Vorstoß des Vereins Lese-Kultur Bonn bekommt seinen ersten Stadtschreiber

Bad Godesberg · Der Verein Lese-Kultur Godesberg vergibt am 1. August ein dreimonatiges Literaturstipendium. Damit bekommt Bonn seinen ersten Stadtschreiber.

„Mit der Einrichtung dieses Literaturstipendiums wollen wir erstmals in Bonn einer Autorin oder einem Autor die Möglichkeit geben, hier am Rhein drei Monate zu leben und zu arbeiten“, erläutert Barbara Ter-Nedden vom Veranstalter des Preises, dem Verein Lese-Kultur Godesberg. Für die Zeit seines Aufenthalts erhalte der Stadtschreiber ein monatliches Honorar von 1200 Euro und eine kostenlose Unterbringung in Bad Godesberg. Finanziert wird das Projekt über den Ferdinande-Boxberger-Preis, den der Verein 2018 erneut erhielt (der GA berichtete).

Der Stadtschreiber möge hier Ruhe und Besinnung für seine kreativen Aufgaben finden, ergänzen Serap Gürkan und Felix Ter-Nedden vom Kulturverein. „Wir wollen damit das schriftstellerische Schaffen unseres Preisträgers unterstützen und Bonn als Ort festigen, an dem Literatur entsteht.“ Das Stipendium, das jedes Jahr aufs Neue vergeben werden soll, werde damit zu einem weiteren Mosaikstein des reichen kulturellen Lebens der Stadt.

„Kultur beginnt im Herzen jedes Einzelnen.“ Dieses Zitat des Dramatikers Johannes Nepomuk Nestroy hat sich das Team als Motto auf sein Stadtschreiber-Plakat geschrieben. Und es vertraut genau auf diesen kulturellen Schub auch für die Gastgeberstadt. Denn auch die hiesige Literaturszene werde von der Einrichtung des Stipendiums direkt profitieren: Man erhoffe sich vom Stadtschreiber eine Lesung aus eigenen Texten in der Parkbuchhandlung nebst literarischer Bilanz des Aufenthalts. Dazu stünden Auftritte in Schulklassen sowie ein Schreibworkshop im Rahmen des Bad Godesberger Literaturwettbewerbs auf der Wunschliste, so Gürkan und Ter-Nedden. Das Stadtschreiber-Stipendium ist seit Wochen bundesweit für Deutsch schreibende Autoren oder Publizisten ausgeschrieben.

Voraussetzung ist, dass sie bereits eine selbstständige, in einem Publikumsverlag herausgegebene Publikation vorweisen können und mindestens 18 Jahre alt sind. Diverse Autoren haben sich schon beworben, bestätigt Barbara Ter-Nedden. Am 1. August gebe der Verein den Preisträger bekannt. Möglichst bald danach rechne man mit seinem Antritt. Der Verein Lese-Kultur möchte mit seinem Projekt an die reiche Stadtschreiber-Tradition in Deutschland anknüpfen. „Man denke nur an den ältesten und renommierten Frankfurter Preis des Stadtteils Bergen-Enkheim“, schwärmt Ter-Nedden. Karl Krolow, Peter Rühmkorf, Katja Lange-Müller, Friedrich Christian Delius und selbst Nobelpreisträgerin Herta Müller waren hier schon literarisch aktiv.

Derzeit nutzt Schriftsteller Thomas Melle das in Frankfurt auf ein ganzes Jahr vergebene Stipendium. „Ich möchte die Zeit hier nutzen, mich neuen, anderen Stoffen zuzuwenden. Und ich bin froh, finanziellen und sogar tatsächlichen Freiraum für dieses Unterfangen zu erhalten“, sagte Melle, der in Bad Godesberg zur Schule ging und fürs Theater Bonn schon mehrere Stücke schrieb, 2017 in seiner Antrittsrede.

„Wir fangen erst einmal kleiner und bescheidener an, arbeiten aber gern daran mit, dass auch Bonn als Literaturstadt weiteres Ansehen erhält“, meint Barbara Ter-Nedden. Die Vorbereitungen im Verein laufen jedenfalls auf vollen Touren. Was derzeit noch fehlt, ist ein geeignetes Quartier, in dem der Stadtschreiber drei Monate lang ungestört kreativ sein kann. „Wer nimmt also gegen Bezahlung einen Schriftsteller auf, möglichst in Bad Godesberg und möglichst in Rheinnähe?“, fragt Ter-Nedden.

Kontakt unter der Rufnummer 0228/35 21 91, E-Mail: lese-kultur-godesberg@gmx.de

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