Lernen im Ausland Bonner Jugendliche wollen nach Corona wieder raus in die Welt

Pennenfeld · Ein Jahr im Ausland: Das ist für viele Schüler ein Traum. Auf der JugendBildungsmesse ins Konrad-Adenauer-Gymnasium konnten sie sich über Angebote informieren. Standen früher die USA bei den Jugendlichen hoch im Kurs, ist es heute ein anderes Land.

 Wo soll's denn hingehen? Bei der JugendBildungsmesse im Konrad-Adenauer-Gymnasium informieren sich Schüler über Auslandsaufenthalte.

Wo soll's denn hingehen? Bei der JugendBildungsmesse im Konrad-Adenauer-Gymnasium informieren sich Schüler über Auslandsaufenthalte.

Foto: Stefan Knopp

Zwei Jahre lang konnte die Welt nur eingeschränkt oder gar nicht bereist werden, und das hat auch Auswirkungen auf Austauschprogramme für Jugendliche. „Wegen Corona ist ja viel ausgefallen“, sagte Michael Hartmond, der am Samstag mit Frau Anja und Tochter Lena zur Weltweiser – JugendBildungsmesse ins Konrad-Adenauer-Gymnasium gekommen war. Die 16-Jährige musste auf den Schüleraustausch verzichten, „das wäre genau ihr Jahrgang gewesen“.

Deshalb wollen die Eltern ihrer Tochter, die nächstes Jahr das Abitur am Clara-Fey-Gymnasium macht, für die Zeit danach einen Aufenthalt irgendwo anders auf der Welt ermöglichen. Nur nicht zu weit weg: „Australien und Neuseeland haben wir gestrichen“, so der Vater. Man wolle ja auch nicht so weit fliegen müssen, wenn man die Tochter mal besuchen möchte.

Lena möchte in ein englischsprachiges Land, „gerne nach Kanada“, und diese Distanz wäre für die Eltern noch in Ordnung. Dieses Land war auf der Messe gut vertreten, mehrere der 16 Austauschorganisationen auf dieser Messe hatten Kanada im Programm. Auch Irland könnte sich die Gymnasiastin vorstellen. Und auch für ihren Sonderwunsch fand Lena eine Anlaufstelle: „Am meisten interessiert mich ein Freiwilligendienst mit Sprachkurs.“

Weniger Aussteller als in den Vorjahren

Mit 16 Ständen fiel diese Messeveranstaltung sehr klein aus. „Vor Corona hatten wir Messen mit 40 bis 50 Ausstellern“, sagte Projektkoordinatorin Julia Baier von Weltweiser. Das habe man aber aus Infektionsschutzgründen reduziert. Sie kontrollierte den Impfstatus und wies die Besucher ein. Wären zu viele gekommen, hätte sie Leute bitten müssen, ein wenig draußen zu warten, aber in die Verlegenheit kam Baier nicht. In diesem Fall hätten Besucher, die vorher ein Ticket für garantierten Eintritt gebucht hatten, Vorrang gehabt. Aber eine Anmeldepflicht gab es nicht.

Lenas Mutter Anja Hartmond war überrascht, dass die USA nicht so stark vertreten waren wie erwartet. In der Tat waren bei den meisten Ausstellern Kanada, Australien und Neuseeland zu finden. Der Austauschdienst Assist bietet ausschließlich Aufenthalte an US-Schulen an, vorrangig Internate. Dort konnte Verena Lautz bestätigen, dass die USA weniger gefragt sind als noch vor vielleicht zehn Jahren. Man habe vor allem wegen der letzten Regierung die Befürchtung gehabt, dass das Auswirkungen auf den Betrieb haben könne, sagte sie. „Aber das ist nicht eingetreten. Das liegt daran, dass die Schulen, die wir haben, liberal und offen für internationale Schüler sind.“

Bei ihr machte sich Stefanie (14) von der Siebengebirgsschule in Bad Honnef schlau über einen Aufenthalt. Sie will für ein halbes Jahr in die USA, nach Ansicht von Lautz zu kurz, weil man lange brauche, um sich einzugewöhnen. „Wenn man dann wieder weg muss, nimmt man sich eigentlich den schönsten Teil.“ Das sah Stefanie ein, es sei aber auch eine Kostenfrage.

Wechsel von G8 auf G9 erschwert Auslandsaufenthalt

Sie wollte eigentlich dieses Jahr fahren. Aber der Wechsel von G8 auf G9 an den Gymnasien macht ihr einen Strich durch die Rechnung, da sie dem letzten Jahrgang mit Abitur nach zwölf Jahren angehört (siehe Infokasten). Vor diesem Problem stehen jetzt viele Jugendliche, die ins Ausland wollen.

Zum Beispiel Malte, auch 14 Jahre alt, Schüler am Konrad-Adenauer-Gymnasium. Auch er würde gerne in die USA, in zwei Jahren an eine High School. Ihm war wichtig, dass es eine Betreuung mit Ansprechpartnern vor Ort gibt und dass die Austauschorganisation nicht so groß ist. Sein Vater Andreas Fischer unterstütze das. „Ich habe es nicht gemacht und bereue es heute.“

Neuseeland ist bei jungen Leuten beliebt

Ein anderer Weg schwebt Marco vor. Der 18-Jährige möchte gerne in diesem Jahr nach dem Abitur und vor dem Chemiestudium eine Weile raus. USA? Zu steif. England wurde gar nicht angeboten, wohl wegen des Brexits. „Neuseeland hat sich gut angehört“, sagte er. „Ich bin eher auf der entspannten Seite.“ Work and Travel könnte ihm gefallen, und dafür ist Neuseeland prädestiniert, sagte Martina Brunn, die für Study Nelson vor Ort war. Die Organisation bietet ausschließlich Fahrten ans andere Ende der Welt an. „Es ist alles einfach in Neuseeland.“ Vom Wohnen übers Reisen bis zum Arbeiten: weniger Bürokratie, mehr Handschlag. „Da zählt der Mensch.“ Für Marco klang das gut.

Neuseeland sei „leichter, freier, moderner“, sagte Brunn. Früher hätten die Jugendlichen das mit den USA verbunden, aber das sei eine andere Generation. „Sie hat andere Ideen und Vorstellungen von der Welt. Und die Jugend will einfach raus.“ Durch Corona seien die jungen Leute zu lange eingeschränkt gewesen.

Weltweiser ist ein unabhängiger Bildungsberatungsdienst, der Jugendbildungsmessen zu Auslandsaufenthalten anbietet, Vorträge an Schulen organisiert und Ratgeberzeitschriften herausgibt. Infos auf www.weltweiser.de.

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