Stadt Bonn bringt die Baumallee am Annaberger Hof wieder in Form „Bäume pflegen sich nicht alleine“
Bad Godesberg · Es wurde mal wieder Zeit: Die Stadt Bonn lässt als Maßnahme zum Erhalt der Kulturlandschaft die Obstbäume auf dem Annaberger Feld beschneiden.
An den Anblick der Obstbaumalleen auf dem Annaberger Feld hat man sich ja längst gewöhnt. Aber so wie jetzt hat man sie länger nicht gesehen: Am Montag begannen städtische Mitarbeiter damit, die Bäume an den Wegen zum Annaberger Hof zurechtzustutzen. Bei manchen Bäumen wurden nur ein paar kleinere Äste abgesägt, bei anderen mussten sie radikaler zu Werke gehen. Das Buschwerk dazwischen wurde „auf Stock gesetzt“, also komplett runtergeschnitten. Die Maßnahme war überfällig: Laut Reiterhofpächter Jan Büsch wurde die Allee mehrere Jahre lang vernachlässigt.
Da habe es Kommunikationsschwierigkeiten mit der Verwaltung gegeben, sagt er. Die Stadt habe sich verpflichtet, die Flächen, die die Familie Büsch ihr für ihr Streuobstprojekt zur Verfügung gestellt hat, zu pflegen, sei dem aber längere Zeit nicht nachgekommen. „Dornen und Büsche wuchsen über die Elektrozäune“, sagt er. Die habe man in Eigenleistung freigeschnitten, „das war ein großer Arbeitsaufwand“. Weiterhin wuchsen die Büsche auf den Weg und verengten die Fahrbahn für die Kunden des Reiterhofs. „Die Autos konnten den Fußgängern nicht mehr ausweichen.“ Jedenfalls nicht, ohne dass Zweige den Lack zerkratzten. Er freut sich deshalb über die Arbeiten. „Der Alleencharakter macht was her.“ Auch der Kultur- und Umweltaspekt sei wichtig. Deshalb unterstütze er wie schon sein Vater das Projekt.
Ein Gestattungsvertrag war erforderlich
Dieses ging mit einem Gestattungsvertrag für die Zusammenarbeit zwischen Stadt und Hof los, erklärt Bettina Molly, Leiterin der Unteren Naturschutzbehörde. Als Projekt des „100-Alleen-Programms“ des NRW-Umweltministeriums und als Maßnahme des Bonner Landschaftsplans „Kottenforst“ sollten dort ab 2007 wieder alte Obstsorten angesiedelt werden, die in dieser Region schon früh angebaut wurden, etwa der rheinische Bohnapfel, die Hauszwetschge oder die Butterbirne. Solche Arten findet man inzwischen an vielen Stellen. „Wir wollen das Streuobst wieder mehr in die Fläche bringen“, sagt David Baier, Leiter des Bonner Amtes für Umwelt und Stadtgrün. Dabei gehe es aber weniger um den Obstertrag – in früheren Zeiten wurden sie als vorrangig Nahrungslieferanten angelegt – als vielmehr um Artenschutz und Kulturerhalt. Inzwischen gibt es laut Baier in Bonn rund 80 Streuobstflächen mit insgesamt etwa 1300 Bäumen.
In diesem Sinne wurden auch auf dem Annaberger Feld Bäume gepflanzt, in ausreichendem Abstand, damit sie sich gut entwickeln können. Dazwischen kamen Weißdorn, Schlehen und Holunder als Habitate für Vögel und Insekten. Für all das wurden die Weidenzäune um einige Meter vom Weg abgerückt. Und man stellte zwei Infotafeln zur Allee auf. Darauf liest man, dass schon im 19. Jahrhundert Obstbaumalleen zum Hof angelegt wurden. Die Stadt hat also 2007 den früheren Zustand wiederhergestellt. Aber schon in den 90er-Jahren hatte die Stadtförsterei begonnen, alte Obstbäume dort wieder anzusiedeln. Darauf konnte man aufbauen.
„Die Bäume pflegen sich nicht allein“, stellt Baier fest. „Da ist lange Zeit nichts passiert“, sagt Harald Heilmann. Der Betriebsleiter der Stadtförsterei hat die Federführung für die Ausführung der Pflegearbeiten, die am Montag begannen und gut voranschreiten. Der erste Schritt ist erledigt: Die mit den Bäumen konkurrierenden Sträucher wurden bis auf Bodenhöhe abgeschnitten, sie werden im Frühjahr wieder ausschlagen. Ab Dienstag werden die Äste mit dem Häcksler entsorgt.
Bäume werden von Profis geschnitten
Auch Schritt zwei ist bereits angelaufen: Die Bäume werden von Profis beschnitten. Um den Aufbau der Bäume zu erhalten werden Seitenzweige entfernt. Wenn sich mehr als vier Hauptäste im unteren Baumbereich ausgebildet haben, wird gekürzt. Triebe im unteren Bereich werden abgeschnitten: Der Baum soll seinen Saft in die oberen Äste investieren, sagt Heilmann. Man muss darauf achten, dass die Kronen nicht zu breit wachsen und etwa die Stromleitungen am Weg berühren. Daneben müssen auch landwirtschaftliche Maschinen noch durchfahren können.
Der dritte Schritt ist, den Boden unter den Bäumen zu mulchen. Das Ganze soll bis Herbst 2023 abgeschlossen sein, teilt die Stadt mit. Zwischendurch muss man die Brutzeit abwarten. Der Rückschnitt soll alle fünf bis sechs Jahre wiederholt werden. Zwischendurch kümmert sich die Stadt um die anderen Streuobstwiesen.
Die Wege sind bei Spaziergängern beliebt, Naherholung und Naturerlebnis: Da werden vorbeifahrende Autos gerne mit tadelnden Blicken bedacht. Jan Büsch erlebt auch immer wieder, dass seine Kunden beschimpft werden. „Ich wünsche mir da etwas mehr Rücksichtnahme der Fußgänger", sagt er. „Das ist die Zufahrt zu unserem Hof." Die Leute dürften gerne dort spazieren. „Aber es ist ein Privatweg."