Drei Namen werden vorgeschlagen Hindenburgallee in Plittersdorf wird umbenannt
Bad Godesberg · Vor der Entscheidung lieferten sich die Politiker in der Bezirksvertretung Bad Godesberg eine hitzige Debatte. Unklar ist allerdings der Zeitpunkt der Umbenennung und der künftige Name - darüber sollen die Anwohner bestimmen. Auch die Haltestelle „Hindenburgallee“ soll umbenannt werden.
In naher Zukunft müssen die Anwohnerinnen und Anwohner der Hindenburgallee in Plittersdorf wohl allerhand Papierkram erledigen: Ihre Straße wird umbenannt. Das haben in dieser Woche die Mitglieder der Bezirksvertretung Bad Godesberg (BV) in einer namentlichen Abstimmung beschlossen. Wann sie allerdings umbenannt wird, steht noch nicht fest, ebenso gibt es noch keinen Namen.
Haltestelle soll „Elisabeth-Selbert-Gesamtschule“ heißen
Eine Antragsstellerin forderte zwar, dass die Hindenburgallee in Elisabeth-Selbert-Allee umbenannt werden soll – dem folgten die Politiker allerdings nicht. Unter den Anwohnern soll es vielmehr eine Anliegerbefragung geben, um herauszufinden, welchen Namen die Straße zukünftig tragen soll. Zur Auswahl sollen drei Namen stehen: Elisabeth Selbert, Marion Gräfin Dönhoff sowie ein weiterer Name einer Frau aus der Straßenbenennungsliste, den die Verwaltung vorschlagen soll. Gräfin Dönhoff müsste für das Vorhaben allerdings erst noch in die Liste aufgenommen werden. Ebenfalls beschlossen wurde, dass die Haltestelle „Hindenburgallee“ in der Gotenstraße in „Elisabeth-Selbert-Gesamtschule“ umbenannt werden soll. Die Verwaltung wird nun gebeten, alle notwendigen Schritte dafür mit den Stadtwerken Bonn einzuleiten.
Grüne: Umbenennung Akt aktiver Erinnerung
Den Beschlüssen ging im Vorfeld eine teils hitzige Diskussion unter den Politikern voraus. Der Stadtverordnete der Grünen, Christian Möller, führte aus, warum die Umbenennungen nötig seien. „Die jüngere Geschichtsforschung zeigt deutlich auf, wie verharmlosend die früheren Sichtweisen auf Hindenburgs Rolle am Untergang der ersten Demokratie auf gesamtdeutschem Boden war, die ihn lediglich als Vertreter eines weniger schlimmen Kaiserreichs und vor allem als kränklichen und von seinen Beratern und dem eigenen Sohn fehlgeleiteten alten Mann darstellte“, so Möller, der selbst Anwohner der Allee ist. Die Umbenennung sei ein „Akt aktiver Erinnerung“ und kein Akt „der Verdrängung einer unliebsamen Vergangenheit“.
CDU: Man könne nicht alle paar Jahre neu abstimmen
Anders sieht es Jens Röskens von der CDU. Er erinnerte an eine Anwohnerversammlung vor sechs Jahren, bei der sich eine Mehrheit gegen eine Umbenennung ausgesprochen hatte. „Die Bürger haben sich mit dieser Sache beschäftigt, eine große Mehrheit sprach sich damals für die Beibehaltung des Straßennamens aus. Die BV hat sich dem Votum der Anwohner angeschlossen. Damals wurde festgehalten, dass zur kritischen Reflexion Zusatzschilder angebracht werden sollen. Dieser Beschluss wurde allerdings bis heute nicht umgesetzt“, so Röskens. Man könne nicht alle „paar Jahre“ neu darüber abstimmen, wenn einem das Ergebnis nicht passe. „Letztlich sind Straßennamen historische Zeugnisse, und als solche müssen sie kritisch gewürdigt werden. Eine einfache Umbenennung wird dem vielfach nicht gerecht“, sagte er weiter.
Gabriel Kunze (SPD) verwies darauf, dass es sich um eine Versammlung der Anwohner gehandelt habe – ob letztlich Straßen umbenannt werden, obliege der Politik. „Die Stadt muss als Gesamtes darüber entscheiden“, so Kunze.
BBB: Genscherallee müsste auch umbenannt werden
Deutliche Kritik übte Marcel Schmitt vom Bürger Bund Bonn. „Die Straße heißt nicht Paul-von-Hindenburg- oder Generalfeld-Marschall-Hindenburgallee, sondern schlicht Hindenburgallee. Die meisten eher am Geschichtswissen Uninteressierten können den Namen durchaus mit dem Ortsteil von Templin in der Uckermark verbinden. Was völlig unproblematisch sein dürfte“, so Schmitt. Und weiter: „Ja, Hindenburg war kein lupenreiner Demokrat, er war Monarchist. Millionen Engländer, Holländer und Schweden sind das noch heute. Wollen wir unseren Nachbarn wegen ihrer Königstreue Böses unterstellen?“
Außerdem brachte er ins Spiel, dass wenn die Hindenburgallee umbenannt werden muss, müsse auch die Genscherallee umbenannt werden, weil dieser NSDAP-Mitglied war. „Die Namensänderung setzt ein Zeichen in die falsche Richtung. Sie ist ein Wegwischen der eigenen Vergangenheit, ein Wegschauen und ein Wegducken vor der eigenen Verantwortung, mit der deutschen Geschichte kritisch umzugehen“,so Schmitt.
AfD: Erinnerungskultur spielt überhaupt keine Rolle
Ähnlich sah es Wolfgang Truckenbrodt von der Alternativen für Deutschland. „Mich wundert, dass hier die Frage der Erinnerungskultur überhaupt keine Rolle spielt. Erinnerungskultur heißt, dass wir uns mit den Personen und Ereignissen beschäftigen, die diese unsägliche zwölfjährige Zeit in Deutschland mit unermesslichen Schaden verursacht haben. Da ist eine Person wie Hindenburg meines Erachtens geradezu prädestiniert. Er ist derjenige gewesen, der Adolf Hitler zum Reichskanzler ernannt hat“, so Truckenbrodt.
In Bad Godesberg gab es bereits 1917 eine Hindenburgstraße
Marcel Schmitt ging in seinem Statement auch darauf ein, dass es bereits ab 1917 eine Hindenburgstraße in Bad Godesberg gab. Damit sollte Hindenburg für die gewonnene Schlacht bei Tannenberg geehrt werden. Die Hindenburgstraße verlief von der Ecke Koblenzer Straße/Am Kurpark bis nach Lannesdorf. 1937 wurde von den Nationalsozialisten beschlossen, die Hindenburgstraße wieder rückzubenennen – die Straße zwischen Gotenstraße und Wurzerstraße wurde daraufhin in Hindenburgallee umbenannt. Damals wies die Straße keinerlei Bebauung auf.
Linke: Historischer Fehler kann nachträglich korrigiert werden
„Diese Straße ist 1937 von den Nazis so benannt worden, damit Herr von Hindenburg hinreichend geehrt ist, weil die alte Straße nicht mehr gut genug war. Das wiederum ist ein Punkt, der die Straße zu einer Nazi-Straße macht- Das ist für mich ein sehr wichtiger Unterschied, ob ich diese Ehrung weiterhin aufrecht erhalten will“, sagte Uli Barth von der SPD. Dass es nicht längst zu einer Umbenennung gekommen sei, sei „eine Schande“. Ralf-Jochen Ehresmann von der Linkspartei sieht in der Umbenennung die Chance, „einen historischen Fehler“ nachträglich zu korrigieren.