Heiderhof und Schweinheim GA-Redakteur auf Stadtsafari in Bad Godesberg

Heiderhof/Schweinheim · Ein Godesberg-Neuling betrachtet die Ortsteile mit den Augen des Erstbesuchers – und mit unverstelltem Blick auf die Dinge. GA-Redakteur Alexander Barth hat für diesen Teil der Serie seine Eindrücke aus Heiderhof und Schweinheim aufgeschrieben.

 Blick Richtung Mitte: Das Heiderhof Center samt Hochhaus in Sanierung.

Blick Richtung Mitte: Das Heiderhof Center samt Hochhaus in Sanierung.

Foto: Alexander Barth

Wer Bad Godesbergs jüngsten Ortsteil erkunden möchte, muss einigermaßen hoch hinaus. Nicht allzu viele befestigte Wege führen auf den Berg zu der Siedlung, die ihren Namen von einem längst verschwundenen Gut erhalten hat und heute Bonns höchstgelegenen Ortsteil prägt. Streng genommen ist es nur eine ausgebaute Zufahrt, auf der die rund 100 Höhenmeter ab Muffendorf überwunden werden können. Anderswo braucht es mehrere Ortsteilschilder an den Einfallrouten, in Heiderhof genügt augenscheinlich ein einziges. Oben erwarten den Stadtreisenden vor allem Bebauung und Strukturen, die selten älter als etwa 50 Jahre sind.

Der gemütlich klingende Name Goldbachweg ist einigermaßen irreführend. Die Verkehrsader befördert herauf und herab, wen und was es her- und fortzieht. Das ist neben materieller auch humane Logistik, früher wie heute gilt Heiderhof eher als Schlafstadt denn als pulsierendes Ortsgefüge. Einst hatte das Konzept Trabantenstadt für diese Siedlung am Reißbrett gesorgt, nahezu unabhängig vom Godesberger Strukturen sollte sie funktionieren.

Bauformen verschiedener Größen, Kapazitäten und Epochen

Wo zu Hauptstadtzeiten maßgeblich Behörden- und Staatsbedienstete nicht selten in Solo-Zuständen gelebt haben sollten, prägen heute jüngere Familien das Bild. Sie bewohnen die Bauformen verschiedener Größen, Kapazitäten und Epochen an den diversen Abzweigungen der beiden Ringe sowie des Pappelwegs. Langzeitbewohner müssen mit dem Alter nicht unbedingt weichen, etliche sind dem Heiderhof in verschiedenen Senioreneinrichtungen treu geblieben. Sie dürften allerdings auch am längsten mit dem Fehlen von gewachsenen Strukturen hadern. Auch für die Jüngeren sind Angebote rar, das Jugendzentrum Heiderhof leistet wertvolle Arbeit.

 Dicht bebaut, trotzdem viel Grün: Straßenbeete in Heiderhof.

Dicht bebaut, trotzdem viel Grün: Straßenbeete in Heiderhof.

Foto: Alexander Barth

Qua seiner verhältnismäßig kurzen Existenz verläuft die Suche nach einem zentralen Platz ergebnislos. Als anziehungsfähige Mitte geht wohl am ehesten das Heiderhof Center durch. Von außen eher wie eine moderne Festung wirkend, offenbart sich nach Durchschreiten eines der schmalen Zugänge ein karger Innenhof, die aufgestellten Palmen eines Eiscafés bemühen sich um so etwas wie Flair. Der Supermarkt versorgt mit dem Lebenswichtigen und taugt offensichtlich auch als Begegnungsort. So finden Gespräche unter Nachbarn zwischen Regalen statt, die anderswo auf Bänken oder Plätzen passieren.

Eine Früher-Heute-Bestandsaufnahme

Neben besagtem Eiscafé und dem Supermarkt halten sich unter anderem ein Kiosk samt Post-Shop, ein Frisör-Salon, eine Änderungsschneiderei – viel mehr geht nicht, einige Ladenlokale sind verwaist. Im vergangenen Jahr hat die Verwaltung Plänen einer Investorin zugestimmt, nahe dem jetzigen Center einen neuen Lebensmittelmarkt und weitere Wohnungen zu bauen. Ob die Gestaltung eines zentralen Aufenthaltsortes zum Konzept gehört, ist nicht bekannt. Eine ältere Frau, die mit ihrem offensichtlich hoch betagten Vater den kleinen Platz überquert, liefert eine Früher-Heute-Bestandsaufnahme: „Es hat sich einiges verändert. Ich bin vor einigen Jahren weggezogen, wir haben jetzt Freunde besucht. Der teilweise Leerstand macht es richtig trist, auch wenn die Sonne scheint.“

 Der Waldfriedhof ist ein Ruheort auf buchstäblich vielen Ebenen.

Der Waldfriedhof ist ein Ruheort auf buchstäblich vielen Ebenen.

Foto: Alexander Barth

Dass Heiderhof auch ein Ort des Wassers ist, lässt sich nur mit gewissem Expeditionsdrang entdecken. Auf der Suche nach historischen Spuren ist der Blick durch Gestrüpp vonnöten, immer dem Plätschern großer Pumpen nach. Im Viertel östlich des Heiderhofrings, befinden sich mehrere große Teiche, die allerdings die unmittelbaren Anwohner quasi exklusiv für sich haben. Die Recherche ergibt: Hier handelt es sich um ehemalige Tagebaugruben, die im vorletzten Jahrhundert Quarzit hervorbrachten. Während die Wasserflächen nur stark begrenzt der Naherholung dienen, freut sich sicher nicht nur der Neuling über eine entschleunigte Oase unter Bäumen: Der Waldfriedhof ist ein Ruheort auf buchstäblich vielen Ebenen.

Kleine und dichtgedrängte Häuser

Ortswechsel: Ebenfalls von Hanglage geprägt, aber deutlich historischer gewachsen und vor allem gen Südwesten maßgeblich ins Grüne ausufernd, präsentiert sich Schweinheim dem neugierigen Erstbesucher. Was Heiderhof an Geschichte fehlt, manifestiert sich im Schatten der Godesburg – die schon nicht mehr im Stadtteil liegt – unter anderem am Beispiel einer Kapelle mit Ursprung im 17. Jahrhundert. „Bis hierher ging die Pest im Jahre 1666“, steht über dem Portal an der Walburgstraße. Dass sie bekanntlich auch wieder weiterzog, belegen vor allem kleine und dichtgedrängte Häuser im Stern ausgehend von der heutigen Straßenkreuzung.

 Beispiel für die Historie des Ortsteils: Die Pestkapelle in Schweinheim.

Beispiel für die Historie des Ortsteils: Die Pestkapelle in Schweinheim.

Foto: Alexander Barth

Großflächig, aber nur zum Teil besiedelt, vereint Schweinheim etliche Facetten: Die Verwaltungsstruktur drückt die Siedlung mit ihren etlichen Dorf-Insignien einerseits an den Rand der Innenstadt, andererseits liegen geschätzt zwei Drittel im Wald. Dazu ein bisschen Villenviertel, ein wenig (Welt-)Politik und eine Portion moderne medizinische Infrastruktur, so ist der Safari-Gänger am Ende noch einigermaßen überrascht: Zwischen Fachwerk und bürgerlicher Wohngemütlichkeit weht neben den Farben Schwarz-Rot-Gold auch die Regenbogen-Fahne.

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