbader auf ihre Kosten. Das Kurfürstenbad ist mit öffentlichen Verkehrsmitteln sehr gut zu erreichen: All das sind die Pluspunkte, die die offizielle städtische Beschreibung gerne vermerkt.

Und doch: Als es in den aktuellen Spardebatten darum ging, Gelder einzusparen, kamen Verwaltung und Politik ganz schnell auf die Idee, vorweg das Traditionsbad an der Kurfürstenallee zu schließen. Obwohl es vergleichsweise weniger bezuschusst werden muss als andere. Nach der Bürgerbefragung "Bonns packt's an" wurde die kleinste Schwimmhalle Bonns als erster Streichkandidat gehandelt.

Und dann kam die Überraschung: "Aschenputtel" schnitt im Gutachten einer Hamburger Bäderexpertin unter den Hallenbädern schon wegen seiner soliden Bausubstanz am besten ab. Und den Godesbergern, die oft erst dann zu großer Form auflaufen, wenn eine ihrer Traditionseinrichtungen kurz vor dem Aus steht, gelang es 2013 im Stadtrat, eine Bäderschließung erst einmal abzuwenden.

Seitdem werden für den "wichtigen Standortfaktor" händeringend Investoren gesucht. Auf der Ebene bürgerschaftlichen Engagements stricken die im Schwimmsport aktiven Vereine ein Betreiberkonzept, um die städtischen Kassen zu entlasten. Einig sind sich viele: Eine Schließung des Kurfürstenbads hätte nicht nur für die Schulen und Vereine, sondern auch für den gesamten Stadtteil gravierende Folgen. Und der Kurfürst würde sich im Grabe herumdrehen.

Öffnungszeiten: dienstags von 6.30 bis 8 Uhr und von 13 bis 21 Uhr, mittwochs und freitags von 6.30 bis 8 Uhr und von 13 bis 17.45 Uhr, donnerstags von 6.30 bis 17.45 Uhr, samstags von 7 bis 17 Uhr sowie sonntags und feiertags von 9 bis 17 Uhr. Bis 31. August ist das Kurfürstenbad wegen der Sommerpause geschlossen.

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