Musikfestival in der Bonner Rheinaue Die R(h)einkultur kehrt im Kleinformat zurück

Bad Godesberg · Bei einer Podiumsdiskussion in Bad Godesberg ist eine überraschende Nachricht durchgesickert: 2023 soll es wieder eine R(h)einkultur wie in den 1980er-Jahren geben. Damit fiele sie aber auch wesentlich kleiner aus als zuletzt.

 2011 fand das bislang letzte Musikfestival R(h)einkultur statt. 2023 soll es eine Neuauflage geben.

2011 fand das bislang letzte Musikfestival R(h)einkultur statt. 2023 soll es eine Neuauflage geben.

Foto: Volker Lannert

Diese Nachricht überraschte und freute alle: Veranstalter Martin Nötzel kündigt für 2023 eine Neuauflage des Kult-Events R(h)einkultur an. Diese Nachricht teilte er am Samstagabend bei der Veranstaltungsreihe „Zurück in die Zukunft“ im Kleinen Theater Bad Godesberg mit. Seine Idee: Ein Festival wie in den Anfängen mit lokalen Künstlern und mit bis zu 10.000 Besuchern. Das Ganze soll umsonst und draußen stattfinden. Nötzel hat sich bereits die Namensrechte sichern lassen. „Die R(h)einkultur soll nicht wieder so groß wachsen,  wie sie geendet ist. Das lässt sich nicht finanzieren.“ Hintergrund ist laut Nötzel, dass es für unbekannte Bands keine Auftrittsmöglichkeiten mehr gibt. „Die Situation ist kulturpolitisch identisch wie 1982“, so Nötzel.

Kleines Theater, Schauspielhaus, Musikschule, Kinopolis und Haus an der Redoute: An Orten für kulturelle Veranstaltungen mangelt es in Bad Godesberg nicht. Und doch: Um den Stadtbezirk als Kulturstandort weiterzuentwickeln, fehlen die passenden Räume. Zu dieser Erkenntnis kamen die Podiumsteilnehmer, die sich zum zweiten Teil der Veranstaltungsreihe „Zurück in die Zukunft“ am Samstag zusammengefunden hatten. Nachdem bei der ersten Veranstaltung im Oktober das Thema Architektur im Fokus stand, ging es jetzt um die Frage „Kunst, Kultur, Konzerte – 3K, der Schlüssel zur Attraktivität?“

Die Diskussionsrunde im Herbst hatte weitere Gespräche zwischen Betroffenen und der Verwaltung nach sich gezogen: Die gleiche Wirkung erhofft sich der ehemalige Bezirksvorsteher und Initiator der Reihe, Norbert Hauser, auch von der jetzigen Veranstaltung, die von Bezirksbürgermeister Christoph Jansen eröffnet wurde. „Spätestens in den vergangenen zwei Jahren haben wir gemerkt, wie sehr uns Kulturveranstaltungen fehlen: Sie sind auch Treffpunkt, ermöglichen einen Austausch, sind unser Lebenselixier“, stellte Jansen in seinen einführenden Worten fest und blickte anschließend zurück in Hauptstadtzeiten, als noch viele kulturell und gesellschaftlich bedeutende Veranstaltungen in der Stadthalle stattgefunden hatten.

„Jetzt wollen wir eine Brücke schlagen von der reichen Vergangenheit Godesbergs, dem Diplomatenstandort Godesberg, in die Zukunft. Wir wollen „Zurück in die Zukunft“, erläuterte Jansen den vom berühmten 1980er Jahre Filmklassiker entliehenen Namen der Veranstaltung.

Sabine Köhne-Kayser, 2. Vorsitzende des Vereins Kunst und Kultur Bad Godesberg, führte als Moderatorin durch die Gesprächsrunde und ließ zu Beginn Wolfgang Krenz, Architekt an der Hochschule Bochum, zu Wort kommen. Krenz hatte die Innenstadt unter die Lupe genommen und festgestellt, dass Bad Godesberg mit seinen Plätzen und Baumbeständen über eine stimmige Struktur verfügt, die Kulturangebote jedoch noch nicht alle sozialen Schichten ansprechen. „Was wir brauchen ist eine Stadtgemeinschaft, die alle Schichten vereint“, stellte Krenz fest.

