Godesberger und Wachtberger und das Jahr 2017 Auf zu neuen Ufern

BAD GODESBERG/WACHTBERG · Spätestens wenn sich der große und kleine Zeiger der magischen 0-Uhr-Grenze nähern, wird die Frage aller Fragen dem einen oder anderen durch den Kopf schießen: Wie wird es werden, das Jahr 2017? Was ändert sich? Die letzte Frage können einige Godesberger und Wachtberger, mit denen der GA sprach, schon jetzt beantworten.

 Erst Kalifornien, dann Schweinheim, bald Alaska: Die amerikanische Familie Posanka zieht weg aus Bad Godesberg.

Erst Kalifornien, dann Schweinheim, bald Alaska: Die amerikanische Familie Posanka zieht weg aus Bad Godesberg.

Foto: Benjamin Westhoff

Streng genommen ist bei den Beckers schon seit 2016 nichts mehr, wie es war. Im durchaus positiven Sinne. Im April erblickte Livia das Licht der Welt und sorgt seitdem für Leben im Haus. Mit ihrer dann neun Monate alten Tochter wollen Jörg und Kirsten Becker Anfang nächsten Jahres durchstarten. „Wir werden Teile unserer Elternzeit in Neuseeland verbringen“, erzählt die 32-Jährige. Den Reiseführer und die Karten auf dem Tisch findet Livia schon mal interessant. Anders dürfte das mit der langen Anreise ans andere Ende der Welt aussehen. „Wir legen einen Zwischenstopp in Singapur ein“, sagt Vater Jörg (40) beschwichtigend.

In den Südteil der Insel ging 2011 der erste Urlaub der Frischverliebten. Die drei Wochen waren prägend und sollen nun auf zwei Monate ausgedehnt werden. „Fjord, Gletscher, goldene Strände, Urwald, das Land hat wahnsinnig viel zu bieten“, meint Kirsten Becker. Vor allem auch westliche Standards, was ihr in Bezug auf Sicherheit und medizinische Versorgung des Kleinkinds wichtig war.

Aber was mitnehmen, wo doch schon ein Wochenendtrip mit Kindern ein Auto füllt? „Wir haben vor Ort einen Camper und nehmen Kleidung für zwei Wochen mit, dann wird gewaschen“, sagt Kirsten Becker. Für Livias Brei wird ein Dampfgarer nebst Pürierstab gekauft. Die „intensive Zeit“ auf kleinem Raum will die Familie genießen. Denn nach der Rückkehr stehen die nächsten Veränderungen an: Kirsten Becker kehrt wieder als Bereichsleiterin in den Verlag zurück, in dem auch ihr Mann arbeitet. Und Klein-Livia startet mit der Kitaeingewöhnung.

Auf nach Alaska

Mut wäre wohl das, was jeder bräuchte, der sich für mehrere Jahre von Bad Godesberg nach Alaska begibt. „Och, das wird schon“, zeigt sich Aimee Posanka gelassen. Vielleicht auch, weil die 42-Jährige die Reise ins Unbekannte kennt. Im Sommer 2012 war ihr Mann Bill, ein Pilot, von Kalifornien nach Köln/Bonn versetzt worden.

Die Amerikanerin folgte mit ihren Söhnen Reece (7) und Rory (9). Ein Haus, und inzwischen sicher auch eine zweite Heimat, fand die Familie in Schweinheim. Lauscht man Posankas Worten, hört man zwischen den Zeilen raus, wie schwer ihr der Abschied fällt – nicht nur von der neuen Sprache. „Die Kinder haben in der Burgschule tolle Freunde gefunden, und was die Freizeitgestaltung angeht, ist es hier auch fabelhaft“, sagt die 42-Jährige. Wandern in Kottenforst oder Siebengebirge, Radtouren, Shoppen und Kultur, all das haben die Posankas geschätzt.

Wobei die Kinder schon die Vorzüge Alaskas im Blick haben. „Wir können da nach einer Pistolenprüfung jagen und Skifahren“, sagt Rory, der im Sommer nach dem vierten Schuljahr wechseln wird. Das große Plus für seinen Bruder Reece und ihn: In Anchorage gibt es eine zweisprachige deutsche Schule. So werden sie ihre Sprachkenntnisse nicht verlieren. „Außerdem schreiben und lesen wir lieber auf Deutsch, sprechen aber lieber auf Englisch“, sagt Reece. Trotz Zeitverschiebung von neun Stunden sind die Jungs zuversichtlich, ihre Schweinheimer Freunde nicht aus den Augen zu verlieren – danke E-Mail und Skype.

