Starkregen in Bad Godesberg und Wachtberg Bonn-Mehlem ist mit einem blauen Auge davongekommen

Bad Godesberg/Mehlem/Wachtberg/Lessenich · Die Befürchtungen vor einer neuen Hochwasser-Katastrophe in Mehlem waren groß, doch der neue Entlastungskanal ist seiner Aufgabe gerecht geworden und bewahrte die Anwohner vor Schlimmerem. Auch in Bad Godesberg und Wachtberg hielten sich die Schäden in Grenzen.

 Der Mehlemer Bach wirkte zwar bedrohlich, doch der Entlastungskanal verhinderte schlimmere Überschwemmungen.

Der Mehlemer Bach wirkte zwar bedrohlich, doch der Entlastungskanal verhinderte schlimmere Überschwemmungen.

Foto: Maximilian Mühlens

Das Rauschen des Mehlemer Bachs war nicht nur ohrenbetäubend laut, sondern auch beängstigend: Innerhalb weniger Stunden war der eigentlich so beschauliche Bach durch den Starkregen enorm angeschwollen und rief bei den Anwohnerinnen und Anwohnern ungute Erinnerungen hervor. Am 4. Juni 2016 gab es das letzte große Hochwasser in Mehlem, das hohe Schäden verursachte. Die Bonner Feuerwehr verteilte ab dem Nachmittag Sandsäcke und beobachtete die Hochwasserlage ganz genau.

Entlastungskanal war bei Weitem nicht ausgelastet

Doch am Mittwoch kam der Ort mit einem blauen Auge davon. Dank des neuen rund 12,2 Millionen Euro teuren Entlastungskanals – wäre der nicht gewesen, wäre es in Mehlem nicht so glimpflich ausgegangen. Darüber sind sich Anwohner, aber auch Tiefbauamtsleiter Peter Esch einig. „Der Entlastungskanal war bei Weitem nicht ausgelastet. Eine Überflutung von Mehlem, die ohne den Entlastungskanal sehr wahrscheinlich gewesen wäre, konnte wirksam verhindert werden“, so Esch. Gegen 13 Uhr ging der Kanal laut der Bonner Berufsfeuerwehr in Betrieb.

Lediglich im Bereich zwischen der Unterführung der B9 und der Mainzer Straße kam es zur Überflutung des bachbegleitendenden Wegs, was allerdings auch nicht zu verhindern sei, denn dieser liege „nahezu auf gleicher Höhe wie der Bach bei normalem Wasserstand verläuft“. Am Mehlemer und am Godesberger Bach habe man Treibgut entfernen müssen, was allerdings „kein besonders großes Problem“ darstellte.

 Die Freiwillige Feuerwehr Wachtberg pumpt den Burggraben der Burg Odenhausen in Berkum teilweise aus. Durch den Wasserdruck kommt das Wasser bereits aus einem Gully und überflutet eine Straße.

Die Freiwillige Feuerwehr Wachtberg pumpt den Burggraben der Burg Odenhausen in Berkum teilweise aus. Durch den Wasserdruck kommt das Wasser bereits aus einem Gully und überflutet eine Straße.

Foto: Maximilian Mühlens

Starkregenereignis ohne Treibgut

Esch unterscheidet allerdings auch die Unwetter-Ereignisse von Mittwoch und jene vor einigen Jahren. „Das gestrige Regenereignis zeichnete sich durch langanhaltenden Regen aus, der zwar mit recht hoher Intensität fiel, aber kaum zum Eintrag von Laub und Astwerk in die Bäche führte“, sagte er. Bei den Starkregenereignissen in den vergangenen Jahren kam es zu „extrem heftigen Niederschlägen in kürzester Zeit, teils mit Hagel, was zu großen Mengen Treibgut in den Bächen führte, was dann die Verlegung von Durchlässen und Verrohrungen zur Folge hatte“, führte er weiter aus.

Esch machte auch deutlich, dass bei den bisherigen sommerlichen Starkregen Flächenversiegelung „praktisch keine Rolle“ spielte, weil die extremen Regenmengen, die in kurzer Zeit niedergehen, auch auf unbefestigten Flächen nicht versickern würden, sondern oberflächlich abfließen würden. Eine Ausnahme bilde der Wald. „Bei geringeren Niederschlagsintensitäten ist die Bedeutung der Versiegelung zwar größer, allerdings kommt es bei extrem lang anhaltenden Regenereignissen wie am Mittwoch zu einer Sättigung der Böden, sodass nach einer gewissen Zeit auch hier keine Versickerung in größerem Umfang mehr stattfindet“, so Esch.

Pegelstände des Mehlemer Bachs sind nicht aussagekräftig

Die Pegelstände des Mehlemer Bachs hätten keine einheitliche Aussagekraft, erklärte Andrea Schulte vom städtischen Presseamt, denn sie seien abhängig von den unterschiedlichen Geometrien des Bachbetts an den Messstellen: „So betrug der höchste Pegelstand in Höhe Austraße 1,21 Meter – normaler Pegel 0,3 Meter –, in Höhe Bachemer Straße aber nur 0,62 Meter – normaler Pegel 0,11 Meter“, so Schulte.

