Günter Herzing feiert zwei Jubiläen Der eigenwilligste Maler Bad Godesbergs

BAD GODESBERG · 30 Jahre als freischaffender Künstler, vor fünf Jahren gründete er sein Atelier Knotenpunkt: Günter Herzing, der eigenwilligste Maler Bad Godesbergs, feiert zwei Jubiläen.

 Knotenpunkt: Günter Herzing in seinem Atelier

Knotenpunkt: Günter Herzing in seinem Atelier

Foto: Barbara Frommann

Mitten auf dem Von-Groote-Platz hält ein schnittiger Wagen mit gut betuchtem Fahrerpaar. Drüben vor dem Hotel zum Löwen sitzt gemütlich „der schöne Konsul“ Hans-Hermann Weyer, Godesbergs schillerndster Promi.

Langsam legt sich Dämmerung über die Bilderbuchecke des Villenviertels, sodass die stählernen Behelfstreppen des Bahnhofs wie futuristische Großstadtarchitektur leuchten. „Man beachte die Weltkugel, die da an Krücken auf den Platz hinkt“, erläutert Günter Herzing sein neuestes großformatiges Ölbild und zeigt auch auf den Roboter „Pepper“, der das arme Sandmännchen im Griff hält.

Herzing ist selbst in einem alten Wohnwagen grübelnd über einer Skizze vertieft zu sehen, neben ihm seine Frau, wie sie die Tageszeitung mit den Lettern „Welt sucht Bleibe“ aufschlägt. „Diese Krücke, an der die angeschlagene Welt herantappt, ist das Salz in der Suppe“, erläutert der Maler. „Wir lieben ja die Idylle in Godesberg. Aber die heile Welt ist auch hier immer auf die verletzte Welt getroffen.“

Der in Hennef geborene Herzing ist ein Maler mit sofort erkennbarer Handschrift. In seinen großflächigen Bildern kreuzen sich realistische Gegenständlichkeit mit surrealer Symbolik und kubistische Raumgliederung mit expressionistisch starken Farben. Er selbst nennt seinen Stil narrativen Realismus und führt durch „den Knotenpunkt“, sein künstlerisches Zentrum seit fünf Jahren.

Beispiele seiner satten Ernte aus 30 Jahren hauptberuflichen Künstlerschaffens sind in den Räumen vereint: Plastiken, Porträts, hauptsächlich freie Großformate mit dem eigenwilligen Strich des studierten Architekten. Immer weisen sie einen „Aufmerksamkeitspunkt“, wie der 62-Jährige das nennt, auf. Nein, mit dem wolle er nicht provozieren, sagt Herzing. Wie die Krücke addiere er immer ein Motiv, „das da eigentlich nicht hingehört“, um seine Betrachter zum Grübeln zu bringen.

Unübersehbar hängt seine riesige „Malermühle“ im Raum, ein Herzstück seines Schaffens. Ja, in diesem Bild seien Zitate aus seiner ganzen Laufbahn vereint, nickt er. Die Zentrierung in Form einer Ellipse steigert die Dreidimensionalität und richtet den Blick wie durch ein Bullauge auf die Welt des Malers. Haus und Straße im Villenviertel und im Hintergrund der Bahnhof setzen die gerade bei den lokalen Kunden beliebte Reihe „Bad Godesberg – innen“ fort.

Die rothaarige Frau, die über die Jahre auf hohen Absätzen durch Herzings Bilder stakste, ist hier dabei, à la Salvador Dali zum Baum zu mutieren. „Ja, mein Aufmerksamkeitspunkt“, lächelt Herzing. Und betont, dass er im Gegensatz zu anderen auf dem Kunstmarkt hoch dotierten Kollegen die Frauen seiner Bilder nie auf Bananen oder Zigarren setzen würde. „Mir geht es um warme Erotik.“ Inmitten der von tosenden Zügen umkreisten Szene sitzt, den Pinsel ins Regenwasser tunkend, in Seelenruhe der Maler vor der Staffelei.

So entspannt sei sein 30-jähriges Künstlerleben natürlich nicht immer gelaufen, seufzt Herzing. „Das war am Anfang total aussichtslos. Und erst Schritt für Schritt habe ich mich durchgekämpft.“ Dass daraus nun 30 Jahre mit bislang 625 Bildern, wovon er über 400 verkaufte, wurden, erfüllt ihn mit Stolz. „Ja, ich liebe auch die vielen wunderbaren Spielzeuge, die ich hier ausstelle“, sagt er. „Aber meine Malerei wird weiterhin im Zentrum stehen.“

Der Knotenpunkt in der Plittersdorfer Straße 133 mit Kunst und kunstvollem Spielzeug ist von Mittwoch bis Freitag, 14 bis 18 Uhr, und samstags von 10 bis 13 Uhr kostenlos zu besichtigen. Kontakt unter 02 28/36 34 14

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