Kioske in Bad Godesberg Beliebter Treffpunkt im Fachwerk

RÜNGSDORF · Ein später Vormittag am Brunnenplatz im Herzen von Rüngsdorf: Die Sonne lacht, der Brunnen sprudelt, vor der Bäckerei Linnemann sitzt Kundschaft mit Brötchen und Zeitungslektüre, Handwerker biegen um die Ecke, auf den Sitzbänken vor dem Brunnen genießen einige ältere Bürger die Idylle.

 Führen die Tradition des 150 Jahre alten Tabakladens am Rüngsdorfer Brunnenplatz weiter: Conrad von Randow und Susanne Arnold.

Führen die Tradition des 150 Jahre alten Tabakladens am Rüngsdorfer Brunnenplatz weiter: Conrad von Randow und Susanne Arnold.

Foto: Ronald Friese

Zu der gehört auch das wunderschöne Fachwerkhaus am Dorfplatz, das gerade erst vor drei Jahren renoviert wurde. "Anno 1859" und "Im Tobak" ist an der Hausfassade zu lesen. Das Haus dient also bereits seit über 150 Jahren dem Verkauf von Tabakprodukten. Heute ist der Verkauf von Zigaretten allerdings ein bisschen rückläufig, wie Kiosk-Inhaberin Susanne Arnold bekennt. Neben einem bewussteren Umgang der Menschen mit dem Thema Nikotin macht sie vor allem die steigenden Tabakpreise dafür verantwortlich.

Das ist dann aber - fast - schon der einzige Grund zum Klagen. Vor 13 Jahren übernahm die gelernte Fotolaborantin, die früher bei einer Tageszeitung auch schon mal in der Redaktion aushelfen konnte, den Kiosk gemeinsam mit ihrem Bruder Bertold Sasky. Der gelernte Einzelhandelskaufmann und seine Schwester folgten auf Horst Lindlahr, der den Kiosk seines Vaters zuvor 20 Jahre lang geführt hatte.

Susanne Arnold erblickte gleich um die Ecke, in der Basteistraße, die früher noch Luisenstraße hieß, das Licht der Welt - sie kennt sich also aus im Ort und erinnert sich noch gut an die Zeit, als sie als Kind ihre Schuhe in die Schusterei Rutschka brachte, die gleich hinter dem alten Fachwerkhaus lag. Apropos früher: Da war zwar nicht alles besser, aber einiges schon, zumindest in Rüngsdorf und nach Ansicht von Susanne Arnold.

Dazu zählt sie beispielsweise die Commerzbank an der Konstantinstraße, wo heute "Hallo Pizza" statt Geldausgabe, italienische Backware anbietet. "Da konnte ich früher schnell mal zum Geldwechseln rüber", erinnert sich Arnold.

Und dann gleich nebenan die einstige Filiale der Sparkasse, von der nur noch ein Geldautomat übrig blieb. "Für die älteren Menschen ist das schlimm", sagt Arnold, "ich verstehe die Sparkasse nicht. Auch die alte Apotheke von Herrn Schröder hier gleich gegenüber vermisse ich sehr", erzählt sie. Umso erfreulicher, dass sie mit dem Kiosk eine alte Tradition im Dorf aufrecht erhält, die viele Menschen, vor allem die Stammkundschaft, schätzen.

Dazu zählt auch Rolf Wermund, der regelmäßig hier ein und ausgeht. "Das hier ist der beste und freundlichste Laden in Rüngsdorf", findet er. Vielleicht hat seine überschwängliche Einschätzung auch damit zu tun, dass er an der Ladentheke schon einmal eine qualifizierte Unterhaltung über den Schriftsteller Thomas Bernhard führen kann - mit Conrad von Randow, der seit elf Jahren zweimal in der Woche im Geschäft aushilft. Auch er ist gebürtiger Rüngsdorfer und schätzt seinen Teilarbeitsplatz außerordentlich: "Hier kommen schon sehr unterschiedliche Leute rein, das geht vom Handwerker bis zum Professor.

Und manchmal schaut auch die Prominenz in Form von Thomas Gottschalk oder Maybritt Illner vorbei, um sich eine Zeitung zu kaufen." Aber auch ganz junge Kunden kommen gerne. Sie nutzen den kioskeigenen Bücher-Einbinden-Service. Schreibwaren und einige Spielwaren ergänzen das Sortiment auf 50 Quadratmetern Ladenfläche. Nicht zu vergessen der Tipp-Service namens Lotto.

Als zusätzliche Aufmunterung stehen nicht nur für dauergefrustete Lotto-Spieler auf dem Tresen Karten mit dem Rheinischen Grundgesetz. Artikel 3 besagt: "Et hätt noch emmer joot jejange." Oder auf hochdeutsch ausgedrückt: Was gestern gut gegangen ist, wird auch morgen funktionieren - wie im Falle des alten Kiosks.

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