Flüchtlingshilfe in Wachtberg Die Polizei lobt die Ehrenamtlichen

Wachtberg · Experten informierten Politiker und Öffentlichkeit über die Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern in der Gemeinde Wachtberg. Die Polizei ist voll des Lobes für die Arbeit der Ehrenamtlichen, die sich mit den Hauptamtlichen um zurzeit mehr als 400 Flüchtlinge kümmern.

Wer Interesse daran hat, mit welchem Aufwand die Aufnahme, Unterbringung und Betreuung von Asylbewerbern für eine Gemeinde wie Wachtberg mit sich bringt, der hatte am Donnerstagabend im Sozialausschuss reichlich Gelegenheit dazu. Nicht nur, dass die Kommunalpolitiker dem Thema zwei Stunden ihrer Sitzung einräumten: Inhaltlich hatten sie gut ein Dutzend Aspekte zu berücksichtigen, welche die aktuelle Masseneinwanderung nach Deutschland mit sich bringt.

Lage in kriminologischer Hinsicht erfreulich

Zunächst aber hatte die Polizei das Wort. In Person des Ersten Polizeihauptkommissars Karl-Heinz Hennigs, als Leiter der Wache Meckenheim-Rheinbach auch für Wachtberg zuständig, gab er in der Sitzung eine umfangreiche Lagebeurteilung ab. Als durchweg erfreulich bewertete er dabei die Wachtberger Asylsituation in kriminologischer Hinsicht. So sei die Lage in Wachtberg bis auf den Fall eines in Fritzdorf untergebrachten Marokkaners, der wegen des Verdachts einer Beteiligung an den sexuellen Belästigungen zu Silvester vorübergehend festgenommen worden war, „polizeilich völlig unauffällig“.

Der Polizeibeamte nahm dies zum Anlass, die ehrenamtlichen Helfer in Wachtberg ausdrücklich für ihre Arbeit zu loben. Zugleich gab Hennigs zu erkennen, dass bei der Polizei derzeit höchste Wachsamkeit vorherrsche. Anlass sind die bevorstehenden Karnevalstage, welche die Ordnungshüter nach den Übergriffen von mutmaßlich überwiegend nordafrikanischen Männern auf Frauen und Mädchen in der Silvesternacht in Alarmbereitschaft versetzen.

Karnevalspartys in Rheinbach komplett abgesagt

In Rheinbach, so Hennigs, seien Karnevalspartys komplett abgesagt worden, weil die Veranstalter keine Lust hätten, in die „rechte Ecke“ gestellt zu werden, wenn sie bestimmten ausländischen Besuchergruppen den Zutritt verweigern; andererseits berge zugleich allein die Möglichkeit, dass doch Straftaten verübt werden, ein zu hohes Risiko. Derweil sei die Polizei gefordert, Übergriffe zu verhindern. Zuhörer mussten sich nicht allzu viel Mühe geben, um herauszuhören: Der Druck, der zurzeit auf dem Innenminister lastet, wird derzeit offenkundig recht ungefiltert an die polizeiliche Basis weitergereicht.

Die (kostenlose) Öffnung des Programms mehrerer Wachtberger Sportvereine für Asylbewerber und deren Verpflegung waren sodann Themen, denen sich die Ausschussmitglieder zuwandten. Zur Sprache kamen dabei auch Schwierigkeiten: So sahen sich DRK-Helfer mit Beschwerden von Asylbewerbern konfrontiert, denen das Essen nicht zu behagen schien. Zudem konnten sie nur unter erheblichen Entbehrungen auf einzelne Helfer zurückgreifen, die auch an den Weihnachtstagen für die Herrichtung von Wohnraum zur Verfügung standen. „Insgesamt ist die Mannschaft motiviert, und ich blicke optimistisch in das neue Jahr“, sagte Michael Bau vom DRK-Ortsverein.

Auch nutzte Ehrenamtskoordinatorin Andrea Walter die Gelegenheit, sich dem Gremium vorzustellen. Für den Ökumenischen Arbeitskreis berichtete Kurt Zimmermann, der die Frage aufwarf, ob der „Systemfehler“ behoben werden kann, dass neben den Beziehern von Sozialhilfe auch Asylbewerber Beiträge für die Offene Ganztagsschule zahlen müssen.

Hintergrund: Als Einkommen, das für die Bemessung der Beiträge zugrunde liegt, werden auch Leistungen wie Mietzuschüsse berechnet. Vor einer Benachteiligung von Sozialhilfeempfängern für den Fall, dass nur Asylbewerber von den OGS-Beiträgen befreit werden, warnte Hans-Otto Schacknies (SPD). Das Thema soll bei anderer Gelegenheit in einem Ausschuss noch einmal beraten werden.

Integrationsbereitschaft steigt mit den Angeboten

Hans-Otto Schacknies war es auch, der nach der Integrationsbereitschaft der Asylbewerber fragte. Diese, entgegnete Kurt Zimmermann, steige mit dem Angebot, das man den Gästen unterbreite. Bestimmten Schwierigkeiten wie „mediterraner Unpünktlichkeit“ (Zimmermann) könne man mit sanftem Druck begegnen. Und wer nicht an den Sprachkursen teilnimmt, erhalte einen „blauen Brief“, in dem er vor weiteren Konsequenzen, etwa hinsichtlich seiner Bleibeperspektive, gewarnt werde.

Vom Aufwand, den die Gemeinde durch die Auszahlung der monatlichen Geldleistungen sowie der Krankenscheine für Arztbesuche hat, berichtete Monika Lürick von der Sozialverwaltung. So seien im gesamten vierten Quartal 2015 244 Krankenscheine ausgegeben worden, mit denen Asylbewerber einen Arzt aufsuchen können; bereits an den ersten drei Tagen des neuen Jahres seien es 103 gewesen. Wenn man bedenke, dass ein Vorgang mindestens zehn Minuten Bearbeitungszeit erfordere, könne man sich den Gesamtaufwand ausrechnen, so Lürick.

Bei der Gelegenheit erwähnte Bürgermeisterin Renate Offergeld mit hörbarem Bedauern, dass über die Einführung einer Gesundheitskarte für Asylbewerber auf Kreisebene bislang noch keine Entscheidung gefallen sei.

Die Gesamtzahl der Asylbewerber in Wachtberg liege derzeit bei 410, so Offergeld. Etwa die Hälfte von ihnen lebt in einer der sechs Gemeinschaftsunterkünften; der Rest ist dezentral in Wohnungen untergebracht.

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