Friedensprojekt in Bad Godesberg Daoud Nassar leistet kreativen Widerstand

BAD GODESBERG · Die einen loben Daoud Nassar als "palästinensischen Gandhi", als einen, der in einer der explosivsten Regionen der Welt Gewaltlosigkeit predigt und lebt.

 "Wir bauen Brücken: zwischen Menschen verschiedener Herkunft", sagt Nassar.

"Wir bauen Brücken: zwischen Menschen verschiedener Herkunft", sagt Nassar.

Foto: privat

Die anderen wissen nicht recht, wie sie diesen merkwürdigen Palästinenser evangelischer Konfession, der da in der Nähe von Bethlehem mit seiner Familie beharrlich für den Frieden, aber auch für, wie er sagt, sein Recht eintritt, einordnen sollen. Der 44-jährige Nassar wird am Dienstag, ab 19 Uhr in der Johanneskirche, Zanderstraße 51, über sein außergewöhnliches Projekt berichten und Rede und Antwort stehen. Er ist auf jeden Fall ein eigenwilliger Kopf. ,"Wir weigern uns, Feinde zu sein", steht in Stein gemeißelt auf seinem Land, dem einzigen nicht von israelischen Siedlern besetzten Hügel zwischen Bethlehem und Hebron, auf dem er das "Tent of nations", ein Friedenszelt der Nationen, errichtet hat.

Doch die Rechtslage ist seit Langem umstritten. Der Hügel liegt im von Israel besetzten Westjordanland, und zwar in dem Teil, der fast vollständig unter israelischer Zivil- und Sicherheitsverwaltung steht. Nassar, der palästinensische Christ, nimmt nun die biblische Bergpredigt ernst und wehrt sich seit zwei Dutzend Jahren gewaltlos gegen die Enteignung des Landes. Unterstützt wird er dabei ideell von europäischen Kirchengemeinden und von deutschen Politikern.

"Niemand kann uns zum Hass zwingen. Aber der Druck ist groß. Wir werden von der israelischen Armee, vom Mauerverlauf und von den israelischen Siedlern bedroht", sagt er. Im Mai 2014 walzten Bulldozer unter dem Schutz der israelischen Truppen seine 1000 Obstbäume nieder - ungeachtet des noch laufenden Rechtstreits mit dem Obersten Gerichtshof Israels über die Anerkennung der Kaufdokumente seines Großvaters.

Doch Nassar und seine Familie blieben. Auf seinem Land darf er weder Strom- noch Wasserleitungen legen und überirdisch keine Bauwerke errichten. Deshalb gruben er und zahlreiche auch internationale Helfer wie Rupert Neudecks "Grünhelme" im "Tent of nations" Höhlen und legten Zisternen an. 14 Solarpaneele wurden installiert. Der Kampf um den Weinberg ging weiter. Neue Pflanzen wurden gesetzt. Im Sommer findet jeweils ein Camp für Kinder aus der Umgebung statt. Palästinenserinnen können Englischkurse belegen und das Arbeiten mit Computern erlernen.

Nur die Fürsprache weiterer deutscher Politiker hat bisher die Vertreibung der Familie Nassar verhindert. "Wir wollen keine Rache und Vergeltung für das uns angetane Unrecht, aber wir leisten kreativen Widerstand", ist die Botschaft von Daoud Nassar. Mauern hätten Israeli und Palästinenser in diesem geschundenen Land wahrlich genug. Hinter denen werde das Feindbild auf beiden Seiten immer weiter zementiert.

"Wir bauen Brücken: zwischen Menschen verschiedener Herkunft und zwischen Natur und Mensch. Es ist ein Kampf David gegen Goliath, aber ohne Steinschleuder", so Nassar.

In der Johannes-Kirchengemeinde haben Pfarrer i. R. Ernst Jochum, Presbyter Hans-Georg Kercher und Cay Gabbe vom Marienforster Friedenskreis die Vorbereitung des Abends übernommen. Der Gospelchor unter Leitung von Kantor Christoph Gießer singt Friedenslieder. Bei seinem Bonn-Besuch wird Nassar auch noch im Amos-Comenius-Gymnasium und im Pädagogium auf Schülerfragen antworten.