Abiturienten trotzen in Bad Godesberg dem Regen Autokorsos und Feiern am letzten Schultag auf der Rigal‘schen Wiese
Bad Godesberg · Mit spontanen Autokorsos haben die Feiern der Bad Godesberger Abiturienten zu ihrem letzten Schultag begonnen. Vor den Prüfungen gibt es Partys auf der Rigal‘schen Wiese und im Brückenforum in Beuel.
Kurz stoppt die Musik. Dann dröhnt es aus den Boxen: „Hinsetzen, hinsetzen!“ Wenige Sekunden später springen die Bonner Schülerinnen und Schüler auf, hüpfen durcheinander und rufen gemeinsam: „Wir singen Abi-Abi-Abi-Abitur.“ Etwa 1200 Leute sollen es laut Angaben von Veranstalter Max Sieger sein, die sich am Freitag auf der Rigal‘schen Wiese in Bad Godesberg versammelt haben, um ihren letzten Schultag zu feiern. Die meisten von ihnen tummeln sich vor der Bühne, auf der im Laufe des Tages gleich mehrere DJs auflegen und aus der immer wieder Flammen emporschießen.
Die Stimmung am Nachmittag ist trotz des tristen Wetters ausgelassen. Immer wieder strömen weitere Schülergruppen durch die kleinen Pavillongruppe am Einlass. Viele von ihnen mit einer Plastikflasche ausgestattet. „Einen Liter dürfen sie mitnehmen“, erklärt ein Mitarbeiter, der die Kontrollen überwacht. Außerdem ist ein aktueller Corona-Schnelltest Pflicht. Die Schüler, die es bereits auf das umzäunte Innengelände geschafft haben, verteilen sich auf den Menschenpulk vor der Bühne und kleinere Grüppchen, die sich auf der hinteren Freifläche oder unter den seitlich aufgebauten Pavillons versammeln. Fast alle von ihnen haben – mit Ausnahme der noch bevorstehenden Abiturprüfungen – an diesem Freitag den letzten Tag an ihrer Schule verbracht.
Schon in der Schule wurde gefeiert
„Ich habe nicht länger als eine halbe Stunde geschlafen“, berichtet Victoria, die ihren letzten Schultag vor den Abiprüfungen am Aloisiuskolleg verlebt hat. Gemeinsam mit ihren Klassenkameraden hatte sie bereits am frühen Morgen die Schule für den Abistreich geschmückt – quasi die Party vor der großen Party. „Wir haben einen Lastwagen organisiert, auf dem wir gefeiert haben“, so die angehende Abiturientin, die zugibt, nach den vielen Aktionen nun auch ein wenig müde zu sein.
Auch an der Bonner Liebfrauenschule hatten sich die Schülerinnen etwas Besonderes für ihren Abschiedstag überlegt. Nachdem die ersten zwei Stunden ausgefallen und eine Belehrung zu den Abiturprüfungen im Anschluss überstanden waren, versammelten sich die Mädchen des Abschlussjahrgangs auf dem Parkplatz, um ihre oder die Autos ihrer Eltern zu bemalen. „Fast die ganze Stufe war unterwegs“, sagt die 17-jährige Hala. „Es wurde teilweise sehr emotional und es wurde viel geheult.“ Als alle Tränen schließlich getrocknet und der erste Abschiedsschmerz überwunden war, ging es hupend und johlend in Richtung Rigal‘sche Wiese. Da die Stadt Bonn einen großen Autokorso in diesem Jahr nicht genehmigt hatte, zogen spontan gleich mehrere Gymnasiasten in kleinen PKW-Gruppen durch die Godesberger Innenstadt. Unter ihnen auch Absolventen des Päda, die einen Wagen mit pinker Sprühfarbe und ebenfalls pinken Luftballons in den Ziffern 2022 verziert hatten. Die Polizei, die an der Rigal‘sche Wiese Präsenz zeigte, schritt nicht ein und ließ die Schüler gewähren. Auf Anfrage teilte Polizeisprecher Michael Beyer mit, dass es bis zum frühen Nachmittag keine Zwischenfälle gegeben habe.
Von einem geregelten Ablauf ohne größere Zwischenfälle berichtete am Nachmittag auch Veranstalter Max Sieger, der das traditionelle Abiturientenfestival gemeinsam mit Yannick Fugenzi nach zwei Jahren Pause erneut auf die Beine gestellt hat. Beide hatten 2016 selbst ihr Abitur absolviert und die Feier auf der Rigal‘sche Wiese mitorganisiert. Im Jahr darauf kam die Stadt Bonn auf die beiden zu. „Der Stadt war das Risiko zu hoch, das etwas passiert“, erzählt der 25-jährige Sieger. „Wir haben es scheinbar gut gemacht und vielleicht wäre die Veranstaltung ohne uns sogar ausgestorben.“ Heute richten die beiden Veranstalter das Abifestival über ihr gemeinsames Unternehmen Flatline Event aus.
Bunte Pullover mit kreativen Mottos
Bis auf einige Schwierigkeiten beim Aufbau der Bühne, der durch den Sturm am Vortag erschwert worden war, sei der Ablauf mittlerweile reibungslos und eingespielt. „Es ist von Jahr zu Jahr größer geworden“, sagt Sieger. „Heute sind Schüler von über 20 Schulen hier.“ Tatsächlich herrscht auf dem Platz ein wahres Durcheinander von farbigen Abiturpullovern. Sprüche wie etwa „Bacabi – Alles ist Rum“, „Everything‘s gonnabi alright“ oder „Abi Makers - Mehr Punkte geholt als die Lakers“ sind bei Vertretern des Ernst-Kalkuhl-Gymnasiums, Friedrich-Ebert-Gymnasiums und der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule zu lesen.
„Mein Lieblingsspruch ist definitiv ‚Unsere Schule war öfter dicht als wir‘“, meint Brita Kirschner, die als Vertreterin der ambulanten Suchthilfe mit ihrem Event-Sprinter vor Ort ist. An dem zum Stand umfunktionierten Wagen bietet Kirschner in Unterstützung von einigen Jugendlichen nichtalkoholische Getränke und Snacks an. „Wir sind heute aber nicht hier, um über Sucht und Drogenkonsum aufzuklären“, so Kirschner. „Wir wollen einfach eine Kontaktstelle für die Abiturienten sein und helfen, wenn es nötig ist.“ Bis zum Nachmittag sei dies allerdings nur bei einer Schülerin der Fall gewesen. „Es ging dann aber schnell wieder. Mittlerweile ist sie wieder da drüben“, so Kirschner und zeigt in Richtung Bühne.