Juco in Bad Godesberg 50 Jahre Betreuung, Bildung, Beratung
Muffendorf · Kürzlich ist die 90-jährige Juco-Gründerin Lilo Weber-Höller gestorben. Das internationale Familienbegegnungszentrum Jugendcolloquium blickt dankbar zurück und feiert 50-Jähriges.
Die 50-Jahr-Feier musste 2021 wegen der Pandemie ausfallen. Doch nach dem Tod seiner Gründerin Lilo Weber-Höller in diesem Jahr blickt der Verein Jugendcolloquium (Juco) nun mit Dankbarkeit auf ein halbes Jahrhundert engagierter Jugend- und Familienarbeit in der ehemaligen Muffendorfer Schule zurück.
„Dem ursprünglichen, von Lilo Weber-Höller geprägtem Gedanken der offenen interkulturellen Begegnung und Verständigung aller Kulturen, Nationen und Religionen sowie dem gelebten Anspruch auf Offenheit, Toleranz und seinem Willkommen heißendem Umgang mit Verschiedenheit bleibt das Juco in seinen Grundsätzen bis heute treu“, erklärt Nicole Riquier. Mit Raya Limbach und Ellen Breinker stemmt Riquier die seit zehn Jahren hauptamtliche Vorstandsarbeit der internationalen Familienbegegnungsstätte.
Weber-Höller sei in ihrem offenen Denken ihrer Zeit weit voraus gewesen und habe unermüdlich neue Wege zu gehen gewagt, die eben auch heute richtungsweisend seien, betont Riquier. Kulturelle Vielfalt zu begrüßen und innerhalb von Inklusion auch besonders zu fördernde Kinder weiter zu betreuen, diese Aufgabenstellungen habe Weber-Höller schon vor Jahrzehnten eingeführt.
Ihr Herzensprojekt, das sie anfangs in beengten Räumen an der Max-Franz-Straße gestartet hatte, habe sich in den fünf Jahrzehnten schließlich von einer reinen offenen Tür (OT) für Kinder und Jugendliche über eine OT mit Schülerbetreuung zum heutigen Familienzentrum mit Kindertagesstätte entwickelt, erläutert die studierte Diplomsportlehrerin Riquier, die selbst seit 1995 als pädagogische Leiterin an Bord ist.
Vor elf Jahren hatte die jetzt mit 90 Jahren verstorbene Gründerin Weber-Höller zahlreiche Weggenossen, Kolleginnen und Freunde zum damals 40-Jährigen des Juco begrüßt, wie der GA 2011 berichtete: eine kleine, zarte, aber mit ihren damals 80 Jahren noch starke Frau, die die Geschäfte von da an in jüngere Hände legen sollte.
Erfüllte Jahrzehnte
Es seien erfüllte Jahrzehnte gewesen, in denen sie das internationale Familienbegegnungszentrum aufgebaut und Barbara Genscher als Schirmherrin gewonnen hatte, blickte Weber-Höller bei der damaligen Feier zurück. Sie selbst war eine Institution gewesen, vor der ein früherer Jugendamtsleiter seinen Nachfolger gewarnt haben soll: „Sie ist sehr nett, hat super Projekte, aber wenn die einmal den Fuß in die Türe setzt, dann geht sie da nicht mehr raus“. Weber-Höller pflegte auf diese Legende mit schallendem Lachen zu reagieren.
Inzwischen ist das Juco in der ausgebauten ehemaligen Muffendorfer Schule weiterhin Treffpunkt für Jung und Alt. „Unter unserem Dach bieten wir Familien aus Muffendorf, aber auch dem übrigen Godesberg ein vielfältiges Betreuungs-, Beratungs- und Bildungsangebot“, erläutert Riquier. 32 Kinder, auch Pänz unter drei Jahren, werden aktuell in der Tagesstätte betreut. „Unser Markenzeichen ist die familiäre Atmosphäre. Jeder kennt jeden. Wir sind ein kleiner Verein“, berichtet Riquier. Bis zu 30 Personen nutzten die Eltern-Kind-Gruppen, an die 20 das Eltern-Kind-Turnen.
Im Bildungsbereiches gingen bis zu 50 große und kleine Nutzer ein und aus. „Ob Bewegung, Tanz, Yoga, Musik oder Kreatives für Menschen aller Altersstufen – unsere Kurse, Workshops, Themenabende, Ferienabenteuer und Geburtstagsfeiern bieten für jeden unter einem Dach das passende Angebot“, sagt Riquier.
Als wichtig sehe sie auch die kostenlose offene Familienberatung an, die Familien eine erste Soforthilfe bei Konflikten biete, führt die Vorstandsvertreterin aus. Auch Themenabende kreisen im Juco über Fragen zu Aggression unter Kindern oder wie man im Zweifelsfall Kindern Grenzen setzen könne. „Es gibt viele Unsicherheiten in Erziehungsfragen“, so Riquier. Zudem sei es ja nicht so, dass die Möglichkeit, Kinder heutzutage schon unter einem Jahr in die Kita schicken zu können, immer eine selbstverständliche und sorgenfreie Betreuungssituation zur Folge habe, weiß Riquier, die die Entwicklung seit Jahrzehnten verfolgt. „Eltern sehen dann oft, dass sie nicht einfach in Ruhe arbeiten können, wenn ihre Kleinkinder krank sind.“ Da komme Druck auf, mit dem viele Familien nicht gerechnet hätten.
Große Herausforderungen
Natürlich stehe auch das Juco als Kita und Familienzentrum in den kommenden Jahren vor großen Herausforderungen, sagt Riquier. Man werde sich weiterhin veränderten gesellschaftlichen Anforderungen anpassen und dem Fachkräftemangel beikommen müssen. „Momentan freuen wir uns aber über eine gute Personaldecke“, so Riquier. Außerdem müsse man als kleiner Verein die Inflation und vor allem die Entwicklung der Energiepreise im Auge behalten. Hier erhoffe man sich auch Unterstützung vom Paritätischen Dachverband.