Godesberger City bleibt von Wassermassen verschont

Ebenfalls glimpflich ist das Unwetter in der Bad Godesberger City ausgegangen. Zwar sammelte sich auch dort an vielen Stellen auf Straßen, Wegen und Plätzen eine beträchtliche Menge an Wasser, aber es kam nicht zu den verheerenden Überschwemmungen wie beispielsweise 2016. Die Fronhofer Galeria baute um die Tiefgarageneinfahrt sehr schnell einen Flutschutz auf, der bereits am Donnerstagmorgen wieder beseitigt werden konnte.

Der Godesberger Bach schwoll zwar auch ordentlich an und trat stellenweise über die Ufer, verursachte dabei aber keine größeren Schäden. An der Brunnenallee wurden eine große Wiese und ein Spielplatz überschwemmt, weshalb das Technische Hilfswerk am Abend ein mobiles Hochwasserschutzsystem aufbaute, um die Godesberger City vor dem Wasser zu schützen. Im Marienforster Tal sorgte das Wasser für einige umgestürzte Bäume, die am Donnerstag teilweise beseitigt wurden. Die Stadt Bonn meldete, dass es einen Wassereinbruch in der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule und der GGS Heiderhof gab.

In Lessenich musste aufgeräumt werden

In Lessenich/Meßdorf, an der Grenze zum benachbarten Alfter, waren sie hingegen überrascht von den Naturgewalten, die den Hardtbach zum reißenden Fluss anschwellen ließen. Das sonst schmale Rinnsal trat am frühen Mittwochabend gegen 18 Uhr über die Ufer. Walther Mohr, der seit 54 Jahren an der Bahnhofstraße in direkter Bachnähe wohnt, war mit seiner Familie gerade einmal zwei Stunden aus dem Urlaub in Südtirol heimgekehrt. „Auf einmal gab es einen Riesenknall. Ich weiß heute noch nicht, wo der hergekommen ist.“ In der Folge, so beschreibt es Mohr, hätten sich die Wassermassen binnen kurzer Zeit bis zu seinen Häuserwänden vorgearbeitet. „Es war wie eine Flut.“ Gottlob hatte er vor nicht allzu langer Zeit die Kellerfenster zu einem Teil zubetonieren lassen. Es hätten nur noch wenige Zentimeter gefehlt, und er hätte den Strom im Haus abschalten müssen.

Ab Donnerstagvormittag war die Feuerwehr auf der Bahnhofstraße und im Grenzgebiet zu Alfter damit befasst, die Straßen vom Schlamm zu säubern. Treibholz und dicke Äste hatte der Bach ausgespuckt. Während der Bach sich bereits wieder in sein Bett zurückgezogen hatte, blieb das Gehölz am Ufer zurück. Vor allem aber hatten die Rettungskräfte alle Hände voll zu tun, die mit Wasser vollgelaufenen Keller auszupumpen.

Sissi Wagner hatte über ihren Sohn eine eigene Pumpe organisiert. „Es blieb keine Zeit, Sachen aus dem Keller zu holen. Ich bin froh, dass wir eine so tolle Nachbarschaft haben, in der man sich gegenseitig hilft“, sagte Wagner. Froh war sie, dass Leib und Leben nicht gefährdet waren, wie es in Ahrweiler, dem Rhein-Sieg-Kreis und andernorts der Fall war.

Feuerwehr Wachtberg rückt zu 30 Einsätzen aus

Die Freiwillige Feuerwehr Wachtberg rückte zu 30 Einsätzen aus. Vollalarm wurde ausgelöst und alle Gerätehäuser wurden besetzt. Unter anderem waren die Kräfte an der Burg Odenhausen in Berkum damit beschäftigt, den Burggraben teilweise auszupumpen, um Gebäude zu schützen. Die K57 wurde zwischen Villip und Gimmersdorf wegen Überflutung gesperrt, konnte aber am Donnerstag wieder freigegeben werden. „Wir haben mehr Glück gehabt als die anderen Gemeinden um uns herum“, so Michael Ruck, Sprecher der Wachtberger Wehr.

Über Facebook organisierte die KG Rot-Gold Niederbachem eine Hilfsaktion für die Hochwasser-Opfer im Kreis Ahrweiler. Decken, Kissen, Bettwäsche, Kleidung und Lebensmittel wurden gesammelt und zu einer Sammelstelle in Gelsdorf gebracht – schließlich wissen die Wachtberger nur zu genau, wie es ist, Opfer eines solchen Ereignisses zu werden. „Im Vergleich zu den anderen linksrheinischen Kommunen und auch im Vergleich zu den Vorjahren sind dieses Mal Gott sei Dank keine größeren Schäden aufgetreten. Die Gemeindewerke und auch der Bauhof haben im Vorfeld sämtliche Ein- und Abläufe kontrolliert und gegebenenfalls freigemacht“, so Benedikt Bungarten, persönlicher Referent des Wachtberger Bürgermeisters.

Am Donnerstag und am Freitag werden in den Wachtberger Abfuhrbezirken 4 und 5 keine Bio- und Papiertonnen geleert. „Die Leerungen können leider nicht nachgeholt werden, darauf weist die RSAG hin“, so Margrit Märtens, Pressesprecherin der Gemeinde Wachtberg. Der Grund dafür ist ebenfalls das Unwetter. Der Platz in Miel, wo die Fahrzeuge geparkt sind, wurde überflutet. Auch in der nächsten Woche, 21. bis 25. Juni, können im ganzen Wachtberger Gemeindegebiet die Biotonnen nicht geleert werden. Ob in der Woche, wie eigentlich vorgesehen, die Restmülltonnen geleert werden können, wird noch seitens der RSAG mitgeteilt.

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