Moschee in Bad Godesberg Betriebe irritiert über Umzugspläne

Bad Godesberg · Es gibt noch viele offene Fragen. Ein internes Verwaltungsprotokoll belegt: Selbst die städtische Wirtschaftsförderung hatte von der Verlagerung abgeraten. Jetzt rumort es im Viertel - und in der Kommunalpolitik.

Der Plan des marokkanischen Kulturvereins, mit der Al-Ansar-Moschee und dem dazugehörenden Kulturzentrum von der Bonner an die Weststraße im Gewerbegebiet Bad Godesberg-Nord umzuziehen, sorgt weiterhin für Diskussionen. Vor allem die in dem Gewerbegebiet ansässigen Betriebe treiben Sorgen um. Ihre Vorwürfe: Das Vorgehen der Stadt sei nicht transparent, andere Interessenten für das Areal des ehemaligen Stadtwerkegebäudes seien nicht zum Zuge gekommen. Das soll sich nun ändern: Oberbürgermeister Ashok Sridharan hat die Betriebe für Mittwoch, 7. September, zu einem nicht öffentlichen Infogespräch eingeladen.

Gewerbegebiet/Parkplätze: Bei dem Infogespräch in der Stadthalle ist auch die Industrie- und Handelskammer dabei, die eine Umfrage unter den ansässigen Unternehmen durchführt, um herauszufinden, wie sie zu dem geplanten Kulturzentrum stehen. Dabei geht es im Kern um drei Themen: die Verkehrssituation, die Parkplätze und mögliche Auswirkungen auf die Betriebsabläufe. Weitere Fragen lauten: Wollen Sie selbst am geplanten Standort der Moschee investieren? Wie beurteilen Sie die Ausnahmenutzung für ein Gotteshaus in einem Gewerbegebiet? Könnte Ihrer Meinung nach ein Präzedenzfall geschaffen werden? Dabei sei die Befragung ergebnisoffen, betonte Stephan Wimmers von der IHK, der zugleich zu bedenken gab, dass es sich bei dem betroffenen Areal um eine Gewerbefläche handle, die in Bonn knapp seien.

Während die IHK „ergebnisoffen“ diskutiert, hatte die städtische Wirtschaftsförderung zumindest Mitte März eine sehr klare Meinung: Aus ihrer Sicht „sollte das Grundstück mit den Aufbauten aufgrund der Knappheit an Gewerbeflächen nicht als Kulturzentrum zur Verfügung gestellt werden“, hieß es seinerzeit in einem internen Verwaltungsprotokoll, das dem GA vorliegt. Auch die Zahl der Parkplätze hält die Wirtschaftsförderung mit den geplanten 21 für zu gering. Für die Unternehmen müsse man mit „erheblichen Nachteilen“ rechnen.

Auf die Frage an das Presseamt, was man bei Stadtverwaltung zu dieser ablehnenden Haltung der eigenen Wirtschaftsförderung sagt, bekam der GA keine klare Antwort. Es heißt, bei dem konkreten Fall bestehe die „Tendenz seitens der Verwaltung, die Verlagerung des Kulturvereins zu befürworten“ – was unterschiedliche Auffassungen durchblicken lässt.

Der Vorstand der Moschee hingegen gab in einem GA-Gespräch zu bedenken, dass das Gebäude an der Bonner Straße bislang gerade einmal einen Parkplatz habe.

Integrationsarbeit: Offene Fragen gab es auch in der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung. So wurde unter anderem über die in der Bauvoranfrage dargestellte Integrationsarbeit des Kulturvereins diskutiert. Welche Maßnahmen er ergreife, um marokkanische Einwanderer und Deutsche einander näherzubringen und welche Integrationseffekte sich die Stadt durch den Umzug der Moschee erhoffe?, wollte eine Bürgerin wissen. Die Verwaltung verwies auf die Religionsausübung und die Seelsorge in der Al-Ansar-Moschee sowie auf verschiedene Aktivitäten, darunter die Unterstützung von Flüchtlingen, die Beteiligung am Tag der offenen Moschee und die Öffnung für Schulklassen und andere Besucher. Außerdem nehme der Verein am interreligiösen Dialogkreis in Bad Godesberg teil. Am neuen Standort könnten weitere Integrationseffekte erzielt werden. Die jetzigen Räume seien sehr beengt. „An dem neuen Standort könnten die Aktivitäten – zum Beispiel die der Integration und Begegnung – intensiviert und erweitert werden.“ Ferner könnten Präventionsprojekte gegen religiösen Extremismus von und für Jugendliche installiert werden.

„Die in dem Konzept des Vereins dargestellten Integrationsangebote richten sich hauptsächlich an Marokkaner“, widersprach Marcel Schmitt (Bürger Bund Bonn), der außerdem wissen wollte, wie man den Verein einschätze. Schließlich, so Schmitt, hätten in der Vergangenheit Prediger wie Pierre Vogel auf Einladung des Vereins gesprochen.

Die Antworten blieb die Stadt in der Bezirksvertretung zunächst schuldig, da zum Ärger von Schmitt kein Fachmann der Verwaltung anwesend war. Die Antworten lieferte anschließend aber der Vorstand des Kulturzentrums auf GA-Anfrage: „Ja, Pierre Vogel war vor etwa neun oder zehn Jahren ein- oder zweimal bei uns“ – zu jener Zeit, als sich Vogel anschickte, Deutschlands bekanntester Salafistenprediger zu werden und noch von einer Talksendung wie „Hart aber fair“ eingeladen wurde. „Seit damals haben wir aber keinen Kontakt mehr zu Vogel und haben auch nicht vor, ihn noch mal einzuladen“, so der Vorstand der Moschee.

In puncto Integration biete die Moschee viel für Jugendliche an, so der Vorstand: angefangen von Hausaufgabenbetreuung bis hin zu Angeboten der Extremismusprävention in Zusammenarbeit mit der Otto-Benecke-Stiftung. Außerdem lade man regelmäßig Schulklassen ein, die Moschee kennenzulernen. Auch der Austausch mit den christlichen Kirchen sei von Bedeutung. Noch vor einer Woche sei Pfarrer Jan Gruzlak mit Vertretern der evangelischen Johannes-Kirchengemeinde beim Freitagsgebet zu Besuch gewesen.

Kaufinteressenten: Einen anderen Aspekt brachte Philipp Lerch (CDU) in der Bezirksvertretung an: Die Verwaltung habe die Neuansiedlung des Vereins an der Weststraße unter anderem deshalb befürwortet, weil es angeblich keinen anderen Interessenten gab. „Den gab es aber durchaus. Das hätten wir wissen müssen.“ Lerch spielte damit auf das „Haus der Energie“ der Firma Eurolux an, das diese vor zwei Jahren in dem alten Stadtwerkegebäude errichten wollte. Nach GA-Informationen ist das Gelände nur 400 000 Euro wert, werde aber in den Büchern der Stadtwerke mit einem Wert von einer Million Euro geführt. Der Vereinsvorstand sagte dem GA, dass er einen Kaufpreis von etwa einer Million Euro zahlen müsse – hinzu kämen Umbaukosten. „Finanziert wird das Ganze durch Einzelspenden und den Verkauf der jetzigen Immobilie an der Bonner Straße.“

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