Studium mit 44 Jahren

Drei Kinder, ein Mann, ein Haus, ein Beruf – langweilig ist Anne Grund eigentlich nie. Doch manchmal war da dieses Gefühl, das etwas fehlt. Seit Kurzem weiß die Lannesdorferin: Sie möchte mit 44 Jahren studieren. Mit damals einem Kind war die Marketingfachfrau ihrem Mann zuliebe von Mainz nach Bonn gezogen, hatte den Job in Frankfurt als Telearbeitsplatz mitgenommen.

Als die Agentur schloss, machte sie freiberuflich weiter. „Als mein Jüngster in die Schule kam, wollte ich wieder richtig arbeiten, aber mir wurden nur Jobs von 9 bis 17 Uhr angeboten“, erzählt Grund. Das war ihr mit drei Jungs zwischen mittlerweile acht und 14 Jahren zu viel. Sie hörte auf ihr Bauchgefühl: „Ich habe ein Herz für Kinder und finde vor allem die Kleinkindphase spannend.“ Sie besuchte Fortbildungen in Köln und leitet seit zweieinhalb Jahren für die Elternschule Kaden in Bonn Eltern-Kind-Kurse.

Warum aber jetzt die Idee mit dem Studium? „Ich habe mir viel Wissen angelesen, aber ich merke, das reicht mir nicht mehr“, meint Grund. Was sie reizt, ist die U 3-Betreuung, in der sie nach dem Studium der Pädagogik für Kindheit und Familie erst mal tätig sein möchte. Eine Ausbildung war für sie keine Alternative: „Ich sehe mich nicht mehr mit 16-/17-Jährigen in der Berufsschule.“ Derzeit traue sie sich noch, denn: „Wenn ich fertig bin, habe ich noch 20 Berufsjahre vor mir.“

Freiwillig ins Seniorenheim

„Hier ist meine Küche, hier mein Esszimmer, da mein Flur und mein Bett und jetzt sind wir im Wohnzimmer.“ Was Ingeborg Ruhnau flott über die Lippen geht, hat bei ihren beiden Töchtern für Kopfschütteln gesorgt. Vor Kurzem hat die 83-Jährige ihre 126,5 Quadratmeter große Eigentumswohnung im Villenviertel aufgegeben, um in ein 35-Quadratmeter-Apartment im Haus Emmaus in Plittersdorf zu ziehen. Den Anstoß hatte ein Krankenhausaufenthalt im Sommer gegeben.

„Danach habe ich mich nicht gut gefühlt“, sagt das engagierte Mitglied der Christuskirchengemeinde. Als solches hatte sie sich schon seit zehn Jahren ehrenamtlich im Seniorenheim an der Gotenstraße engagiert. So wusste sie nicht nur, wohin sie kam, sondern auch ganz genau, dass sie dorthin wollte. „Es ist ein wunderbares Team hier, und ich habe sogar einen Balkon“, sagt die mittlerweile wieder fitte Seniorin.

Trotzdem gibt es Momente, in denen die frühere Angestellte des Bundeskriminalamtes schlucken muss. „Ich hatte wahnsinnig viele Bücher und Noten, die ich alle verschenkt habe.“ Vor allem die Noten vermisst die langjährige Chorsängerin. Sekretär, Teppiche, Fernseher, Bett und Sessel durften dagegen mit. „Alle anderen Möbel habe ich verschenkt“, erzählt sie ohne Wehmut. Stolz zeigt sie das Foto, auf dem ein syrisches Flüchtlingsmädchen inmitten von Ruhnaus opulenter Esszimmereinrichtung sitzt. „Ist doch wundervoll, alles ist in guten Händen.“

Sie hat die Erkenntnis gewonnen, dass man mit sehr wenig leben kann - nur die Küchennische in ihrem Apartment ist ihr zu klein. „Deshalb geh' ich immer im Gemeinschaftsraum essen“, so die 83-Jährige. Hat sie Respekt vor dem ersten Frühjahr, dem ersten Sommer im neuen Umfeld? „Nein, ich bin offen für Neues.“

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