Brigitte Schröder Deutschlands erste Grüne Dame kam aus Bad Godesberg

Bad Godesberg · Brigitte Schröder wäre am 28. Juli 100 Jahre alt geworden. Von Bad Godesberg aus setzte sie ab 1972 ein soziales Projekt um, das sie sich in den Vereinigten Staaten abschaute.

Eigentlich fing alles damit an, dass sich in den 1960er Jahren eine deutsche Außenministergattin auf Reisen im üblichen Damenprogramm langweilte und vorschlug, in Washington auch einmal Krankenhäuser zu besichtigen. Brigitte Schröder, die Frau des damaligen Chefdiplomaten Gerhard Schröder, CDU, (nicht zu verwechseln mit dem späteren SPD-Bundeskanzler), hatte als engagierte Lokalpolitikerin ein Herz gerade für soziale Themen. Im Außenministerium hatte sie schon den noch heute existierenden Frauen- und Familiendienst (FFD) auf die Beine gestellt. Nun also inspizierte „Frau Außenministerin“ US-amerikanische Kliniken – und lernte die „Pink Ladies“ kennen, Ehrenamtliche in rosa Kitteln. Die brachten vor allem Eines, nämlich Zeit für den Patienten, mit und entlasteten so das Personal. „Und da sah ich die Lücke in Deutschland. So kam es zu den Grünen Damen bei uns“, schrieb Brigitte Schröder später.

1969 hatte die als zielstrebig und organisationsbegabt bekannte Mittfünfzigerin die entscheidenden Fäden geknüpft: Das Evangelische Krankenhaus Düsseldorf ließ sich endlich auf ihr Angebot ein. In Bonn schickte Schröder ab 1972 Anna-Klara Böhninger und Marie-Luise Isbary mit ihren Gruppen ins Evangelische Waldkrankenhaus und die Johanniterklinik. Sie hatte den Damen die bis heute typischen lindgrünen Kittel angepasst. Denn die Kennfarbe der Washingtoner Ideengeberinnen – das Rosa – missfiel ihr, nüchtern, wie sie war. Und nicht zuletzt hatte Schröder, eine über die Jahre begnadete Fundraiserin, etliche Gelder für ihre soziale Idee gesammelt. Auf dem Parkett der Bundeshauptstadt erzählte man sich, dass auf Empfängen keiner der charmanten „Frau Innen-, Außen- und Verteidigungsminister“ ohne Spende entkommen könne.

Aber auch die Kliniken mussten überzeugt werden, sich auf Ehrenamtliche einzulassen. „Am Anfang bin ich schon von Krankenhaus zu Krankenhaus gefahren, habe Klinken geputzt“, erklärte die 1915 in Breslau als Bankierstochter geborene Brigitte Schröder später. Jede Stationsschwester musste „erobert“ werden, bis Schröders „Lieblingskind“, die Evangelische Krankenhaus- und Altenheim-Hilfe (EKH), kurz die „Grünen Damen und Herren“, zum unverzichtbaren Dienst an heute über 750 Krankenhäusern und Altenheimen werden konnte.

„Grüne Damen und Herren“ haben heute 11 000 Helfer

All das organisierte die kleine energische Dame fast im Alleingang mit ihrer einfachen Schreibmaschine und ihrem Telefon vom Heiderhof aus, bis 1992 mit Albrecht von Cossel ein Geschäftsführer im Pappelweg hinzukam. Dessen Frau Ehrengard war es dann auch, die entscheidende Überzeugungsarbeit in den neuen Bundesländern leistete: Schröder konnte ihren Dienst, der heute über 11 000 Helfer umfasst, also vor ihrem Tod im Jahr 2000 noch in ganz Deutschland ausweiten.

Sie war halt eine jener tatkräftigen Frauen, die in der jungen Bundesrepublik mit großem Mut Gleichgesinnte um sich herum scharten und soziale Projekte verwirklichten. Unter den Nazis hatte Schröder es als ohnehin gefährdete sogenannte „Halbjüdin“ sogar unerschrocken geschafft, die Papiere für ihre Heirat mit ihrem „arischen“ Verlobten zu erkämpfen.

Drei Kinder zog sie später groß, hielt ihrem Ministergatten den Rücken frei, machte im Düsseldorfer Stadtrat Politik und übernahm später in der Stiftung Bonner Altenhilfe über viele Jahre den Vorsitz. Und sie fand doch immer wieder Zeit und Energie, ihr „neues Haus der Diakonie in Deutschland“ weiterzubauen. „Meine schönsten Momente sind natürlich immer die, wenn neue EKH-Gruppen zu uns stoßen“, blickte sie 1996 zurück. „Ich habe ja schon immer auf der positiven Seite gelebt. Das ist mein Lebensprinzip.“

Selbst den grünen Kittel übergestreift hat die Macherin aber übrigens nur einmal auf Bitte anderer. Kurz darauf kam sie hilflos zurück: Sie sei ungeeignet am Krankenbett. Sie könne eben besser organisieren.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort