Leerstehende Botschaftsgebäude Diplomatische Hinterlassenschaft

BAD GODESBERG · Das diplomatische Erbe Godesbergs bröckelt. Oder aber, es gibt gar nichts mehr, was bröckeln kann: An der ein oder anderen Stelle, so wie auf den ehemaligen Grundstücken der Botschaften der Türkei in Mehlem (Utestraße) und Bulgariens in Plittersdorf (Auf der Hostert), wird fleißig gebaut, es entsteht neuer Wohnraum. Wann die nächste Ex-Botschaft den Baggern zum Opfer fällt, ist zurzeit ungewiss.

 Wild wuchern Pflanzen seit vielen Jahren an der ehemaligen Vertretung von Nepal in Mehlem.

Wild wuchern Pflanzen seit vielen Jahren an der ehemaligen Vertretung von Nepal in Mehlem.

Foto: Michael Wenzel
  • Ungarn und Südafrika: Mögliche Abrisskandidaten sind die ehemaligen Vertretungen von Ungarn (Turmstraße 30-34) und Südafrika (Auf der Hostert), beide nicht weit voneinander entfernt in Plittersdorf. Verschiedene politisch-strategische Überlegungen blockieren hier aber noch einen Verkauf beziehungsweise eine Umnutzung. Positiv fällt dabei auf, dass insbesondere Südafrika sich vorbildlich um seine Immobilien kümmert.
  • Offiziell hüllen sich die Diplomaten Ungarns und Südafrikas in Berlin in Schweigen. Dort ist man naturgemäß abhängig vom jeweiligen Heimatland und den dortigen Regierungen: Wenn in Budapest oder Pretoria mal ein Minister oder gar die Regierung wechseln, kann man sich in Godesberg auf längere Wartezeiten einstellen. Fakt ist: Beide Gebäude - im Falle Südafrikas auch noch die Residenz in der Rüdigerstraße 20 - befinden sich bis heute im Eigentum dieser Länder.
  • Nepal und Indonesien: Sehr zum Leidwesen der Anwohner gammeln die ehemaligen Vertretungen Nepals in Mehlem, Im Hag 15, sowie gleich um die Ecke, die frühere Residenz von Indonesien, Im Hag 24, vor sich hin. Ansprechpartner in der Botschaft Indonesiens beziehungsweise des nepalesischen Generalkonsulats in Köln konnten nicht mit Informationen dienen. Auch die frühere Botschaft des asiatischen Inselstaats in der Friesdorfer Bernkasteler Straße 2 ist seit 15 Jahren verwaist.
  • Iran: Ebenfalls zwei Gebäude im Stadtbezirk besitzt noch der Iran. Neben der bekannten, da orientalisch bemalten Ex-Botschaft an der Godesberger Allee 133 besitzt der Iran noch ein Schmuckstück in Muffendorf - die frühere Botschaftsresidenz, Elfstraße 40, mit herrlichem Blick auf das Rheintal.
  • Saudi-Arabien: Immer weiter verfällt die ehemalige Botschaft Saudi-Arabiens an der Godesberger Allee 40-42. Die Bauvoranfrage eines Bonner Geschäftsmannes, der das Haus im Sommer 2008 gekauft hatte, hatte die Stadt Bonn aus planungsrechtlichen Gründen abgelehnt.
  • Syrien: Eine Lösung für die Ex-Botschaft Syriens, Andreas-Hermes-Straße 5, ist ebenfalls noch nicht zu erkennen. Der Prachtbau in der Rheinaue, Baujahr 1990, wird gelegentlich noch von der Deutsch-Syrischen Gesellschaft genutzt. Die Kriegssituation in Syrien blockiert zurzeit alle weiteren Überlegungen.
  • China: Kräftig ausgemistet und saniert wird seit geraumer Zeit in der früheren Botschaft der Volksrepublik China an der Rigal'schen Wiese. Nach Informationen der Stadt wollen die Chinesen das 1984 als Botschaftsgebäude eingeweihte Anwesen rund um das Palais von Rigal künftig als Gästehaus für chinesische Diplomaten und Botschaftsangehörige nutzen, die in Europa tätig sind. Außerdem will man künftig die Ex-Botschaft für Kulturveranstaltungen öffnen.
  • Algerien: Das nordafrikanische Land hatte seine ehemalige Botschaft im Villenviertel, Rheinallee 32-34, vor Jahren in ein Generalkonsulat umgewandelt. Dieses wurde zu Beginn des Jahres nach Frankfurt verlegt, seitdem steht das Haus leer.
  • Ex-Jugoslawien, Somalia, Irak, Nigeria: Die Botschaften der jeweiligen Länder in Berlin sind bei der Auskunftserteilung in baulichen Fragen äußerst einsilbig, wie der GA erlebte. Besonders schwierig gestaltet es sich bei Staaten wie Jugoslawien, das nicht mehr wie vor 1990 existiert, oder bei zerfallenden Staaten, Beispiel Somalia.
  • So werden die Ex-Botschaften des einstigen Vielvölkerstaates auf dem Balkan, Schlossallee 5, und das Gründerzeithaus des ostafrikanischen Staates im Villenviertel, Hohenzollernstraße 12, wohl noch eine Weile leerstehen. Stillstand ist auch noch für zwei weitere Ex-Residenzen zu vermelden: die ehemaligen Residenzen des Iraks, Annaberger Straße 289, und Nigerias, Vulkanstraße 69.

16 ungewisse Fälle

Im Stadtbezirk Bad Godesberg stehen 15 Jahre nach dem Wegzug des Bundestages und der meisten Botschaften noch 13 ehemalige Botschaften leer. Da im Falle Irans, Südafrikas und Indonesiens jeweils die ehemalige Botschaft und die frühere Residenz leer stehen, kommen diese Immobilien noch hinzu. Mit den Sonderfällen China, Syrien und Algerien sind es insgesamt 16 Gebäude, deren Zukunft ungewiss beziehungsweise nicht offiziell geklärt ist.

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