Auf Stadtsafari in Bad Godesberg Der Neue schaut in Friesdorf und Hochkreuz vorbei

Friesdorf/Hochkreuz · Ein Godesberg-Neuling betrachtet die Ortsteile mit den Augen des Erstbesuchers – und mit unverstelltem Blick auf die Dinge. GA-Redakteur Alexander Barth hat zum Auftakt dieser Serie seine Beobachtungen in Friesdorf und Hochkreuz aufgeschrieben.

 Der Klufterplatz: Von hier startet GA-Redakteur Alexander Barth seine Erkundungstour durch Friesdorf.

Der Klufterplatz: Von hier startet GA-Redakteur Alexander Barth seine Erkundungstour durch Friesdorf.

Foto: Alexander Barth

GA-Redakteur Alexander Barth ist neu in Bad Godesberg. Daher begibt er sich in diesen Tagen auf ausgiebige Rundgänge durch die Ortsteile – mit unverstelltem Blick und mit den Augen eines neugierigen Neuen. Seine Beobachtungen fasst er in den kommenden Wochen an dieser Stelle zusammen, völlig subjektiv und ohne Anspruch auf ein vollständiges Bild. Für ihn ergeben sich überraschende Perspektiven, die eingefleischten Einheimischen womöglich bekannt sind, aber durchaus einen zweiten Blick lohnen. Dazu gehören mehr oder weniger offensichtliche Problemszenarien ebenso wie launige Seiten der jeweiligen Viertel. Ebenfalls fließen subjektive Beobachtungen, Gesprächsnotizen und vorab recherchierte Fakten ein. Die erste Erkundungstour führte ihn nach Friesdorf und Hochkreuz.

Während das „Friesi“ in diesen Tagen keine Anlaufstelle im Godesberger Norden bildet, bietet der nahe Parkplatz immerhin dem Neu-Godesberger auf Stadtsafari einen willkommenen Startpunkt. Zwei Stunden mit Scheibe – keine schlechte Ausgangslage für den Crashkurs in Sachen Friesdorf. Den Klufterplatz als mehr oder weniger offizielles Herz nimmt auch der Erstbesucher auf Empfehlung mit, allerdings nicht ohne einen Gedanken an die brutale Messerattacke vor einigen Tagen, deren Umstände noch unklar sind. Einladendes zum Verweilen gibt es ansonsten durchaus: Boule, Bücherschrank und Beete. Letztere ein Vorgeschmack auf den Eindruck, der sich später noch verfestigen soll: In Friesdorf, am Nordrand des Godesberger Ortsteile-Ensembles gelegen, wird fleißig im öffentlichen Raum gepflanzt.

Eine eigene Touristeninformation für den zu erwarten, wäre natürlich vermessen – die nächste Bushaltestelle tut es ebenso. „Gehen Sie mal die Annaberger Straße runter“, empfiehlt eine ältere Dame knapp. Schon nach wenigen Metern offenbart sich der Charakter einer von teils historischen Gebäuden gesäumten Nordost-Südwest-Verbindung, die bei der Suche nach dem Charakter Friesdorfs weiterhilft: Vor allem auf dem Abschnitt in Richtung Wahrzeichen regiert eine spannende Mischung mit Fachwerkbauten, 50er-Jahre-Geschäftsfassaden und ehemaligen Höfen, den einen oder anderen Leerstand inklusive. Ehe das Turmhaus aus dem 12. Jahrhundert erreicht wird, lockt mancher Abzweig – mal breit, wie zur Servatius-Kirche, mal schmal, wenn ein öffentlicher Pfad zwischen Häuserfronten Einblicke in Friesdorfer Gartenidylle zulässt. Auf der Straße selbst halten sich etliche Traditionsbetriebe. Das Angebot reicht von der Waschmaschine bis zur Ausstattung für die allerletzte Ruhe.

Friesdorfer Pflanzlust nicht nur auf privatem Grund

 Sinn für Grün: An etlichen Stellen in Friesdorf wurde im öffentlichen Raum gepflanzt.

Sinn für Grün: An etlichen Stellen in Friesdorf wurde im öffentlichen Raum gepflanzt.

