Singen gegen Pandemiefrust Die Rheinstimmen ziehen zum Rüngsdorfer Kulturbad um

Rüngsdorf · Die Rheinstimmen singen seit Beginn der Pandemie regelmäßig in der Rheinstraße. Der Sängerkreis will den Menschen damit Mut machen. Einmal sang sogar das Ordnungsamt mit. Nun ziehen die Sänger zum Rüngsdorfer Kulturbad um.

 Vor dem Haus Nummer 46 versammeln sich seit März 2020 Menschen im pandemiegerechten Abstand zum Singen.

Vor dem Haus Nummer 46 versammeln sich seit März 2020 Menschen im pandemiegerechten Abstand zum Singen.

Foto: Petra Reuter

Kurz vor 19 Uhr sammeln sich die ersten Menschen in der Rheinstraße vor dem Haus mit der Nummer 46. Einige haben Gebäck mitgebracht, alle halten ein kleines Liederbuch in der Hand oder ziehen es später aus der Tasche. Die Rheinstimmen singen hier seit dem Beginn der Pandemie – aufgestellt entlang der Straße mit reichlich Abstand. Am vergangenen Sonntag zogen sie um und singen von nun an zweimal in der Woche im Rüngsdorfer Kulturbad.

Zusammen mit ihrem Mann Götz initiierte Stimmtrainerin Christiane Toepffer-Huttel, angelehnt an die italienische Idee zum Dank an die Helfer und gegen Frust und Angst, im März 2020 das gemeinsame Singen. Zu den ersten acht Nachbarn, deren Stimmen von Balkonen und Garagendächern schallten, kamen schnell weitere aus dem Quartier. Manche brachten Musikinstrumente mit, mit Alexander Merk gesellte sich ein Pianist dazu. „Für viele war das der einzige Kontakt, den sie hatten“, sagte Dorothee Rüter-Koehler. Trotz der strengen Vorgaben kam ein Gemeinschaftsgefühl auf, bestätigte Edeltraud Jagusch. Sie war dem Sängerkreis seit April 2020 treu. Karin Blume hatte gerade an den Feiertagen das Miteinander in der Kirche gefehlt: „Das Berührendste war der Heilige Abend“, fand sie. Die meisten Kirchen waren geschlossen, doch in der Rheinstraße traf man sich mit Kerzen zu einer kleinen Andacht und Fürbitten.

„Wir haben versucht, zu den Festen immer etwas Besonderes zu machen“, sagte Toepffer-Huttel. Mal brachte jemand passend zum Lied „Mein kleiner, grüner Kaktus“ ein stacheliges Gewächs mit, mal Gebäck oder Getränke. „Manchmal bleiben auch Spaziergänger oder Radfahrer einfach stehen und singen mit“, berichtete die Initiatorin. Einmal habe ein Paar aus Offenbach einfach den Motor ihres Autos abgestellt und bis zum Ende mitgesungen, sagte sie. Ein andermal gesellte sich sogar das Ordnungsamt singend dazu.

Die Lieder entstammen meist dem Buch Stimmband XL, einer Liedermischung in der Art der früher bekannten Mundorgel, so Rüter-Koehler. Auch englische, französische, italienische und spanische Lieder schallten durch die Rheinstraße. Den Schlusspunkt der halbstündigen Treffen bildet von Anfang an die Ode an die Freude, sagte Toepffer-Huttel. Als die für das Rüngsdorfer Kulturbad aktive Anna Baumgart von der Aktion erfuhr, lud sie die Sänger ein, das Projekt Kulturbad mitzugestalten.

Wie bisher in der Rheinstraße sollen sich auch am Kulturbad zukünftig alle Menschen angesprochen fühlen und mitsingen dürfen, sagte die Stimmtrainerin und ergänzte die positiven Effekte des gemeinsamen Singens: „Es ist gesund, es stärkt Bronchien, Lunge und Seele.“ Von nun an erklingen die Rheinstimmen am Rüngsdorfer Kulturbad jeden Donnerstag und Sonntag ab 19 Uhr. Angesichts der Geschehnisse im nahen Vorgebirge und in der Eifel sammelten die Sänger bei ihrer Auftaktveranstaltung Spenden für die Flutopfer.

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