Kundenrückgang vor Schließungen Bad Godesberger Händler bangen um ihre Zukunft

Bad Godesberg · Schon vor den drastischen Maßnahmen der Bundesregierung verzeichnen viele Händler in Bad Godesberg einen Kundenrückgang. Der Verein Stadtmarketing Bad Godesberg hilft seinen Mitgliedern und gibt Informationen über staatliche Hilfen und rechtliche Möglichkeiten.

 Am Montag waren zwar einige Bad Godesberger in der Innenstadt unterwegs, die Geschäfte aber blieben vielfach leer.

Am Montag waren zwar einige Bad Godesberger in der Innenstadt unterwegs, die Geschäfte aber blieben vielfach leer.

Foto: Axel Vogel

18 Grad und Sonne sind bei Katrin Ritzeler normalerweise Garanten für einen guten Geschäftstag. Aber da derzeit angesichts des Coronavirus wenig normal ist, wartet sie in ihrer „Saftoase“ am Theaterplatz auf Kundschaft. „Das Wetter ist schön, aber die Stadt ist relativ leer“, stellt Ritzeler fest. Ihre größte Sorge angesichts der Ankündigungen der Bundesregierung: „Wenn die Geschäfte geschlossen werden, weiß ich nicht, ob ich zur Lebensmittelbranche zähle oder nicht.“ Zur Stärkung der Abwehrkräfte empfiehlt sie Ingwer – und Mango, die nämlich mehr Vitamin C enthalte als Orange.

Vor ganz andere Probleme sieht sich Axel Bergfeld mit seinem Bio-Supermarkt gestellt. „Wir arbeiten aktuell mit einer Rumpfmannschaft und öffnen deshalb jetzt erst um 10 Uhr, samstags um 9“, so der Geschäftsführer des Ladens an der Alten Bahnhofstraße. So sei unter anderem eine Mitarbeiterin in Quarantäne, weil ihre Mitbewohnerin positiv getestet wurde, und einer, weil er ein Rückkehrer aus Italien sei. Zudem gebe es noch Mütter, die nun ihre Kinder zu Hause versorgen müssten, und die normalen Krankschreibungen. Man sei deshalb besorgt, weiter arbeitsfähig zu sein: „Zumal unsere Kundschaft zwar nicht in Panikkäufe verfällt, aber nach wie vor rege kommt.“

 Als „mittelmäßig“ stuft Barbara Ter-Nedden von der Parkbuchhandlung den Kundenverkehr ein. „Wir hatten schon in den letzten zwei Wochen merklich weniger Besuch, weshalb ich zwei Angestellte in Urlaub geschickt habe“, so die Inhaberin. Wer garantiert virenfrei kaufen will, kann telefonisch ein Buch  bestellen. „Dann schwingt sich baldmöglichst jemand aufs Rad und bringt die Lektüre vorbei“, so die Inhaberin.

Auch wenn die Verlautbarungen von Bundeskanzlerin Angela Merkel am Abend anderes vermuten lassen, zeigt sich Ter-Nedden zuversichtlich: „Literatur ist geistige Nahrung und damit mindestens genauso wichtig wie Toilettenpapier“, sagte sie in Anspielung an die Hamsterkäufe. Die soll es beim Drogeriemarkt dm nicht mehr geben. Denn, so erläutert Marketing-Geschäftsführer Sebastian Beyer, die Mitarbeiter achteten darauf, begehrte Produkte wie Toilettenpapier und Seife „nur in haushaltsüblichen Mengen herauszugeben“.

Generell sei in der vergangenen Woche weniger los gewesen, sagen Gabriele Schäfer und Klaus Krosanke von Bücher Bosch. Außer freitags und samstags. Denn als bekannt gegeben wurde, dass Schulen und Kitas dicht gemacht werden, stürmten zahlreiche Eltern die Buchhandlung, um Spiele, Kinder- und Jugendbücher zu erstehen. Doch was geschieht, wenn sie ihren Handel dicht machen müssen? Dann gibt es noch den Online-Handel, so Krosanke. Schon seit Jahren betreibe man einen  Webshop, auch telefonische Bestellungen sind möglich. Kurzarbeit war schon Thema. „Aber bisher läuft alles auf freiwilliger Basis“, betont Krosanke.

Eine große Herausforderung sieht Gert Schugt, Inhaber von Lederwaren Schugt, in der Coronakrise. „Es sind deutlich weniger Kunden gekommen, gerade vergangene Woche war heftig.“ Warenlieferungen strecken, Lieferanten um Valuta bitten, Aufträge stornieren – Schugt hat verschiedene Szenarien durchgespielt. Auch staatliche Hilfen seien bei angeordneten Schließungen eine Option. „Aber ich fürchte, dass die damit betrauten Institutionen mit der Flut der Anträge hoffnungslos überlastet sein werden.“ Zuletzt sei es 2001, nach dem Terroranschlag auf das World Trade Center, so heftig gewesen. „Da hat sich das Reisegepäck-Geschäft wieder gefangen. Aber jetzt weiß man nicht, wie lange es dauert“, so Schugt.

Bereits bevor die Bundeskanzlerin weitreichende Geschäftsschließungen verkündet hat, hat Werner Zorn sein Optikergeschäft dicht gemacht. Als rein präventive Maßnahme, wie er betont. In der Augenoptik sei ein direkter Kundenkontakt unvermeidlich. Den gelte es zu minimieren, um die Ausbreitung des Virus möglichst zu verhindern.

Den Betrieb halte er dennoch aufrecht, und zwar über Termine. „Dann kann ich mich gezielt, aber kontrolliert dem Kunden widmen“, so Zorn. Negative wirtschaftliche Folgen seien vorhanden. Diese resultierten aber weniger aus der vorübergehenden Schließung als aus der sinkenden Nachfrage und den abreißenden Lieferketten.

Informationen über staatliche Hilfen und rechtliche Möglichkeiten gibt es beim Verein Stadtmarketing, in dem die Einzelhändler organisiert sind. „Wir können auf jeden Fall sagen, an wen man sich wenden muss“, so Vorsitzender Jürgen Bruder. Seine Erfahrung: Einige Geschäftsleute seien zwar besorgt, viele aber optimistisch. Der Krise zum Trotz.

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