Projekt in Mehlem Mietgärten ziehen auch Hobbygärtner an, die schon einen Garten haben

Mehlem · Möhren, Spinat, Erbsen, Bohnen: Viele Menschen möchten sich selbst mit Gemüse versorgen. Die Mietfelder in Mehlem ziehen auch Hobbygärtner an, die schon einen Garten haben.

Das Gießen macht mit der Aussicht auf den Drachenfels noch mal so viel Spaß: Laura (l.) und Michaela Wolter bei der Arbeit.

Foto: Niklas Schröder

Bei Sonnenschein werden Netze ausgelegt, Gießkannen befüllt und es wird Unkraut gejätet. Die Mietgärten im Frankenkeller in Mehlem sind seit Kurzem eröffnet. Bis in den späten Herbst hinein werden Hobbygärtner hier über 20 verschiedene Gemüsesorten pflegen und ernten. Mit den Gemüsegärten will das Bonner Unternehmen „meine ernte“ eine Möglichkeit bieten, eigenes Gemüse anzubauen und Gemeinschaft zu leben.

Mit einer Fläche von 45 Quadratmetern hat Gisela Batzel eines der kleineren Beete gemietet. Mit Strohhut auf den Kopf setzt die 62-Jährige an einer Stelle gerade Süßkartoffelpflanzen. Ihre Freundin im Schlepptau, gießt die Godesbergerin anschließend die Erde. „Ich kannte das Konzept bereits von meinem Bruder, der in Hamburg wohnt. Als ich dann erfahren habe, dass es solche Beete jetzt auch in Mehlem gibt, wollte ich unbedingt mitmachen“, erzählt Batzel.

Ernte bis zum Herbst

Gut findet sie, dass die meisten Gemüsesorten schon eingesät oder gepflanzt wurden. Kartoffeln etwa, aber auch Rotkohl, Kohlrabi, Radieschen, Zwiebeln, Möhren, Spinat, Erbsen sowie Bohnen schlummern unter der Erde. Der Kopfsalat könne bereits in drei Wochen erntereif sein – Zwiebeln und Kürbisse hingegen im Herbst. „Ich arbeite sehr gerne in der Natur, so verbinde ich mich auch mit Mutter Erde“, sagt Batzel.

Besonders das Gemeinschaftsgefühl, das man bei der Gartenarbeit erlebe, begeistert sie. „Eigentlich habe ich zu Hause einen großen Garten – das Miteinander hat mich aber nun hierhin geführt.“ Beinahe täglich möchte Batzel zu den Beeten im Frankenkeller kommen. „Ich werde auch noch Zucchinisamen und Hokkaidokürbisse sähen. Ich freue mich schon sehr auf mein eigenes Gemüse. Hoffentlich wird es köstlich“, sagt Batzel, während ihr Blick über die vielen anderen Beete schweift. „So habe ich es mir hier vorgestellt.“

Garten statt Campingplatz

Das Beet nebenan pflegt Angela Klameth gemeinsam mit zwei Bekannten. Die 62-Jährige hatte jahrelang einen Campingplatz, den sie abgegeben musste. „Wenn eine Tür zugeht, geht mit diesem Projekt jetzt eine andere auf“, sagt Klameth.

„Es geht ums Gemüse und darum, andere Leute zu treffen“, erklärt die Godesbergerin ihre Motivation. Denn trotz Dachterrasse und heimischem Garten reize sie vor allem die neugewonnene Gemeinschaft. „Jetzt hat man abends ein Ziel.“ Um ihrem Panoramablick den letzten Schliff zu verleihen, will Klameth in einem Abschnitt Sonnenblumen pflanzen. „Zusammen mit dem Drachenfels werden die ein gutes Motiv abgeben.“

Von der Obstkiste zur Parzelle

In einem anderen Teil des Areals haben Michaela und Laura Wolter ihre Mutter-Tochter-Aktion gestartet. Eifrig ist Laura mit der Gießkanne unterwegs, während ihre Mutter die Keimlinge begutachtet. „Wir haben im letzten Jahr auf unserer Terrasse in einer ausgekleideten Obstkiste gegärtnert“, erzählt die 43-Jährige. Das habe so gut geklappt, dass sich Familie nun an den Mietparzellen versuchen will.

„Mein Mann und unser Sohn sind nicht so für gärtnern, aber Laura hat direkt Bereitschaft gezeigt“, erzählt Wolter. „Jetzt haben wir selbst die Möglichkeit, eigenes Gemüse zu ernten, und das macht großen Spaß“, sagt Laura. Sie will regelmäßig zum Beet kommen: „Vielleicht begleiten mich auch meine Freundinnen, aber auch mit Mama ist es einfach toll“, sagt die Zwölfjährige.

Dass sich so viele Menschen an dem Projekt beteiligen, findet die Schülerin gut. Trotz aller Euphorie hat Laura aber auch ein paar Bedenken: „Wenn es um die Umwelt geht, hätte ich eher Bäume gepflanzt, denn der Anbau von Gemüse verbraucht viel Wasser“, erklärt sie.

Alternative zum eigenen Garten

Jana und Karim Montasser bewirtschaften gemeinsam mit ihren Nachbarn zwei Beete. Im Schlepptau hat das Paar ihre zweijährige Tochter. „Der wollen wir zeigen, wie Gemüse so wächst“, sagt die Mutter. „Wir haben uns einen Garten gewünscht und das hier ist jetzt eine gute Alternative“, findet die 33-Jährige.

Karim Montasser lobt die Lage und freut sich auf die Arbeit. „Es ist total cool, dass wir nun regelmäßig aus der Wohnung kommen. Hoffentlich haben wir im Sommer eine ordentliche Ernte“, sagt der 34-Jährige.

100 Gärten zu vermieten

„Wir haben hier 100 Gärtchen angelegt und bis auf wenige sind alle schon vermietet“, sagt Wanda Ganders von „meine Ernte“. Insgesamt sollen in den nächsten Monaten bis zu 300 Menschen auf dem Areal ackern. Die Organisatoren sind zufrieden: „Wir finden es einfach sehr schön, dass wir in dieser traumhaften Lage den neuen Standort eröffnen konnten und nun so viel Zuspruch erhalten“, sagt Ganders.

Man beobachte, dass immer mehr Menschen sich ein Stück weit selbst versorgen möchten und dafür ihr eigenes Gemüse anbauen. „Viele wollen wissen, was da eigentlich auf dem Teller landet.“ Die verwendeten Gemüsesorten sollen jedenfalls frei von Pestiziden und Chemie sein, verspricht das Bonner Unternehmen „meine Ernte“.