Neue Energiegenossenschaft Bürger in Friesdorf setzen auf eigene Stromversorgung

Friesdorf · In Friesdorf haben 16 Mitstreiter die „Friesdorfer-Energie-Genossenschaft eG“ gegründet. Sie wollen es so möglichst vielen Bürgern ermöglichen, sich an der Energiewende zu beteiligen. Zudem sollen Hauseigentümern bürokratische Hürden genommen werden.

 Für ihre Genossenschaft wollen Hans-Georg Schwalb (l.) und Alfred Giersberg neue Mitglieder gewinnen. Schwalbs Photovoltaikanlage ist auf dem Dach seines Mehrfamilienhauses zu sehen.

Für ihre Genossenschaft wollen Hans-Georg Schwalb (l.) und Alfred Giersberg neue Mitglieder gewinnen. Schwalbs Photovoltaikanlage ist auf dem Dach seines Mehrfamilienhauses zu sehen.

Foto: Axel Vogel

Die Energiewende ist ein zentrales Anliegen von Politik und Stadtverwaltung. Bis 2035 will Bonn klimaneutral sein. Um dieses ambitionierte Ziel zu erreichen, muss aus Sicht von Hans-Georg Schwalb die breite Masse mehr mitgenommen werden. Schwalb, Eigentümer eines Mehrfamilienhauses an der Bernkasteler Straße, investiert bereits seit acht Jahren in eine nachhaltige Energiegewinnung für seine Immobilie. Auf seinem Dach versorgt eine rund zehn Kilowatt starke Photovoltaik-Anlage (PV) die fünf Parteien mit Strom, die überschüssige Energie speist er ins Netz ein. Den Friesdorfer hat das Thema „Energiewende“ inzwischen gepackt, aber er fragt sich: „Wie kann man die Menschen beteiligen, die beispielsweise Mieter sind und gar keine Möglichkeit haben, eine solche Anlage zu installieren?“

Die Antwort darauf hat Schwalb gefunden: Eine Energiegenossenschaft, die es bereits mehrfach in der Region gibt, soll es richten. Nachdem der Bürgerausschuss der Stadt Bonn im August einstimmig die Gründung einer von ihm geplanten Bonner Energiegenossenschaft abgelehnt hatte, beschritt Schwalb andere Wege; Ende Oktober gründeten 16 Bonner Bürger um Schwalb und Alfred Giersberg die „Friesdorfer-Energie-Genossenschaft eG“. Dort hat man einiges vor.

Genossenschaft könnte Verfahren vereinfachen

„Wenn wir die Energiewende vorantreiben wollen, müssen wir das Verfahren vereinfachen und den Gewinn beim Bürger lassen“, erklärt Schwalb: „Es gibt viel zu wenige PV-Anlagen, obwohl viele Dächer für die Inbetriebnahme einer solchen Anlage geeignet wären.“ Viele Interessierte dürften sich von den bürokratischen Erfordernissen, die zum Betrieb einer solchen Anlage erforderlich sind, abgeschreckt fühlen, glaubt er: „All das habe ich ja selber erlebt.“ Eine Genossenschaft könnte das Ganze für Otto-Normal-Verbraucher bündeln und „vereinfachen“.

Darum hat für Alfred Giersberg, der nur einen Steinwurf entfernt von Schwalb wohnt, der genossenschaftliche Ansatz viel Charme: „Wenn man eine Energiewende haben will, muss man dieses Anliegen dem Bürger auch näher bringen und ihn ein Stück weit in die Verantwortung nehmen“, betont er.

Eine möglichst breite Bürgerschaft zu mobilisieren und mit ins Boot zu holen, war für Schwalb ausschlaggebend zur Gründung der Friesdorfer-Energie-Genossenschaft. „Ungeachtet des Namens kann jeder Bonner mitmachen. Ich habe den Namen nur gewählt, weil in Bonn mein Bürgerantrag abgelehnt worden war“, unterstreicht er. Die Verwaltung hatte dem Bürgerausschuss die Ablehnung empfohlen, da man bereits Mitglied in Bürgerenergiegenossenschaften sei, wie der BürgerEnergie Rhein-Sieg eG mit Sitz in Siegburg; dort werde man durch die Leitstelle Klimaschutz vertreten.

Idee: für 250 Euro der Genossenschaft beitreten

Schwalb als Vorsitzender der Friesdorfer-Energie-Genossenschaft und Giersberg als sein Stellvertreter verfolgen die Grundidee: „Jeder Genosse kann für einen einheitlichen, einmaligen Betrag von 250 Euro unserer Genossenschaft beitreten." Wie jedes andere Mitglied profitiere er in gleichem Maße von den Erlösen, trage aber auch die Risiken mit“, betont Giersberg, lange Jahre CDU-Ratsmitglied. Zudem gehe es darum, andere Menschen im Umfeld dafür zu interessieren, „dass möglichst selbst erzeugter Strom aus der Steckdose kommt und nicht von einem anderen Versorger“.

Gerne hätte Schwalb mit der Stadt und den Stadtwerken eine Energiegenossenschaft gegründet. Stattdessen habe man ihm geraten, er solle lieber Mitglied in besagter BürgerEnergie Rhein-Sieg eG oder in der BürgerEnergie Siebengebirge eG aus Königswinter werden. Darum wählten Schwalb und Giersberg den Weg der Friesdorfer-Energie-Genossenschaft, bei der schon diverse Unternehmen und Handwerker mitmachen würden. Als Energiegenossenschaft wolle man sich nun als eigenständiger Anbieter auf dem Energiemarkt bewegen, PV-Anlagen betreiben, Strom für die Mitglieder generieren, überschüssigen Strom vermarkten und dabei natürlich auch Erlöse für die Mitglieder erzielen.

Abschluss von Verträgen bereits möglich

„Derzeit befindet sich die Genossenschaft noch in der Wirtschaftsprüfung seitens des Genossenschaftsverbandes, aber wir können schon Verträge abschließen“, sagt Schwalb. Er werde beispielsweise seine PV-Anlage Anfang des Jahres an die Genossenschaft verkaufen. Grundsätzlich müsse diese nicht nur in neue PV-Anlagen investieren, sondern könne auch ältere nutzen. Natürlich halte man weiterhin Ausschau nach Kooperationspartnern, aber erste Gespräche seien bislang wenig erfolgversprechend gewesen.

„Grundsätzlich sind wir immer an Kooperationen interessiert, die ökologisch und wirtschaftlich sinnvoll sind. Das Geschäftsmodell, das Herr Schwalb uns vorgestellt hat, ist für uns derzeit nicht interessant“, hält Michael Henseler, stellvertretender Pressesprecher der Stadtwerke, dagegen. Kompetenzen seines Unternehmens würden in der Projektierung, Planung und der Finanzierung sowie dem Bau und Betrieb von PV-Anlagen liegen. „Das möchte die Energiegenossenschaft alles selbst erbringen. Wir haben Herrn Schwalb dennoch vorgeschlagen, Dächer der Genossen zu bündeln und dann über BonnPlus PV mit Photovoltaik auszustatten“, so Henseler weiter.

Kai Birkner, Geschäftsführer des Wachtberger Energieversorgers Enewa, sieht aktuell ebenfalls wenig Chancen für ein Engagement seines Unternehmens in einem Genossenschaftsmodell: „Das hängt wesentlich damit zusammen, dass früher die Vergütungen für das Einspeisen überschüssigen Stroms höher waren.“ Für Kapitalanleger sei die Rendite nicht lukrativ.

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