Hausbesetzung Ehemalige Iranische Botschaft in Bonn weiterhin besetzt
BAD GODESBERG · Seit Donnerstag haben Demonstranten die ehemaligen Iranischen Botschaft in Bonn besetzt. Das Wochenende verlief ohne Zwischenfälle.
Auch am Wochenende haben die Hausbesetzer aus der linken Szene in der ehemaligen Iranischen Botschaft an der Godesberger Allee ausgeharrt. Laut Polizei habe es keine Zwischenfälle gegeben. Die Beamten seien nach der letzten Kundgebung am Freitag abgerückt. Stattdessen hätten Streifenwagenbesatzungen das Gebäude regelmäßig bei ihren Patrouillenfahrten kontrolliert. Ein Entscheidung der Islamischen Republik Iran, ob das Gebäude geräumt werden soll, stehe noch aus.
Seit Donnerstagnachmittag haben Aktivisten der neu gegründeten "Agentur gegen Arbeit" das seit 19 Jahren leer stehende Haus besetzt. Dort wollen sie nach eigenen Angaben ein Kulturzentrum etablieren. Mit Demonstrationen wollten sie zudem auf die politischen Verhältnisse im Iran aufmerksam machen.
Ehemalige Botschaft ist seit Donnerstag besetzt
Die ehemalige Iranische Botschaft an der B9 in Bonn ist seit vergangener Woche von Aktivisten besetzt. Seit Donnerstagnachmittag befinden sich mindestens drei Personen im Gebäude, die sich nach eigener Aussage mit der Frauenbewegung und politischen Gefangenen im Iran solidarisieren. Zugleich wollen sie auf die Wohnungsnot in Bonn aufmerksam machen. Polizeisprecher Robert Scholten sprach von einem „friedlichen und kooperativen“ Verhalten sowohl der Hausbesetzer als auch der Demonstranten vor den Gebäude.
Seit Donnerstagnachmittag ist die Botaschaft besetzt. An den Fenstern rollten die Aktivisten Plakate und Porträts aus, die politische Gefangene im Iran zeigten. Zeitgleich lief eine bei der Polizei angemeldete Kundgebung mit etwa 50 Teilnehmern vor dem Gebäude. Diese Demo wurde am Donnerstagabend noch beendet. Auch 50 zuvor hinzugezogene Einsatzkräfte der Bereitschaftspolizei sind in der Nacht zu Freitag abgerückt. Der Einsatz sorgte zeitweise für Verkehrsbehinderungen, da Polizeifahrzeuge auf der B 9 standen.
Auch am Freitag wurde kurzfristig eine Versammlung angemeldet. Mit allerdings wesentlich weniger Teilnehmern: Rund 30 Demonstranten harrten vor dem ehemaligen Botschaftsgebäude aus. Etwa zehn Beamte begleiteten die erneute Kundgebung.
Die Iranische Republik, der das Gebäude gehört, hatte sich noch nicht zum weiteren Vorgehen geäußert. Sie müsste entscheiden, ob die Polizei das Haus räumen soll oder nicht. In den Konsulaten in Berlin, Hamburg, München und Frankfurt war am Freitag niemand für ein Gespräch zu erreichen.
Ordnungsamt bereits am Mittwoch vor Ort
Schon am Mittwoch war das städtische Ordnungsamt vor Ort. Passanten hatten gemeldet, dass sich Fassadenteile gelöst hätten. Tatsächlich lag eine weiße, verzierte und zwei Meter lange Plastikverkleidung auf dem Boden. An einer anderen Stelle hatte sich eine Platte in etwa drei Metern Höhe gelöst. Daraufhin sperrte das Ordnungsamt aus Sicherheitsgründen den davorliegenden Bürgersteig ab – was die Gruppe allerdings nicht am Demonstrieren hinderte. Sie versuchten sogar, aus dem am Boden liegenden Fassadenteil einen Unterstand zu bauen, was jedoch von Polizisten verhindert wurde.
Am Freitagnachmittag wurde die Sperrung dann wieder aufgehoben. „Unsere Mitarbeiter haben das Gebäude begutachtet und sind zu dem Schluss gekommen, das von der Fassade keine Gefahr für Fußgänger und den Verkehr ausgeht“, so das Presseamt. Das besagte Fassadenteil sei, wie auf alten Fotos zu erkennen sei, schon vor einiger Zeit herabgefallen.
Teilnehmer wollen auch auf Wohnungsnot aufmerksam machen
Behörden und Besetzer befinden sich nun in einer Patt-Situation. „Wir sehen momentan keinen Anlass, das Gebäude zu räumen“, sagte Scholten. Da es nicht mehr exterritoriales Gelände, sondern ein leer stehendes Haus im Besitz der Republik Iran ist, genießt es keinen besonderen Schutzstatus. Dennoch würden laut Scholten Personalien der Hausbesetzer aufgenommen, sobald das möglich sei. Werde ein Strafantrag vom Eigentümer gestellt, können auf die Personen Anzeigen wegen Hausfriedensbruchs, Verstößen gegen das Vermummungsverbot und eventueller Sachbeschädigung zukommen. Denn Zutritt hatten sich die Besetzer durch ein Fenster verschafft.
Ihre Motivation: Als „Agentur gegen Arbeit“ wolle man in der ehemaligen Botschaft ein „Institut für Anarchismusforschung“ etablieren. „Das besetzte Haus soll ab sofort als politisches und soziales Zentrum dienen. Hier soll ein Raum für politische Bildung und Kulturveranstaltungen entstehen“, heißt es in einer Stellungnahme. Bis das erreicht sei, wolle man im Gebäude bleiben. Weiter: „Wir sind darüber hinaus ein Zusammenschluss verschiedener Menschen, die sich mit dem Thema Recht auf Stadtentwicklung von unten auseinandersetzen.“ Man befürworte die Initiativen „Viva Viktoria“ im Viktoria Viertel sowie „Kurfürstenbad bleibt“ und „Frankenbad bleibt“ in Bezug auf das geplante Zentralbad. Allerdings waren bei der Kundgebung auch staatsfeindliche Parolen zu hören. Die letzten derartigen politischen Hausbesetzungen gab es in Bonn in den späten 1980er Jahren. Im Sommer 2017 waren leer stehende Gebäude im Viktoria-Viertel besetzt worden.
"Keine Gefahr"
Bei den Demonstrationen am Donnerstag waren nach Einschätzungen der Polizei auch Anhänger des Schwarzen Blocks, von denen Gewalt hätte ausgehen können. Unter dem Schwarzen Block versteht man Teilnehmer an Protesten, die gemeinschaftlich in dunkler Kleidung, teilweise vermummt auftreten. Bis auf die Besetzung des Hauses sei die Demonstration allerdings friedlich verlaufen, resümierten Beamte am Donnerstagabend vor Ort.