Blutspende-Verbot für homosexuelle Männer Godesberger Ehepaar beklagt Diskriminierung beim Blutspenden

Bad Godesberg · Mit ihrem Theater Palast stehen Knut Vanmarcke und Dirk Vossberg-Vanmarcke für gute Laune und Sorgenlosigkeit. Das Godesberger Ehepaar ärgert sich jedoch maßlos darüber, dass homosexuelle Männer aktuell noch immer ausgeschlossen sind von der Blutspende.

 Knut Vanmarcke (l.) und Dirk Vossberg-Vanmarcke haben sich T-Shirts anfertigen lassen, da sie das Blutspende-Verbot für homosexuelle Männer diskriminierend finden.

Knut Vanmarcke (l.) und Dirk Vossberg-Vanmarcke haben sich T-Shirts anfertigen lassen, da sie das Blutspende-Verbot für homosexuelle Männer diskriminierend finden.

Foto: Barbara Frommann

Wenn die „Malentes“ und ihre Künstler die Bühne betreten, geht es um Spaß, Frohsinn, die guten alten Zeiten. Doch ihre Show „Divas“ garnierten die Theater-Palast-Direktoren Knut Vanmarcke und Dirk Vossberg-Vanmarcke kürzlich in Teilen mit Gesellschaftskritik. Das Ehepaar sprach unter anderem in einer Nummer an, dass homosexuelle Männer kein Blut spenden dürfen. „Wir haben festgestellt, dass es anschließend das Gesprächsthema an den Tischen war“, sagt der Godesberger Knut Vanmarcke im GA-Gespräch. Viele Besucher hätten gar nicht gewusst, dass in Deutschland Schwule nur Blut abgeben können, wenn sie zwölf Monate lang keinen Geschlechtsverkehr hatten.

Im Juni, pünktlich zum Weltblutspendetag, transportierte der 46-Jährige seine Verärgerung schließlich über Facebook. „Zu schwul zum Blutspenden?“, lautete seine Suggestivfrage. Die aber für die homosexuellen Männer einen ernsten Hintergrund hat. „Das Thema interessiert erst mal keinen, den es nicht persönlich betrifft, aber es handelt sich trotzdem um eine Diskriminierung“, so der 52-jährige Vossberg-Vanmarcke. Das zu benennen, hätten beide wichtig gefunden. Seit 15 Jahren besitzt er einen Organspendeausweis. „An meinen Organen klebt ja auch mein Blut dran, was aber anscheinend nicht schlimm ist“, wundert sich der Mitbetreiber von Malentes Theater Palast am Hochkreuz.

Doch seit Juli ist auf nationaler Ebene Bewegung in die Angelegenheit gekommen. Denn eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Bundesministeriums für Gesundheit, des Paul-Ehrlich-Institutes, des Robert Koch-Institutes, des Arbeitskreises Blut und eines Beirats der Bundesärztekammer hat sich mit den Regelungen für die Spenderauswahl befasst. Seit der Aids-Krise in den 1980er Jahren war es Männern, die Sex mit Männern haben, zunächst verboten, Blut zu spenden.

Gremium macht Vorschlag für eine Änderung im Transfusionsgesetz

Seit 2017 dürfen schwule, bisexuelle und transsexuelle Männer dies zwar wieder, aber nur nach einer Wartefrist von zwölf Monaten seit dem letzten Sexualverkehr. Das Verbot wurde bislang stets damit begründet, dass das Sexualverhalten der genannten Personen „ein Risiko für den Empfänger von Blutprodukten“ mit sich bringen könne. Also eben Krankheiten wie Hepatitis und Aids leichter übertragen werden könnten.

Wie der Stabsbereich Politik und Kommunikation der Bundesärztekammer auf Anfrage mitteilt, will die Arbeitsgruppe trotz sensitiver und spezifischer Testverfahren Personen mit sexuellem Risikoverhalten zwar weiterhin nicht zur Blutspende zulassen, „um die hohe Sicherheit der Empfängerinnen und Empfänger in Deutschland zu gewährleisten“. Aber die Experten stellten auch fest: Bei Sexualverkehr ausschließlich innerhalb einer auf Dauer angelegten Paarbeziehung von nicht infizierten Partnern könne per se von keinem erhöhten Risiko für durch Blut übertragbare Infektionskrankheiten ausgegangen werden. 

Da nach spätestens vier Monaten Infektionen mit dem Hepatitis-Virus oder HIV sicher ausgeschlossen werden könnten, hat das Gremium einen Vorschlag für eine Änderung im Transfusionsgesetz gemacht. Danach sollen „Personen, die seit mindestens vier Monaten ausschließlich in einer derartigen Partnerschaft sexuell aktiv sind“, Blut spenden dürfen. Mit „derartige Partnerschaft“ sind Paare gemeint, gleich welchen Geschlechts, die „Sexualverkehr ausschließlich innerhalb einer auf Dauer“ angelegten Beziehung haben. Also soll für alle Spender, unabhängig von Geschlecht und sexueller Orientierung gelten, das Blutspenden nach vier Monaten „risikolosem Sexualverkehr“, also ohne wechselnde Partner, möglich sein wird. Das letzte Wort zu den Hämotherapie-Richtlinien (Gewinnung von Blut und Blutbestandteilen und Anwendung von Blutprodukten) hat der Vorstand der Bundesärztekammer Mitte September.

Wie sehen diejenigen die mögliche Änderung, die täglich damit zu tun haben? Stephan David Küpper ist Pressesprecher des DRK-Blutspendedienstes West, der seinen Sitz in Ratingen hat. „Wir begrüßen die angedachte Neuregelung, denn es wird einer größeren Gruppe die Möglichkeit gegeben, zu spenden“, sagt Küpper. Die Patienten müssten aber weiterhin von einer sicheren Spende ausgehen können. 67 Prozent der HIV-Neuinfektionen gingen laut Studien zurück auf schwule Männer. „Die Sicherheitsstufe in der Anamnese hat also nichts mit homophobem Verhalten zu tun“, meint der Pressesprecher. Und er betont, dass die intimen Fragen vor dem Aderlass auch für Prostituierte und Heteromänner mit häufig wechselnden Partnerinnen Kickout-Kriterien seien.

Bei Risikogruppen geht es auch um Ehrlichkeit

Das Grundproblem für Küpper bleibt: „Wir sind auf die Ehrlichkeit der Menschen angewiesen.“ Getestet werde jede Blutprobe auf die gleichen Krankheitserreger, dazu zähle auch Syphillis. Er kann erklären, warum die Neufassung der Richtlinie nicht die bundespolitischen Gremien passieren muss. „Das Blutspendewesen ist nach dem Subsidiaritätsprinzip ausgelagert, damit zum Beispiel kein Wahlkampf damit gemacht werden kann“, so der Pressesprecher.

Für das Bundesgesundheitsministerium ist es „von hoher Wichtigkeit, dass verhaltensbezogene Ausschlüsse und Rückstellungen von Personengruppen von der Blut- und Plasmaspende auf Grundlage von aktuellen wissenschaftlich-epidemiologischen Daten und Erkenntnissen erfolgen und so ein wissenschaftlich basierter und diskriminierungsfreier Umgang bei der Spenderauswahl sichergestellt ist“. Das teilten die Berliner auf Anfrage mit. Das notwendige Überprüfungsverfahren sei nun bei der Bundesärztekammer auf Grundlage des Beratungsergebnisses der Arbeitsgruppe eingeleitet worden.   

Würden „die Malentes“ denn ihr Blut geben, wenn sie dürften? „Ich möchte zumindest das Recht haben, es tun zu können“, betont Vossberg-Vanmarcke. Wenn durch eine Katastrophe auf einmal größere Mengen benötigt würden, sei man auf jeden Fall dabei, so die beiden Godesberger.

Das Queere Netzwerk NRW ließ Anfragen leider unbeantwortet. Der Experte der Aids-Hilfe Bonn war aus gesundheitlichen Gründen nicht greifbar.

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