Autorin setzt lieber auf die USA Warum Heimatromane in Bonn nicht ziehen

Bad Godesberg · Der Debütroman von Nina Rheinheimer spielt in der US-Musikbranche. Für Bücher mit Bonn-Bezug sieht sie weniger Chancen. Der GA hat bei Bonner Verlagen nach ihren Beobachtungen und möglichen Gründen gefragt.

Autorin Nina Rheinheimer am Rheinufer in Mehlem. Seit sie 14 ist, schreibt sie Romane. Einen davon gibt es jetzt im Handel.

Autorin Nina Rheinheimer am Rheinufer in Mehlem. Seit sie 14 ist, schreibt sie Romane. Einen davon gibt es jetzt im Handel.

Foto: Axel Vogel

Im Mai wurde Nina Rheinheimers Herzenswunsch endlich wahr: „Ich schreibe Romane, seit ich 14 bin und habe inzwischen zwölf Bücher fertig“, berichtet die 1994 in Bonn geborene Autorin. Der Erfolg habe bislang auf sich warten lassen. Doch vor drei Monaten konnte sie endlich ihren ersten gedruckten Roman „Herzregen“ in Händen halten.

„Das Markenzeichen meiner Bücher ist, dass sie leicht zu lesen sind, aber auch immer ernstere Themen behandeln“, sagt Rheinheimer. In „Herzregen“ gehe es vor dem Hintergrund der US-amerikanischen Musikbranche um Geschlechterrollen, Feminismus und die Frage, was man bereit ist, für seine Träume zu opfern. „Der Roman wirft einen kritischen Blick auf das Musikbusiness der frühen 2000er und das Ende des damals vorherrschenden Boygroup-Hypes“, sagt die Autorin, die ihr Debüt dann doch unter dem internationaler klingenden Pseudonym Nina Laurence veröffentlichte.

Sicher ahnte sie beim Schreiben nicht, dass sie mit dieser Story ein seit dem Backstage-Skandal um die Metal-Band „Rammstein“ hochaktuelles Thema anreißen würde: Rheinheimer schildert den Fall der Journalistin Betty, der der umschwärmte Boygroup-Sänger Nolan nach einem Interview Avancen macht und die sich dann sorgt, dass der Popstar nur mit ihr spielt. „Aktuell konzentriere ich mich auf Liebesromane, weil meine Fantasy- und Jugendbuchprojekte bisher nicht vermittelt werden konnten“, berichtet die Autorin, die seit Juli selbst als Journalistin in Bonn arbeitet.

Deutscher Buchmarkt noch nicht so weit?

Sie schreibe eben nicht nur über Hetero-Paare. Und da habe sie die Rückmeldung bekommen, dass der deutsche Buchmarkt noch nicht so weit sei, das zu verlegen. „Zum Glück ändert sich das langsam. Aber in Sachen Diversity gibt es noch viel Luft nach oben“, meint Rheinheimer. Sie hat in Bonn Germanistik und English Literatures and Cultures studiert, ein Volontariat in einem Bonner Fachverlag absolviert und sich dann „im schönen Mehlem“ niedergelassen: der Liebe zu ihrem Freund wegen.

Sie arbeite momentan auch an zwei „Romance-Projekten“, die teilweise in Bonn angesiedelt seien. Aber für sogenannte New-Adult-Liebesromane, die im Rheinland spielen, sei es offenbar schwierig, Verlage zu finden, meint Rheinheimer. Grundsätzlich seien Verlage in den vergangenen Jahren zwar offener für deutsche Settings geworden. Aber in vielen Fällen sei das ihnen wohl doch nicht exotisch genug. Da sei dann doch eher das amerikanische College gefragt. „Ich fürchte, dass Bonn nicht unbedingt ein Sehnsuchtsort ist – zumindest für die breite Leserschaft. Schade – ich lebe hier sehr gern,“ betont Rheinheimer.

Verlage bestätigen Beobachtung

Ja, definitiv finde belletristische Literatur mit Bonn-Bezug nur schwer einen Käuferkreis, beobachtet Josef Niesen vom BonnBuchVerlag. „Ich bekomme immer wieder solche Manuskripte, die ich meist ablehnen muss, weil ich keine Wirtschaftlichkeit ersehen kann.“ Zudem spricht Niesen von einer „Zurückhaltung des Bonner Buchhandels“ dem Genre gegenüber. Ausnahmen von Büchern mit Bonn-Bezug bildeten neben Bildbänden gut verkäufliche Regionalkrimis und Titel zum politischen Bonn der Bundeshauptstadtzeit, die auch überregional stark gefragt seien.

Auf dem Feld des Bonn-Krimis tummelten sich derzeit viele Autoren, einige lieferten auch Qualität, bestätigt Arnold Maurer vom Bonner Verlags-Comptoir. Belletristische Titel hätten den Vorteil, als moderne Heimatromane das Gefühl regional-emotionaler Nähe zu bedienen. Die Kunst dabei sei es, den richtigen Mix zwischen Bezügen zur Stadt und erzählter Handlung zu finden. Teilnehmer eines von ihm geleiteten Kurses für kreatives Schreiben hätten kürzlich versucht, einen Erfolgsplot zu spinnen: „Heraus kam eine Beziehungskiste unter Naturschützern, die sich um eine Nutria-Rettungsaktion in der Rheinaue rankte. Hat nicht besonders funktioniert“, lacht Maurer.

Hans Weingartz vom Kid Verlag sagt: „Ich weiß, dass es für junge AutorInnen, die noch keinen Namen haben, insgesamt sehr, sehr schwer ist, ihr Manuskript in einem renommierten Verlag unterzubringen.“ Ohne Beziehungen, Netzwerke und Kanäle sei das in den allermeisten Fällen nicht möglich. Bonn sei jedoch in deutschen Romanen häufig Handlungsort. Weingartz erinnert an „Treibhaus“ von Wolfgang Koeppen (1953), „Eine kleine Stadt in Deutschland“ von John le Carré (1968) oder „Raumpatrouille“ von Matthias Brandt (2019). In seinem Verlag hätten sich Texte mit Bonner Lokalkolorit etwa von Maria Uleer („Heute und nicht gestern“, 2021) oder Ellen Kandt („Zwei schöne Fensterplätze in den Krieg“, 2017) am besten verkauft.

Rheinheimer gibt Bonn nicht auf

Nina Rheinheimer will es auf jeden Fall weiter mit Bonn-Romanen versuchen. „Mal schauen, was die Zukunft bringt. Meine Literaturagentur und ich arbeiten daran.“ (Nina Laurence, Herzregen, Isegrim Verlag 2023, 15,90 Euro)