Besuch auf der Wacholderhöhe Was bedeutet den Godesbergern ihr Bismarckturm?

Bad Godesberg · Auf der Wacholderhöhe in Bad Godesberg fristet der 1902 eingeweihte Bismarckturm ein eher tristes Dasein. Das Bauwerk ist derzeit eingezäunt, eine Sanierung ist geplant. Hat die sichtbare Erinnerung an den „eisernen Kanzler“ für die Menschen noch eine Bedeutung?

 Derzeit hinter Gittern: Der 1902 errichtete Bismarckturm in Bad Godesberg.

Derzeit hinter Gittern: Der 1902 errichtete Bismarckturm in Bad Godesberg.

Foto: Alexander Barth

Die sichtbare Erinnerung an den „eisernen Kanzler“ wird in Bad Godesberg seit Monaten von einem Bauzaun umrahmt. Der markante Bismarckturm an der Elisabethstraße fristet 120 Jahre nach seiner Einweihung ein tristes Dasein. 1902 war der nach Otto von Bismarck benannte Turm im Zuge einer damals regelrechten Verehrungswelle eingeweiht worden, die auch zum Bau am Hang unterhalb der mittlerweile ehemaligen Internatsvilla Stella Rheni führte.

Noch kein Zeitplan für die Sanierung

Während anderswo erhaltene Türme als touristische Aussichtspunkte ausgebaut und genutzt werden, ist davon am Hang im Bonner Süden nichts zu spüren. Eine Sanierung ist zwar in Sicht, ein Zeitplan aktuell nicht. Im Zuge dessen stellt sich die Frage: Ist in seinem Schatten überhaupt noch ein Bewusstsein vorhanden für das Bauwerk und den Namensgeber?

Unweit der Zufahrt zur Stella Rheni an der sogenannten Wacholderhöhe ist der Bismarckturm selbst in diesen Tagen und wohl auch schon seit Längerem kein Anziehungspunkt mehr – anders dürfte es in den Jahren bis 1955 ausgesehen haben, als er noch zu begehen war. „Das olle Ding“, sagt ein zufällig vorbeikommender älterer Passant, der einzige in rund 20 Minuten an einem trüben Dezember-Mittwoch: „Der Turm steht für mich für eine schreckliche militaristische und erzkonservative Zeit, sonst nichts.“ Ob man ihn denn erhalten solle? „Meinetwegen, aber nur als Mahnmal dafür, welche Zeiten man nicht wiederhaben möchte: Nämlich solche, wo Adel und Militär das Sagen haben.“

170 Bismarcktürme in Deutschland

So wie das Moos den Sockel mittlerweile bewuchert, so scheint die einstige Bedeutung vom Fortgang der Geschichte überdeckt zu sein. Rund 240 Bismarcktürme soll es verschiedenen Quellen nach quer über Deutschland verteilt gegeben haben, heute sollen es noch rund 170 sein. Eine erklärende Tafel am Bauwerk fehlt, sie könnte ein Schritt in Richtung zeitgemäßer Erinnerungskultur sein, wie sie an etlichen Orten in Deutschland mittlerweile praktiziert wird.

So erfahren die Menschen, die sich auf der hangseitigen Bank niederlassen, bis auf weiteres nicht mehr als die blanken Daten, die auch im Turm selbst verzeichnet sind: Für den Bau verantwortlich war das Godesberger Unternehmen Theodor Wilhelm Düren.

Ein paar Hundert Meter weiter äußern sich vor dem Gebäude des Aloisiuskollegs (Ako) zwei Schüler auf spontane Nachfrage unterschiedlich: „Keine Ahnung“, erklärt der eine, „Der Name stammt von Otto von Bismarck“, erklärt der andere zutreffend. „Aber das weiß ich nur, weil der Name im Unterricht gefallen ist und mein Opa mal berichtet hat, dass man dort früher auch raufgehen konnte.“ Dort raufgehen, das bedeutet: Durch eine schmale Tür führen Stufen auf eine freie Ebene am oberen Ende des rund 20 Meter hohen Turms.

Unterhalb der Höhe erinnert ansonsten ein Straßenname an den prominenten „Nachbarn“. Doch wissen die Anwohner der Straße „Am Bismarckturm“ überhaupt, in wessen Umfeld sie leben? Auch hier zeigt sich auf Nachfrage diese wie jene Lage: Fragendes Schulterzucken einerseits bei einem Familienvater, der aus einem Mehrparteienhaus tritt. Andererseits die Aussage eines Seniors: „Ja, weiß ich, Bismarck, aber das ist ja niemand, auf den man als freiheitlich denkender Mensch stolz sein kann.“ Einen womöglich einmal wieder einzurichtenden Aussichtspunkt fänden hingegen beide interessant. „Dann hätte man mal etwas zum Zeigen für Besuch“, sagt der Familienvater.

Neben dem Godesberger Exemplar befindet sich auf Bonner Gebiet ein weiteres auf dem Gelände der Rheinaue. An den 1893 erbauten und 1912 abgerissenen hölzernen Bismarckturm auf dem Venusberg erinnert heutzutage außer in der Literatur nichts mehr.

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