Der Duft der weiten Welt Ausstellung zur Dior-Modenschau aus dem Jahr 1952

BAD GODESBERG · Die Ausstellung mit Bildern von Heinz Engels dokumentieren eine Dior-Modenschau in Bad Godesberg aus dem Jahr 1952. Ein Hauch der großen mondänen Welt wehte durch die Stadt.

 Simone führt das Modell "Colette" vor.

Simone führt das Modell "Colette" vor.

Foto: Heinz Engels

Die feurige Ungarin Angelina, die groß gewachsene France, die feine Jane, der anmutige Star Lucky, die Legende Marie-Thérèse, das Küken Simone und Tania: Man kann sich leicht vorstellen, was diese wunderschönen Dior-Mannequins unter der Regie des "Chef de Cabine", Baronin de Turckheim, genannt "Tutu", im März 1952 in Bad Godesberg auslösten.

Ein Hauch der großen mondänen Welt wehte durch die Stadt, für 54 Mark (bei einem durchschnittlichen Monatseinkommen von rund 321 Mark) tauchte, wer es sich leisten konnte, in diesen Traum ein, schwelgte ein paar Stunden beim Defilee der Mannequins in der Redoute. Sie präsentierten die Frühjahrs- und Sommerkollektion "Ligne Sinueuse" (Wellenlinie) frisch aus Paris - eine absolute Sensation. Herrlich fließende Roben mit Namen wie "Nuit de Chine", "Lili" oder "Jean Cocteau", unerschwingliche schulterfreie Cocktailkleider, etwas Legeres für den Nachmittag wie "Jonquille" (Osterglocke) mit passendem Cardigan - 80 Meisterwerke umfasste die in der Redoute präsentierte "Ligne Sinueuse" von Dior.

Einen Steinwurf entfernt, im Haus an der Redoute, sorgt die spektakuläre Dior-Modeschau nun 60 Jahre später erneut für Aufsehen. Anlass ist ein faszinierender Bilderschatz. Dass nämlich 30 dieser Roben aus dem Jahr 1952 im Foto dokumentiert wurden, davon wusste lange Zeit nicht einmal das Dior-Archiv in Paris, das die Entwürfe, aber nicht Fotos der Kollektionen sammelt. Auch der langjährige Fotograf des General-Anzeigers, Heinz Engels, hat "keinerlei Erinnerung" an Dior. "Ich habe so viele Modenschauen fotografiert", sagt er, einer der bedeutendsten Chronisten der frühen Bonner Republik.

Dior und Bad Godesberg: Auf diese bizarr anmutende Paarung war die Mitarbeiterin des Bonner Stadtarchivs, Sabine Krell, beim Stöbern in einem Berliner Museumsshop gestoßen. Im Buch "Dior and Germany" fand sie Hinweise auf die Modenschau in der Redoute. "Wenn wir Fotodokumente davon haben, dann von Heinz Engels oder Georg Munker, den beiden Chronisten jener Jahre", sinnierte sie. Zurück in Bonn wühlte sich Krell durchs Magazin. Der Fundus von über sieben Millionen Bilddokumenten aus der Geschichte Bonns beinhaltet auch 80.000 Fotos allein von Heinz Engels. Und darunter fand Krell eine Bilderstrecke, die die Modenschauen vom 14. und 15. März 1952 dokumentiert und jetzt in großen Reproduktionen im Haus an der Redoute zu sehen ist.

Zwar kann sich der 83-jährige Fotograf nicht mehr an Dior in Godesberg erinnern, aber wohl an die schwierigen Zeiten unmittelbar nach dem Krieg. "Es war sehr kompliziert, an Fotomaterial zu kommen, manchmal bekam ich nur Reste von den Wochenschauen", erzählt Heinz Engels. Den Bildern sieht man die schwierigen Zeiten nicht an: Gestochen scharf, exzellent komponiert und fein ins richtige Licht gesetzt, präsentiert er die Mannequins, die Madame Jacqueline François-Poncet, die Gattin des Französischen Hochkommissars, nach Bad Godesberg geholt hatte. "Das war ein erster Baustein zu den deutsch-französischen Beziehungen, die später intensiver wurden", sagt Sabine Krell.

Ihr ist es gelungen, Engels Fotografien und einige Aufnahmen von Munker in den Zeitkontext der 50er Jahre zu stellen. Dazu gehören Presseberichte aus dem General-Anzeiger und Illustrierte wie "Elegante Welt", "Elle" und "Constanze", aber auch ein Blick auf die reale modische Situation Anfang der 50er Jahre in der Region. Eine Bilderwand von Engels zeigt Bonnerinnen und Bad Godesbergerinnen jener Jahre, wie sie sich gaben, was sie anhatten. Diese biederen Kostüme der 40er vor Augen, ahnt man die Brisanz von Dior in Bad Godesberg.

Haus an der Redoute, Kurfürstenallee 1a, Bad Godesberg; bis 2. September. Di, Do-So 10-19, Mi 10-21 Uhr. Katalog 8 Euro

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