R(h)einkultur sollte ursprünglich dem Nachwuchs eine Bühne bieten

Möchte man Bad Godesberg als Kulturstandort weiterentwickeln, müssten mehr Angebote für junge Menschen geschaffen werden. An diesen mangelt es nämlich in Godesberg besonders. Martin Nötzel, Inhaber der Open Air Konzertstätte KunstRasen, erinnerte sich als Ur-Bad Godesberger an seine Jugend: „Wir sind früh gestartet mit der Idee, dass Kultur von unten nach oben wächst“. Da es kaum Freizeitangebote für Jugendliche gab, hatten er und seine Freunde beschlossen, selbst etwas auf die Beine zu stellen. „1982 haben wir 5000 DM bekommen und begonnen, ein Festival in der Rheinaue zu organisieren“, erinnert sich Nötzel an die Anfänge der R(h)einkultur, die zu einem der größten und beliebtesten Umsonst-und-Draußen-Festivals Deutschlands avancierte.

Ziel der R(h)einkultur war es ursprünglich, jungen Nachwuchsmusikern eine Bühne zu bieten, da eine solche in Godesberg nicht vorhanden war. „Heute haben wir das gleiche Problem wie 1982“, stellte Nötzel hinsichtlich mangelnder Auftrittsmöglichkeiten fest und forderte ein Umdenken bei der Förderung der Subkultur: „Bad Godesberger, die heute 17,18 Jahre alt sind und etwas erleben wollen, fahren nach Köln!“, sagte Nötzel. Doch welches räumliche Potenzial für Musik oder auch Comedy und Kabarett ist in Godesberg vorhanden und wie könnte es genutzt werden?

Potenzielle Veranstaltungsorte sind auch oft mit Kosten verbunden: Jens Groß, Schauspieldirektor am Theater Bonn, würde gerne über Theateraufführungen hinaus mehr Veranstaltungen in seinem Haus anbieten, erinnerte aber auch daran, dass dies stets mit Kosten verbunden ist. Zudem mangele es an Personal. „Das ist ein großer Zwiespalt, in dem wir stehen“, stellte Groß ernüchternd fest. Oftmals sind aber auch potenzielle Räume für kulturelle Veranstaltungen vorhanden, können aber nicht freigegeben werden, da es die Nutzungsbestimmungen nicht zulassen.

Ein Beispiel ist das Rüngsdorfer Schwimmbad: In der ersten Etage des Bades könnten sich alle Podiumsteilnehmer gut Konzerte und andere kleine kulturelle Veranstaltungen vorstellen, doch müsste die Stadt dazu den Nutzungsplan ändern. Darüber hinaus gibt es gleich mehrere öffentliche Lokalitäten in Bad Godesberg, die für kleine kulturelle Veranstaltungen in Frage kämen, jedoch stillgelegt wurden. Die Godesberger Stadthalle zählt ebenso dazu wie das Kurfürstenbad.

In den Sommermonaten wäre die Terrasse der Stadthalle ein idealer Ort für kleine Konzerte. „Da steckt überall eine Menge Potenzial drin, das vielleicht einfach nur wachgeküsst werden muss“, meint Hauser. „Wir haben viele Kleinode, man müsste sie nur optimieren“, stellte auch Köhne-Kayser fest. Eine sehr unterhaltsame Präsentation, wie man eine Stadt aufwerten kann und öffentlichen Raum nutzen kann, bot Architektin und Stadtplanerin Ina-Marie Orawiec, die für ihren Dia-Vortrag aus Aachen angereist war. „Setting, Dramaturgie und Intendanz braucht man im öffentlichen Raum. Sie könnten Orte schaffen zwischen Fakt und Fiktion. Im öffentlichen Raum herrscht freie Platzwahl“, ermutigte Orawiec die Godesberger. Mit der geplanten Skulpturen-Biennale könnten die Godesberger dies möglicherweise schon bald umsetzen.

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