Foto: Alexander Barth

Im Rücken von St. Servatius wird es dann gemütlich. Die Bodelschwinghstraße ist eine Option auf dem Weg zur anderen markanten Kirche Friesdorfs. Auch hier zeigt sich die Friesdorfer Pflanzlust, nicht nur in privaten Gründen. Derzeit bunte Saatkisten auf Fußwegen werden von bürgerschaftlichen Initiativen gepflegt. Dass Friesdorfs Charakter auch von der Arbeit am architektonischen Reißbrett geprägt ist, wird der neugierige Stadtwanderer noch einmal weiter südlich gewahr. Die Blocksiedlung im Straßenviereck Klufterstraße, Am Woltersweiher, In der Kumme und Hochkreuzallee lässt trotz Einheitsantlitz Freundlichkeit aufblitzen, nicht zuletzt dank jeder Menge Baum-Grün, dicht an den Häusern stehend und wohltuend in der aktuellen Sommerlage.

Die Safari ohne Plan führt den Godesberg-Neuling weiter auf die Hochkreuzallee, besonders deren Mittelabschnitt, steht daraufhin eine schmucke Platanenallee auf dem Wegeplan. In jüngerer Vergangenheit regt sich aus der Anwohnerschaft der konkrete Wunsch nach Tempo 30 an dieser Stelle im Friesdorfer Süden. Für die Allee, der selbst die eine oder andere Bausünde des 20. Jahrhunderts nicht das behagliche Wesen rauben kann, ein gut vorstellbares Szenario.

 Die Annaberger Straße in Friesdorf lässt in die Geschichte blicken.

Die Annaberger Straße in Friesdorf lässt in die Geschichte blicken.

Foto: Alexander Barth

Zwischen Wohnbebauung und Stadtgrün eine Oase

Die Kombination aus Gemütlichkeit und Siedlungsdichte von jenseits der Bernkasteler Straße setzt sich auch im Friesdorfer Osten fort. Halbwegs unerwartet, dafür erfreulich, tut sich zwischen Wohnbebauung und Stadtgrün eine Oase zwecks Regeneration und Verpflegung auf – wenn man denn das anderswo oft als vermisst geltende Kneipenambiente der „Urig“-Kategorie schätzt: „Im Setzkasten“ in der Joseph-Roth-Straße lässt sich Kontakt aufnehmen, in stiller Andacht das Gesehene aufarbeiten – oder der Absprung in den Nachbarortsteil planen.

 Versteckt und doch gut zu finden: Die Grünanlage der ehemaligen Lehr- und Versuchsanstalt.

Versteckt und doch gut zu finden: Die Grünanlage der ehemaligen Lehr- und Versuchsanstalt.

Foto: Alexander Barth

Wenig wohlwollende Zungen sollen schon behauptet haben, mit einem Besuch an der namensgebenden Wegsäule soll die einzige Sehenswürdigkeit von Hochkreuz bereits abgearbeitet sein. Es bedarf tatsächlich ein wenig Fantasie, um in einem der jüngsten Bonner Viertel Schätze von Aufenthaltsqualität zu heben – wenn denn Maßstäbe gelten, die etwa einen zentralen Anlaufpunkt voranstellen. Seinen Charakter zwischen den Eckpfeilern Wohnen und Arbeiten hat sich Hochkreuz maßgeblich mit den zu Hauptstadtzeiten aufgebauten Strukturen im Schatten des Regierungsviertels verdient. Der Grabenweg verdient nicht nur den Zusatz „Lange“, sondern präsentiert sich auch als beispielhaft für den gesamten Ortsteil.

Versteckte Kleinode in Hochkreuz

Echte Leuchttürme urbaner Bauart sind beim besten Willen und intensiver Suche nicht zu finden, wenn überhaupt, schaffen sich die Anwohner diese hinter teils gewaltigen Hecken selbst. Hinweise auf womöglich Entgangenes nimmt der Autor dieser Zeilen dankbar entgegen. Doch ganz ohne Charme ist auch der zweckorientierte Flecken Bonns nicht: Mit der bemerkenswerten Heilig-Kreuz-Kirche samt Turm ragt ein moderner Sakralbau aus der Wohnidylle. Und die ehemals zur Optimierung von Nutz- und Handelspflanzen angelegte Grünanlage an der Heinemannstraße trägt zwar den Namen „Friesdorfer Park“, geht ihrem Auftrag als Entschleunigungsoase aber auf Gebiet von Hochkreuz nach. Darauf schließlich, dass die Rheinaue zu einem wesentlichen Teil ebenfalls dort liegt, lässt sich am Ende dieser ersten Godesberg-Safari vor dem Kiosk-Pavillon am Herbert-Wehner-Ring anstoßen.

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