Weiter Ärger über Wartezeiten Bisher kaum Geld für Zensus-Helfer in Bonn

​ Plittersdorf/Mehlem · Nach Kritik an der verzögerten Auszahlung für Zensus-Helfer hat die Stadt Bonn die Bezahlung selbst in die Hand genommen. Weitere Ehrenamtler ärgern sich, dass sie die versprochene Aufwandsentschädigung scheinbar häppchenweise erhalten.

 Digital oder per Handschrift: Freiwillige erfassen in Bonn die Daten von rund 32000 Menschen fü den Zensus 2022.

Digital oder per Handschrift: Freiwillige erfassen in Bonn die Daten von rund 32000 Menschen fü den Zensus 2022.

Foto: dpa/Daniel Karmann

Das Zeitfenster für die Ehrenamtlichen in Sachen Zensus 2022 ist mittlerweile geschlossen. Auch in Bonn waren etliche von ihnen im Einsatz, um für die bundesweite Erhebung, auch als Volkszählung bekannt, in Haustürgesprächen relevante Daten zu den Lebensumständen abzufragen. Die Arbeit der sogenannten Erhebungsbeauftragten ist damit erledigt. Was bleibt, ist Warten – auf die versprochene Aufwandsentschädigung. In den vergangenen Wochen war davon nichts zu sehen und zu verbuchen gewesen.

Der GA hat über die ausbleibenden Zahlungen berichtet, die von der Bonner Stadtverwaltung mit einem Software-Problem begründet wurden. Mittlerweile sollen Teilzahlungen eingegangen sein, berichten Helfer. Wie sich diese Beträge zusammensetzen und wie viel da noch kommen soll, kommunizierte die Verwaltung bislang offenbar nicht. „Ich stieß plötzlich auf eine Zahlung von 235 Euro“, sagt Norbert Wessel, der sich im Juli wegen der zugesicherten, aber bis dato nicht erfolgten Zuwendung für seinen Einsatz an den GA gewandt hatte.

Keine Erklärung zur Überweisung

„Als Verwendungszweck las ich: Aufwandsentschädigung. Dabei müsste es eigentlich Anzahlung heißen“, sagt der Plittersdorfer überzeugt. Für die Aufwandsentschädigung sei es zu viel, für das in Aussicht gestellte Interview-Honorar zu wenig. Wessel hatte knapp 100 Interviews mit vorher per Zufallsprinzip ausgewählten Menschen geführt, für die er mehrfach von seinem Wohnort bis Heiderhof gefahren war. Gemäß eines Summenschlüssels der Verwaltung rechnet er mit mindestens 800 Euro.

„Leider habe ich keine Mail der Stadt erhalten, die aufschlüsselt, wie sich der Betrag zusammensetzt und wann die Restzahlung erfolgen wird“, gibt sich der freiwillige Helfer weiterhin zerknirscht. Weitere Schritte hält Norbert Wessel erst einmal offen: „Ich verlängere meinen Geduldsfaden bis Ende August und entscheide dann über mein weiteres Vorgehen.“

Helfer: Keine E-Mail erhalten

Die Stadt Bonn hatte Anfang August begleitet von Bedauern auf GA-Anfrage erklärt, dass die Verzögerung durch ein technisches Problem mit der vom Statistischen Landesamt zur Verfügung gestellten Software zustande gekommen sei. Laut Andrea Schulte vom Presseamt habe die Bonner Erhebungsstelle – jede Kommune ist für die Befragung auf ihrem Gebiet zuständig – das Abrechnungsverfahren in Eigenregie umgestellt und mit der Auszahlung „zumindest eines ersten Grundbetrages“ begonnen habe. Schulte hatte ebenfalls erklärt, dass man mit einer Rundmail „alle Interviewerinnen und Interviewer über den aktuellen Stand informiert“ habe.

Bei ihm sei eine solche E-Mail allerdings nicht eingegangen, sagt Wessel. Der städtischen Aussage, man stehe „mit den Erhebungsbeauftragten, die sich gemeldet haben, in Kontakt“, widerspricht der Plittersdorfer ebenfalls. Auch Eckart Weiher will eine solche E-Mail nicht erhalten haben. Auch er hatte sich freiwillig für die Helferdienste gemeldet, die Aussicht auf eine finanzielle Gegenleistung inklusive. Seine Erfahrungen lauten ansonsten ähnlich: Zusage, Erhalt des digitalen „Handbuch für Erhebungsbeauftragte“ mit stolzen 148 Seiten, und Bekanntgabe des Termins für eine zweiteilige Zensus-Schulung per Zoom-Konferenz – alles sei zunächst glatt gelaufen, sagt der Mehlemer.

Mit den am 24. Mai in der bei der Erhebungsstelle im Stadthaus erhaltenen Unterlagen zog Weiher los, „ich hatte etwa 60 Haushalte zu besuchen und Daten von etwa 100 Personen zu erheben“. Mehrfachbesuche sind für ihn und die anderen Helfer keine Seltenheit, „wer trotz vorheriger Ankündigung nicht angetroffen wurde, musste ein weiteres Mal besucht werden“. Am 17. Juni, nach einer Zwischenabgabe gesammelter Daten und nach insgesamt 213 mit dem Fahrrad zurückgelegten Kilometern, sei die Aktion für ihn beendet gewesen. In der Folge habe es sporadisch Mail-Kontakt mit der Zensus-Erhebungsstelle gegeben, ohne konkrete Hinweise auf die in Aussicht gestellte Vergütung. Eine Mail habe aber das Dilemma immerhin angedeutet: „Man entschuldigte sich dafür, dass sich die Auszahlung wegen aufgetretener Software-Probleme beim Statistischen Landesamt verzögere, und bat darum, den größeren Zusammenhang nicht aus den Augen zu verlieren“, erklärt Weiher.

Die gegenüber dem GA von der Stadt erwähnte Rundmail, in der die Erhebungsstelle alle Interviewerinnen und Interviewer über den aktuellen Stand wegen ausbleibender Zahlungen informiert habe, sei wie erwähnt nie eingegangen, „geschweige denn, dass mein Konto irgendwelche Zahlungseingänge vermeldet hat“. Mittlerweile habe auch er allerdings 235 Euro erhalten – ebenfalls ohne Erklärung oder Aufschlüsselung der Summe. Eine GA-Leserin aus Beuel, die ebenfalls als Erhebungsbeauftragte unterwegs war, formuliert ihre Kritik so: „Die Bonner Verwaltung, hier die Zensus-Stelle, hält bisher ihren Teil der Vereinbarung mit den Zensus-Beauftragten nicht ein.“ Ein weiteres Engagement bei derartigen Aufrufen zur freiwilligen Mithilfe schließt sie für sich aus.

Die Stadt Bonn erläutert auf Nachfrage, dass die Auszahlung nun beschleunigt werde, „sofern die Unterlagen komplett sind und kein Klärungsbedarf mehr besteht“. Bislang seien nur Sockelbeträge ausgezahlt worden. „Die Konstellation, dass jemand bereits den Gesamtbetrag erhält, bevor andere einen Sockelbetrag überwiesen bekamen, ist möglich, sollte sich aber auf Einzelfälle beschränken“, so ein Sprecher der Stadt.

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