Biathlon-Schießanlage der Godesberger Sankt Hubertianer Auf Anfängerglück ist Verlass

BAD GODESBERG · Schützenbruder Karl Arzdorf nimmt das Luftgewehr aus der Tasche und legt es am Schießstand ab. Jetzt lädt er es mit der diaboloförmigen Munition. Sie kommt aus kleinen, blechernen Boxen. Hier und heute soll aufgelegt geschossen werden. Das fünf Kilo schwere und mittlerweile scharfe Gewehr wird also auf einer dafür gemachten Stangen-Konstruktion abgelegt, so dass der Schütze sich auf das Anvisieren der kleinen, schwarzen Biathlon-Scheiben in zehn Metern Entfernung konzentrieren kann. Im Idealfall klappen alle fünf nacheinander um.

 Selbstversuch auf der Biathlonschießanlage der Schützenbruderschaft St. Hubertus Godesberg: GA-Praktikantin Juliane Klug (Mitte) mit Jürgen und Waltraud Schubert.

Selbstversuch auf der Biathlonschießanlage der Schützenbruderschaft St. Hubertus Godesberg: GA-Praktikantin Juliane Klug (Mitte) mit Jürgen und Waltraud Schubert.

Foto: Axel Vogel

Bisher ist die Biathlon-Schießanlage der St.-Hubertus-Schützenbruderschaft den 58 Mitgliedern vorbehalten gewesen. Jetzt konnten zum Osterschießen erstmals auch Besucher darauf und nicht nur auf die herkömmlichen Zielscheiben schießen. Grund genug, selbst einmal probeweise das Luftgewehr durchzuladen.

Biathleten müssen ganze 50 Meter Abstand zwischen ihrem Gewehrlauf und dem schwarz-weißen Klappmechanismus per zielgerichteter Kugel überwinden. Die Schützen aus dem Godesberger Norden nur zehn. Trotzdem fällt das Hineinversetzten in die Wintersportler als Anfänger ohne Vorkenntnisse nicht schwer: Der Puls muss schnellstens beruhigt werden.

Sonst verschwindet der schwarze Punkt der Scheibe bei jedem Herzschlag - und erst recht mit jedem Atemzug - wieder aus dem Sucher, und alles muss neu justiert werden. "In den Bauch atmen", rät Schatzmeisterin und amtierende Bezirksschützenliesel Waltraud Schubert deshalb.

Obwohl die Hubertus-Schützenbruderschaft, die sowohl historischer als auch Sportverein ist, bereits seit 1850 besteht, kann man sie leicht übersehen. Wenn Arzdorf den Weg zum Schützenhaus in der Friesdorfer Straße beschreibt, dann betont er deshalb, dass man bis zum Ende der Straße und vorbei an dem benachbarten Schützenverein müsse, um zu seinen Schützen zu gelangen. Arzdorf ist Schrift- und Protokollführer des Vereins. Seine Tochter hat spaßeshalber vor kurzem ihren zwei- und vierjährigen Nachwuchs angemeldet.

Zum einen hat sie das getan, weil die Mitgliedschaft im Schützenverein in ihrer Familie schon Tradition ist. Aber sie hat es auch getan, weil es dem Verein derzeit genau daran mangelt: an Nachwuchs. Vereinsvorsitzender Jürgen Schubert, der mit seiner Frau Waltraud aktuell als Schützenkaiser (dreimal Schützenkönig) amtiert, vertritt die Theorie, dass der Mangel mit dem Alter zusammenhängt, das die Jugendlichen haben müssen, um schießen zu dürfen.

Mit Einverständnis der Eltern ist es Zwölfjährigen, ansonsten erst 14-Jährigen gestattet, mit einem Luftgewehr zu hantieren. "Wenn die Jugendlichen dann zu uns kommen, dann sind sie meist schon Mitglied in drei, vier Vereinen, und dann ist keine Zeit mehr für noch einen weiteren", meint Schubert.

Eintreten dürfen übrigens auch Frauen. Keine Frage. Zwar existiert nach wie vor die Schützenliesel - eine Schießveranstaltung, die einst als Alibi-Veranstaltung für die Frauen geschaffen wurde, als diese noch nicht an offiziellen Wettbewerben teilnehmen durften - aber seit einigen Jahren können auch Schützinnen ihren Partner und sich zum offiziellen Königspaar schießen. Waltraud Schubert hat das auch schon einmal gemacht.

Während der Unterhaltung betritt ein Schützenbruder, der gleich an einem Wettkampf teilnimmt, den Raum. In seiner Hand ein nicht eingepacktes Gewehr. Es dauert keine zwei Sekunden bis Sportschütze Schubert den eben Eingetroffenen fragt, ob dessen Waffe denn auch gesichert und ungeladen sei.

Der Befragte zeigt daraufhin ein offenes Kläppchen an seinem Sportgerät, das das Geforderte belegt. "Sicherheit ist immer das höchste Gebot", begründet Schubert glaubwürdig. Davon zeugen auch die wuchtigen, stählernen Waffenschränke, die sich einen dunklen Flur weiter befinden.

Jetzt also der Selbstversuch. Die Beine mehr als schulterbreit gespreizt nebeneinander stellen, so dass der Stand sicher und stabil ist. Die rechte Wange kommt auf dem Holzgewehr zum liegen, dessen hinteres Ende dort den Oberkörper berührt, wo Schlüsselbein und Schulter zusammentreffen. Durch den Sucher die linke der fünf in Reihe liegenden, schwarzen Flächen anpeilen. Kurzes Warten, Finger an den Abzug und mit einem leicht metallischen Geräusch verwandelt sich das Schwarz des Zielplättchens in Weiß. Getroffen. Auf Anfängerglück ist eben Verlass.

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