60 Jahre Colloquium Humanum Bernhard Vogel spricht bei Festakt auf der Godesburg
Bad Godesberg · Das Colloquium Humanum hat am Donnerstag bei einem Festakt im Rittersaal der Godesburg das über 60-jährige Bestehen des Vereins gefeiert. An dem Festakt nahmen auch Botschafter Rainer Lassig und der ehemalige rheinland-pfälzische und thüringische Ministerpräsident Bernhard Vogel teil, äußerte sich auch zurBundestagswahl.
Besser hätten die Organisatoren den Ort des Festaktes nicht wählen können: Vom Rittersaal der Godesburg aus kann man hervorragend auf das ehemalige Bonner Regierungsviertel blicken. Jenes Viertel, das bis zum Regierungsumzug nach Berlin auch im besonderen Interesse des Colloquium Humanum (CH) stand.
Der gemeinnützige Verein wurde 1960 von Mitgliedern der Bundesregierung gegründet und diente seitdem als Forum für nationale und internationale Begegnungen. „Er stellt sich die Aufgabe, die Verständigung der Menschen aller Völker und Kulturen zu fördern und zur Überwindung von Vorurteilen, Gegensätzen und Diskriminierungen beizutragen“, so der Verein. Eigentlich hätte der schon im vergangenen Jahr sein 60-jähriges Bestehen feiern wollen, Corona verhinderte dies. Daher wurde der festliche Rahmen nun im 61. Jahr nachgeholt.
Colloquium Humanum hat Diplomaten bei der Eingewöhnung geholfen
In seinem Grußwort hob Botschafter Rainer Lassig, Leiter des Verbindungsbüros des Auswärtigen Amts zum Campus der Vereinten Nationen in Bonn, die Bedeutung des CH vor allem in der jungen Bundesrepublik nach dem Krieg hervor. „Die Diplomaten kamen aus aller Welt, die alle nur wenig vom Land wussten“, so Lassig. Die Mitglieder des CH hätten nicht nur zur Verständigung der Völker beigetragen, sondern auch den vielen Diplomaten beim Eingewöhnen in ihrer neuen Bonner Heimat geholfen. Bonn habe sich in den vergangenen Jahrzehnten verändert, damit auch die Arbeit des Vereins. Er verwies dabei allerdings auf den neuen Status als Bundesstadt und den Zuzug der Vereinten Nationen. Vor 25 Jahren hat die Geschichte der UN in Bonn angefangen und habe sich seitdem immer weiter fortgeschrieben.
Lassig hegt die Hoffnung, dass das neue Hochhaus der UN, das neben dem Langen Eugen gebaut wurde, im Juli kommenden Jahres feierlich eingeweiht werden kann. „Vielleicht mit UN-Generalsekretär António Guterres“, so Lassig. Bezogen werden soll das Haus, das schon jetzt als Kleiner Eugen bezeichnet wird, noch in diesem Jahr. Musikalisch untermalt wurde der Festakt von den beiden Musikern Georgy Voylochnikov am Klavier und Lisa Skhlyaver an der Klarinette.
Bernhard Vogel berichtet vom Fall der Mauer
Bernhard Vogel, ehemaliger Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz und in Thüringen, hielt auf Wunsch des CH-Präsidenten Andreas Loesch die Festrede. Der 88-Jährige dankte für das „segensreiche Wirken“ des CH, dem viele wichtige Kontakte zu verdanken seien. Vogel widmete sich aber vor allem der Wiedervereinigung.
Er hob die Bedeutung des 3. Oktober hervor. Und des 9. November 1989, als er selbst in Warschau war. „Bundeskanzler Helmut Kohl hatte mich eingeladen, ihn bei einer schwierigen Reise nach Polen zu begleiten“, so Vogel. Am Abend kam dann die Nachricht von der berühmten Pressekonferenz mit Günter Schabowski, der die neuen Reiseregelungen der DDR verkündete. „Ich habe immer an die Wiedervereinigung geglaubt. War aber ungewiss, ob ich sie noch miterleben werde“, so Vogel.
Als das größte Abenteuer seines Lebens bezeichnete er sein Amt als Ministerpräsident in Thüringen. „Es ist gut, dass ich den Umfang vorher nicht kannte, sonst hätte ich mir das nicht zugetraut“, so der CDU-Politiker. Niemand habe einen Plan gehabt. „Es gab zwar ein Ministerium für gesamtdeutsche Fragen, aber kein Ministerium für Antworten“, erinnerte sich Vogel und lachte. Während seiner Amtszeit als Ministerpräsident in Rheinland-Pfalz habe er nur denjenigen ein Ministeramt übertragen, die er sehr gut kannte. „In Thüringen kannte ich nur drei Personen mit Namen“, so Vogel.
Ergebnis der Bundestagswahl stellt Deutschland vor neue Herausforderungen
Rückblickend sagte er, dass es nun „blühende Landschaften“ im Osten gebe, auch wenn nicht überall. „Schauen Sie sich Dresden, Erfurt, Potsdam oder Jena an – die Städte kann man mit westdeutschen Städten vergleichen“, so der Festredner. Innerhalb von 30 Jahren sei allerdings noch nicht alles überwunden, was die 40-jährige SED-Herrschaft angerichtet habe.
Auch zur bundespolitischen Lage äußerte sich Vogel, der mehr als 40 Jahre dem Bundesvorstand der CDU angehörte. Die Wahlergebnisse würden Deutschland vor neue Herausforderungen stellen. „Es wird nicht mehr nur eine Partei geben, die dominiert“, so Vogel. „Die eine Partei sollte darauf achten, dass sie wieder eine Volkspartei wird, die andere Partei muss aufpassen, dass sie ihren Status nicht verliert“.