Podcast „Klassenreisen“ Bad Godesbergerin gibt Frauen aus Arbeiterfamilien Karrieretipps

Bad Godesberg · Wie können Frauen Karriere machen, deren Eltern keine Akademiker sind? Dieser Frage geht die Godesbergin Isabell Lisberg-Haag in einem Podcast nach.

Isabell Lisberg-Haag produziert ihren Podcast „Klassenreisen“.

Isabell Lisberg-Haag produziert ihren Podcast „Klassenreisen“.

Foto: Benjamin Westhoff

„Erstakademikerin und damit mit kritischem Blick auf Privilegien und Ungerechtigkeit ausgestattet - das bin ich“, sagt Isabell Lisberg-Haag. Die promovierte Historikerin stammt selbst aus einer Bergmannsfamilie, in der niemand verstand, was das Mädchen mit einem so „unpraktischen Fach“ wie Geschichte überhaupt anfangen wollte. Inzwischen hat sich Lisberg-Haag, die seit gut 20 Jahren in Godesberg wohnt und bis 2022 Geschäftsführerin der Bonner Medienagentur Trio Service GmbH war, als Expertin für Bildungsgerechtigkeit profiliert. Und zwar als eine, die dabei auch ihre eigene Lebensgeschichte einbringen kann. Die sich also noch sehr wohl erinnert, wie sie sich als Arbeitertochter an der Universität unter dem Gros von Lehrer- oder Professorenkindern immer zwischen zwei Welten fühlte.

Aktuell hat Lisberg-Haag unter dem Namen „Klassenreisen“ einen entsprechenden Podcast entwickelt. Der beschreibt, dass, wenn Menschen als Erste in ihrer Familie einen akademischen Weg einschlagen, sie auf unsichtbare Hindernisse treffen. Und dass diese Hürden im Sinne von Chancengerechtigkeit verschwinden müssen. Im Podcast spricht sie also mit Menschen aus verschiedenen gesellschaftlichen Bereichen über deren ebenfalls oft steinigen Ausbildungs- und Berufsweg. „Klassenreisen, das ist ein Lebensthema, das lange als überholt galt und jetzt wieder mit aller Macht in politischen Diskussionen, Bildungsinstitutionen und Kultureinrichtungen zurückkehrt“, sagt die Godesbergerin.

Zu Gast im Podcast ist Illustratorin und Autorin Eva Müller

Die neuste Episode zum Thema „Wie Herkunft Karriere macht“ präsentiert sie im Dialog mit der Illustratorin und Autorin Eva Müller, die bei Suhrkamp gerade einen frappierenden Comic-Band herausgegeben hat. „Scheiblettenkind“ heiße das Buch nach einem Schimpfwort, das bei Personen ihrer Generation beschreibe, wenn man aus einer Familie stamme, die sich eben nicht den teuren Pecorino-Käse, sondern nur die billige Scheiblettenvariante leisten könne, sagt Müller. Wenn man mit einem armen Elternhaus also nicht die „richtige Jeans“ trage, pflichtet ihr Lisberg-Haag bei. „Hört das Fremdsein eigentlich irgendwann mal auf?“, fragt sie im Podcast die Illustratorin. Nein, sie komme auch als Erwachsene immer wieder in Situationen, in denen sie sich anders fühle, so Müller. „Auch mit einem Abschluss geht das kaum `rauszuprügeln."

Wer mit den Eltern nicht im Theater oder Museum war, wer kein Geld hatte, unbezahlte Praktika in renommierten Unternehmen zu machen, oder wem immer klar gemacht wurde, dass er nicht dazugehört, der habe es schwer bei Vorstellungsgesprächen, an der Universität oder in kulturellen Einrichtungen, berichtet Lisberg-Haag dem GA. Deshalb setze sie mit Workshops und per Podcast bei Fragen an wie: Wie gehen wir mit diesen fremden Welten um? Wie kann ich Strukturen so verändern, dass die Benachteiligung aufgrund der sozialen Herkunft an Wirkung verliert? „Denn ich bin selbst eine Klassenreisende.“ Das möge aber alles laufen, ohne die Elterngeneration vor den Kopf zu stoßen, fügt sie hinzu. Sie selbst habe ihrer Mutter irgendwann vorgeworfen, die habe sie nie über ihre Dissertation befragt. „Und ihre Antwort war: Ich hatte Angst, eine dumme Frage zu stellen“, erinnert sich Lisberg-Haag. „Das hat mich einfach umgeworfen.“

Kontakt zum Podcast: https://klassenreisen.podigee.io/

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