Neues Familienprojekt in Bonn Die helfenden Engel sind sehr gefragt

PLITTERSDORF · Bad Godesberg ist seit gestern offiziell um einige Engel reicher. Denn im Haus der Familie (HdF) an der Friesenstraße, dessen Träger die Thomas-Kirchengemeinde ist, wurde am Mittwoch mit einem Festakt ein Standort des bundesweiten Projektes "wellcome" eröffnet. Ziel ist es, Familien, die Kinder im ersten Lebensjahr haben, praktische Hilfe zu bieten.

 Mit Kind und Kegel im Haus der Familie: Vorstellung des neuen "wellcome"-Standorts in Bonn.

Mit Kind und Kegel im Haus der Familie: Vorstellung des neuen "wellcome"-Standorts in Bonn.

Foto: Ronald Friese

Ehrenamtliche Helfer - die "wellcome"-Engel - greifen zum Beispiel überforderten Müttern und Vätern unter die Arme, erleichtern ihnen den Alltag oder helfen Zugezogenen dabei, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. "Wir versuchen, das fehlende Netzwerk wie Großeltern oder Tanten zu ersetzen", erklärt Anneke Ahrens, die als Koordinatorin Ansprechpartnerin für die Familien und die ehrenamtlichen Helfer ist. Es handele sich quasi um einen "Dienst rund ums Kind".

Obwohl die offizielle Eröffnung gestern stattfand, sind die Engel schon seit Juni im Einsatz. Der Bedarf ist da, die Nachfrage ist groß, sagen Hdf-Leiterin Regina Uhrig und ihre Stellvertreterin, Erika Victor-Wiedemann. "Wir haben bereits fünf Einsätze, vier stehen auf der Warteliste", sagt Ahrens, deren Team momentan aus acht Ehrenamtlichen besteht.

Wer Hilfe in Anspruch nehmen möchte, muss eigentlich nur zwei Kriterien erfüllen: Er muss ein neugeborenes Kind haben (Altersgrenze ist ein Jahr) und sich überfordert fühlen. "Dabei ist nicht wichtig, ob das Umfeld sagt, dass das doch alles zu schaffen sei", so Victor-Wiedemann.

Und Uhrig ergänzt, dass sich das Angebot ausdrücklich an jeden richte. Bildungsstand, sozialer Hintergrund oder Nationalität spielten keine Rolle: Die Akademikerfrau kann genauso Hilfe beanspruchen wie der Hartz-IV-Empfänger; die alleinerziehende Mutter eines Kindes genauso wie die Familie mit Mehrlingsgeburten.

"Es gibt junge Familien, die sind wegen des Jobs des Mannes hierher gezogen. Die Frau ist mit dem Neugeborenen zu Hause, fühlt sich überfordert, hat in der neuen Stadt aber noch keinen Anschluss und kennt somit niemanden, der ihr helfen kann", beschreibt Ahrens einen Fall.

Da greifen die "Engel" ein und vermitteln neben der alltäglichen Hilfe auch Ansprechpartner wie Hebammen, Kinderärzte, Beratungsstellen oder Kirchengemeinden. "Deswegen ist es auch gut, dass “wellcome„ ans Haus der Familie angeschlossen ist", sagt Uhrig. In der Familienbildungsstätte fänden zugezogene Mütter und Väter schnell Anschluss.

"Wellcome" gibt es seit gut zehn Jahren. Damals rief Rose Volz-Schmidt, die gestern auch beim Festakt dabei war, das Projekt in Hamburg ins Leben. Sie habe selbst immer gearbeitet, mit Mitte 30 dann ihr erstes Kind bekommen - und nach einer entspannten Schwangerschaft waren Geburt und die folgenden Wochen alles andere als einfach.

"Ich war damals Leiterin einer Familienbildungsstätte." So habe sie gewusst, an wen sie sich wenden kann. Und habe doch festgestellt, dass das Netzwerk, dass sie in ihrer Heimat im Schwarzwald gehabt hätte, fehlte. So entstand langsam die Idee von "wellcome". Mittlerweile gibt es rund 200 Teams in 15 Bundesländern, Bundeskanzlerin Angela Merkel ist Schirmherrin des bundesweiten Projekts.

Seit gestern gibt es nun auch offiziell ein Team in Bonn. Die Finanzierung ist erst einmal für ein Jahr gesichert - dank der Stiftung "Zukunft für Familien", die gestern von Johannes-Jürgen von Block-Schlesier vertreten wurde und die die Anschubfinanzierung übernommen hat.

Um "wellcome" länger am Leben zu erhalten, werden aber noch Sponsoren gesucht. Die Stelle von Anneke Ahrens stemmt das Haus der Familie, es gibt öffentliche Zuschüsse. Aber das allein reicht nicht aus, um das Projekt, das pro Team zwischen 8000 und 10 000 Euro im Jahr kostet, zu finanzieren, sagt Uhrig.

Weitere Infos gibt es auf www.hdf-bonn.de und www.wellcome-online.de.

"Wellcome" in Bonn:
Für den Bonner "wellcome"-Standort werden noch ehrenamtliche Helfer gesucht. Sie sollten sich sozial engagieren wollen, eigene Kinder oder viel Kontakt mit Kindern (gehabt) haben. Das Alter spielt keine Rolle. Die "wellcome"-Engel kommen circa zweimal pro Woche für zwei bis drei Stunden in die Familien.

Der Einsatz ist zunächst auf zwei bis drei Monate begrenzt, kann aber auch, falls nötig, verlängert werden. Für Familien fällt eine Gebühr von fünf bis sieben Euro pro Stunde an, Ermäßigungen sind möglich. Wer "wellcome"-Engel werden oder Hilfe in Anspruch nehmen möchte, wendet sich an Anneke Ahrens, Rufnummer 0228/3771357, bonn@wellcome-online.de.

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